| # taz.de -- Die Wahrheit: Glasfaserkabel am Regenbogenende | |
| > Nach einer Stunde schien alles unter Dach und Fach. Doch dann tauchten | |
| > hintereinander zwei riesige Lieferwagen auf der Straße auf… | |
| Fanore, unser Dorf an der irischen Westküste, steht kurz vor dem Sprung ins | |
| 21. Jahrhundert. Vielleicht. Die Telefongesellschaft Eir hat vor Monaten | |
| die Küstenstraße aufgerissen, um ein Glasfaserkabel für flottes Internet zu | |
| verlegen. Weil der Ort zehn Kilometer lang ist, dauerte das eine Weile. | |
| In der Hoffnung auf ein preiswertes Paket für Festnetz und Internet wollte | |
| ich zu Eir wechseln, denn mein Anbieter Pure bietet keine Pakete an. Bei | |
| Eir, die früher Telecom Éireann und danach Eircom hieß, war ich schon mal. | |
| Der Wechsel zu Pure verlief vor zwei Jahren geräuschlos, ich behielt die | |
| Nummer, lediglich der Rechnungsabsender änderte sich. Der Wechsel zurück zu | |
| Eir war nicht so einfach. | |
| Eir ist, wie die meisten Unternehmen, telefonisch nicht erreichbar, wenn | |
| man nicht eine Dreiviertelstunde in der Warteschleife hängen und ständig | |
| auf Zahlen drücken will. Dafür gibt es den „Live Chat“. Aber die | |
| Kommunikation ist zäh. Offenbar muss der Mitarbeiter mit indischem Namen | |
| meine Beiträge erst auf Sanskrit übersetzen. Hierbei ging wohl mein Wunsch | |
| nach Übernahme der alten Rufnummer verloren. Aber das merkte ich erst | |
| später. | |
| Nach einer Stunde schien alles unter Dach und Fach. Ich musste noch | |
| ausdrücklich bestätigen, dass ich wirklich zu Eir wechseln wollte. Sonst | |
| glauben sie nämlich nicht, dass jemand freiwillig Kunde bei der teuersten | |
| Telefongesellschaft der Welt werden möchte. Dann bekam ich eine | |
| Textnachricht: Ein Techniker werde mich am nächsten Tag aufsuchen, um die | |
| Umstellung vorzunehmen. | |
| Ein Irrtum, nahm ich an, denn die Umstellung würde ja in der Zentrale | |
| vorgenommen. O nein, erklärte der Techniker, der am nächsten Morgen in | |
| einem riesigen Lieferwagen anrückte. Er müsse prüfen, ob die Leitung in | |
| Ordnung sei, nuschelte er. Vor ein paar Minuten habe sie noch funktioniert, | |
| entgegnete ich. Er müsse trotzdem ein neues Kabel ziehen, behauptete er. | |
| Aber alleine dürfe er nicht auf den Mast klettern. | |
| Eine halbe Stunde später tauchte ein zweiter Techniker in einem ebenso | |
| großen Lieferwagen auf. Der Kollege sprach deutlicher und war | |
| auskunftsfreudiger. Die neue Leitung sei zwar unnötig, erklärte er, aber | |
| Eir wolle es nun mal so. Das neue Glasfaserkabel müsse auf demselben Weg | |
| gelegt werden. Warum sie das nicht gleich machten, wenn sie ohnehin auf den | |
| Mast krabbeln, fragte ich. Dafür habe man keinen Auftrag. | |
| Als sie fertig waren, hatte ich einen neuen Anschlusskasten an der Wand. | |
| Wenn die alte Leitung tot sei, solle ich das Kabel einfach umstecken, riet | |
| man mir. Das geschah aber nicht, und seitdem bekomme ich zwei Rechnungen – | |
| eine von Pure, die andere von Eir. | |
| Und das Internet? Das Glasfaserkabel ist bisher nirgendwo angeschlossen. | |
| Vermutlich ist der unterirdische Glasfaserschatz ebenso eine Illusion wie | |
| der Goldschatz am Ende des Regenbogens. | |
| 8 Jul 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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