# taz.de -- Kommentar Freilassung von Golunow: Herrenzittern in Moskau | |
> Nach sechs Tagen kommt der Enthüllungsjournalist Golunow frei. Der Kreml | |
> zog die Reißleine, denn es drohte wirtschaftlicher Schaden. | |
Bild: Nach seiner Freilassung: der Journalist Iwan Golunow am Dienstag in Moskau | |
Nach sechs Tagen Polizeigewahrsam und Hausarrest endete die Tortur mit | |
Freilassung. Rippenbruch und Gehirnerschütterung inklusive. Als | |
Enthüllungsjournalist Iwan Golunow am Dienstag die elektronischen | |
Fußfesseln ablegen konnte, war dies [1][der Sieg einer Solidaritätsaktion] | |
von Journalisten, sozialen Medien und Zivilgesellschaft. | |
Von vornherein stand fest, dass die Anschuldigung des Drogenmissbrauchs nur | |
Vorwand war, um den Journalisten aus dem Verkehr zu ziehen. Alle | |
Anklagepunkte gegen ihn wurden fallen gelassen. Im Umkehrschluss müssten | |
jetzt Ermittlungen gegen jene eingeleitet werden, die einen unbescholtenen | |
Bürger zum Drogendealer machen. Nicht aus Versehen, vielmehr mit System, | |
wie sich bei genauerem Hinsehen ergeben würde. | |
Gewöhnlich hat die Führungsschicht im Kreml nichts einzuwenden, wenn die | |
niedere Generalität Geschäften nachgeht und elementare Rechte mit Füßen | |
tritt. In diesem Fall nahm sich die mittlere Ebene jedoch zu viel heraus. | |
Die Aktion Golunow, die der Selbstbereicherung dient, störte das | |
[2][Petersburger Wirtschaftsforum], auf dem Präsident Putin präsidierte. | |
Golunow übertrumpfte den Kremlchef bei Nennungen im Netz, an zweiter Stelle | |
folgte er in anderen Medien. Wer will da noch warmen Werbungen für | |
Investitionen Glauben schenken? | |
Die Ankündigung eines Golunow-Protestmarsches für den 12. Juni, Russlands | |
Unabhängigkeitstag, versprach auch unruhig zu werden. Der inszenierte | |
jährliche Austausch mit dem Volk, der „Direkte Draht“ im TV, steht nächste | |
Woche an. Wladimir Putin ist bereits angeschlagen. Der Kreml zog die | |
Reißleine. | |
Golunows letzte Geschichte dreht sich um Korruption im Bestattungswesen, an | |
dem keiner vorbeikommt. Doch will sich jemand auf dem letzten Weg noch | |
erpressen und erniedrigen lassen? | |
Nicht zuletzt schaltete sich eine kritische Gemeinde zu, die bislang der | |
Straße fernblieb, im Netz aber präsent war: die Opposition 2.0. Zunächst | |
lautet die Devise des Kreml: eher abtauchen als auftrumpfen. | |
12 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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