# taz.de -- Klimaziele beim EU-Gipfel: Hui für 2050, Pfui für 2030 | |
> Je weiter weg, desto besser: Gute Chancen für Einigung zur | |
> „klimaneutralen“ EU beim Brüsseler Gipfel. Aber schlechte Noten für | |
> aktuelle Politik. | |
Bild: Alles bereit: Brüssel, Gebäude, Autos – fehlt nur noch ernsthafte Kli… | |
Die Europäische Union steht kurz davor, ein historisches Klimaziel zu | |
verkünden: Beim EU-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel beginnt, zeichnet | |
sich bei den Staats- und Regierungschef offenbar eine Mehrheit für einen | |
Beschluss ab, der Europa zur „Klimaneutralität“ bis 2050 verpflichtet. | |
Gleichzeitig stellt die EU ihren Mitgliedern aber ein schlechtes Zeugnis | |
aus, was die mittelfristige Verwirklichung der eigenen Klimaziele angeht: | |
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz sei die EU | |
nicht auf Kurs, so ein aktueller Bericht. Und viele der 28 Staaten seien | |
weit entfernt von ihren Zielen zur CO2-Minderung. | |
Wenn die Länderchefs in Brüssel zusammentreffen, stehen nicht nur | |
Personalfragen an, wie etwa der neue Chef des EU-Parlaments und die neue | |
Kommission besetzt werden soll. Die Staaten wollen auch beschließen, dass | |
die EU als Einheit bis 2050 netto keine Treibhausgase mehr in die Luft | |
bläst – alles, was noch emittiert wird, muss durch andere Wege wie | |
Aufforstung ausgeglichen werden. | |
## Gute Chancen: Bremser wie Deutschland lenken ein | |
Deutschland hat seinen monatelangen Widerstand gegen eine solche | |
Formulierung inzwischen aufgegeben. Auch widerspenstige Länder wie | |
Bulgarien, Ungarn und die Slowakei seien inzwischen auf dieses Ziel der | |
„CO2-Neutralität“ eingeschwenkt, hieß es gestern vom Umweltverband WWF. | |
Zusammen mit den Ökoverbänden BUND und Nabu forderte der WWF am Dienstag, | |
dass in der nächsten Kommission Umwelt- und Klimaschutz Priorität haben | |
sollen: Nachhaltigkeit solle Sache des Kommissionschefs sein, insgesamt | |
acht KommissarInnen sollten sich um Klima, eine ökologische Landwirtschaft | |
oder nachhaltige Mobilität kümmern. Auch die „strategische Agenda“ der | |
neuen Kommission, die jetzt entschieden werde, sei „für die nächsten fünf | |
Jahre entscheidend“, so Konstantin Kreiser vom Nabu. Europa müsse seine | |
Regeln besser durchsetzen und mindestens 40 Prozent seines Budgets für | |
Umwelt und Klima investieren, hieß es – bisher sind dafür nur 25 Prozent | |
vorgesehen. | |
Nachdem die Europawahl im Zeichen von Klimaschutz und Umwelt gestanden | |
habe, müssten die Regierungschef reagieren: „Es kommt nun darauf an, dass | |
Bundeskanzlerin Merkel aktiv für diesen neuen Kurs kämpft“, forderte | |
Michael Schäfer vom WWF. Außerdem müsse die EU ihr Klimaziel für 2030 – | |
bisher „mindestens minus 40 Prozent gegenüber 1990“ – auf minus 55 oder | |
minus 65 Prozent verschärfen, damit Europa international wieder eine | |
Führungsrolle übernehmen könne. | |
So richtige Vorbilder sind aber auch die Europäer nicht, hat die | |
EU-Kommission gerade klargestellt. In einer umfangreichen Bewertung der | |
„Energie- und Klimapläne“, die die 28 EU-Staaten eingereicht haben, rügt | |
die Kommission, dass die EU mit den bisherigen Anstrengungen einige ihrer | |
Ziele für 2030 verfehle: So lande Europa bei den jetzigen Planungen nicht | |
bei 32 Prozent mehr Öko-Energien, sondern zwischen 30,4 und 31,9 Prozent. | |
Die Energieeffizienz steige nicht um 32,5 Prozent, sondern nur um 26,2 bis | |
30,7 Prozent. | |
Das EU-weite Klimaziel von minus 40 Prozent werde mit etwa 45 Prozent zwar | |
übererfüllt, aber große Verschmutzer wie Deutschland seien bei ihren | |
ehrgeizigeren Zielen weit entfernt von einer Realisierung. Und auch für die | |
ganze EU klaffe im Bereich Verkehr, Gebäude und in der Forstwirtschaft eine | |
Lücke von zwei Prozentpunkten. „Die Mitgliedstaaten müssen zusätzliche | |
Maßnahmen ausweisen“, mahnte die Kommission in ihrer Mitteilung. | |
20 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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