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# taz.de -- Staus auf Urlaubsrouten in Österreich: Schleichwege nur Anliegern …
> Navis leiten Urlauber auf Schleichwege, die früher nur Einheimische
> kannten. Nun zwingt die Polizei Autofahrer zur Umkehr. Bayern klagt
> dagegen.
Bild: Tirolverbot: Weil die Brennerautobahn voll ist, weichen viele Urlauber aus
Wien taz | Wer in diesen Tagen mit dem Auto gen Südeuropa fahren will,
sollte seine Urlaubsfahrten auf der Straße gut planen. Allein vergangenes
Wochenende wurden in Tirol über Tausend Fahrzeuge auf die Autobahn
zurückgeleitet. Das meldete die Polizei nach einer ersten Bilanz der neuen
Entlastungsmaßnahmen für die Dörfer im Inntal. Oberst Günther Salzmann von
der Landesverkehrsabteilung der Polizei Tirol teilte mit, allein an der
Ausfahrt Nösslach in Richtung Norden seien am Samstag innerhalb von vier
Stunden 350 Fahrzeuge in den Stau auf der Autobahn zurückgeschickt worden.
Nur wer in der Region lebt oder glaubhaft machen konnte, ein Ziel in Tirol
anzusteuern, durfte weiterfahren.
Anlass für die von der schwarz-grünen Landesregierung angeordnete
Zwangsmaßnahme sind Navis, die in Echtzeit auf Staus reagieren und
Autofahrern Ausweichstrecken empfehlen. Die Folge: Auch in Alpendörfer wie
Axams, Götzens oder Mutters staute sich der Verkehr. Besonders betroffen
sind in diesen Tagen Ausfahrten der Inntalautobahn (A12) und der
Brennerautobahn (A13). Die Verbote gelten vorerst an Wochenenden sowie an
Feiertagen bis zum Ende der Feriensaison am 14. September.
Der von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Bundesverkehrsminister
Andreas Scheuer (beide CSU) angedrohten Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof wegen Beschränkung des Güterverkehrs sieht Tirols
Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) mit Gelassenheit entgegen. Auch sein
Salzburger Kollege Wilfried Haslauer (ÖVP) findet das Experiment gut und
hat ähnliche Fahrverbote entlang der Tauernautobahn (A10) angekündigt.
Eine neu gebildete Einsatzzentrale soll flexibel temporäre Sperren
verhängen können, sobald sich auf Landstraßen größere Staus bilden.
Platter holte sich Rückendeckung aus Brüssel, wo er den scheidenden
Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker traf, der seine Urlaube gern in
Tirol verbringt und das Problem des Alpentransits aus eigener Anschauung
kennt. Juncker habe Tirol und Bayern aufgefordert, „nachbarschaftlich
zusammenarbeiten“, berichtete Platter nach dem Treffen. Der Landeshauptmann
betonte zugleich: „Meine Position ist unverrückbar: Wir müssen diese
Fahrverbote beibehalten, damit diese Ortsdurchfahrten nicht vom Verkehr
komplett gesperrt sind.“
Jährlich donnern 11,5 Millionen Pkws über Inntal- und Brennerautobahn. „Das
steigt immer weiter“, beklagt auch Tirols Wirtschaftskammer-Präsident
Christoph Walser. Ohne Mengenbeschränkungen werde es bald nicht mehr gehen.
Platter schwebt perspektivisch eine Korridormaut für die Strecke
München–Tirol–Verona vor, die vor allem Lkws auf die Schiene umlenken soll.
Der Leiter des Transitforums Austria-Tirol, Fritz Gurgiser, denkt noch
einen Schritt radikaler und fordert „mutige, intelligente, nachhaltige
Eingriffe in die Navi-Heuschreckenmentalität“ der durchreisenden Urlauber.
„Wir müssen in Tirol mit der Natur Maß halten, damit wir nicht auf einen
Verlust der Seele des Landes zusteuern“, warnte er. „Wenn wir die Natur
verachten, sägen wir unseren eigenen Ast ab.“ Er fordert ein
vollautomatisiertes Verkehrs-Dosiersystem – sowohl an den Grenzen als auch
inneralpin.
Der deutschen Klage gibt auch der Europarechtswissenschaftler Walter
Obwexer von der Universität Innsbruck nur geringe Chancen. Er argumentiert:
Die Maßnahme sei verhältnismäßig, da sie nur an den Wochenenden im Sommer
greife. Und Tirol handle ja „nicht willkürlich“, so Obwexer. Die
Verkehrsbelastung in den Dörfern sei durch Daten belegt. Die von den
Fahrverboten betroffenen Straßen zu einzelnen Ortschaften seien nie für den
Ausweichverkehr ausgelegt worden.
27 Jun 2019
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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Deutsche Bahn
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