| # taz.de -- Uefa-Papier zum Frauenfußball: Das doppelte Bällchen | |
| > Eine neue Strategie zur Förderung des Frauenfußballs liegt vor. Es geht | |
| > viel um Vermarktung, aber ein genauerer Blick lohnt sich. | |
| Bild: Die Stadien gibt es, es müssen nur noch Zuschauer zum Frauenfußball kom… | |
| „Seit ich Uefa-Präsident bin, haben wir enorme Fortschritte erzielt und | |
| mehr Anstrengungen unternommen als je zuvor, um das Potenzial des | |
| Frauenfußballs auszuschöpfen.“ Ein Satz, formuliert vom europäischen | |
| Fußballverbandschef Aleksander Čeferin, der gleich zwei Botschaften | |
| enthält: Zum einen lernen wir, dass der Aufschwung des Frauenfußballs nur | |
| auf diesen ärmelhochkrempelnden Funktionär zurückgeht und nichts mit | |
| kickenden Frauen oder ihren Vereinen zu tun hat. | |
| Und zum anderen darf diese Einführung in die Bedeutung des Frauenfußballs | |
| nicht ohne die Phrase vom „Potenzial“, das „ausgeschöpft“ werden müss… | |
| auskommen. Sonst hätten wir ja fast vergessen, dass es um Vermarktung geht. | |
| Mitte Mai, also erst vor wenigen Wochen, hat die Uefa eine „Strategie“ für | |
| den Frauenfußball vorgelegt. Čeferins Verband kündigt da „bedeutende | |
| Investitionen“ an, damit wir in fünf Jahren, 2024, einen „besseren, | |
| professionelleren und florierenderen Fußball“ sehen können. | |
| Nadine Keßler, frühere deutsche Nationalspielerin, Europameisterin und | |
| sowohl Europa- als auch Weltfußballerin des Jahres, leitet bei der Uefa die | |
| „Abteilung Frauenfußball“. Sie bescheinigt ihrem Arbeitgeber, die „weltw… | |
| führende Sportorganisation bei der Entwicklung des Frauenfußballs“ zu sein. | |
| Man habe es geschafft, „in neue Sphären“ vorzustoßen. | |
| Konkrete Ziele für weitere Sphären sind auch formuliert. In dem Papier, mit | |
| dem die Uefa den Frauen- und Mädchenfußball voranbringen will, sind | |
| genannt: Verdopplung der Zahl der aktiven Spielerinnen in Europa auf 2,5 | |
| Millionen, Verdopplung der Zahl der weiblichen Vertreter in allen | |
| Uefa-Gremien, Verdopplung der Zuschauerzahlen bei den Uefa-Wettbewerben | |
| Europameisterschaft und Champions League. | |
| ## Ein „Legenden-Programm für Frauen“ | |
| Doch nicht nur aufs Wachstum einer Sportart, von der man sich künftig | |
| Profit erhofft, wird gesetzt, der Dachverband fordert zudem von seinen 55 | |
| Mitgliedsverbänden Mindeststandardverträge für Nationalspielerinnen sowie | |
| Richtlinien zum Kinderschutz. | |
| Damit unterscheidet sich die Uefa zumindest ein wenig vom Weltverband Fifa, | |
| der bereits im vergangenen Oktober seine „Strategie für den Frauenfußball“ | |
| vorgelegt hat. Die Fifa spricht ganz offen von einem „speziellen | |
| kommerziellen Programm für den Frauenfußball“, von der „Umsetzung einer | |
| klaren Markenstrategie“ und kündigt an, mit prominenten Spielerinnen den | |
| „Einsatz von Vorbildern und Botschafterinnen sowie eines Legenden-Programms | |
| für Frauen“ zu planen. | |
| Die konkreten Ziele der Fifa wirken bescheidener als die der Uefa: Der | |
| Weltverband spricht davon, dass die „Anzahl der Mitgliedsverbände mit | |
| organisierten Jugendligen“ verdoppelt werden soll, und für das in | |
| Frankreich anstehende Turnier – in der Verbandssprache heißt es „FIFA | |
| Frauen-Weltmeisterschaft 2019TM“ – soll die Marke von einer Milliarde | |
| Fernsehzuschauer erreicht werden. | |
| Immerhin in einem Punkt ist die Fifa sehr ambitioniert: Bis 2026 soll es | |
| weltweit 60 Millionen registrierte Spielerinnen geben; nach einer | |
| Fifa-Erhebung waren es im Jahr 2014 noch 30 Millionen. Es geht der Fifa | |
| also um eine Verdopplung, die zwar angesichts der Verbreitung von | |
| Frauenfußball in vielen afrikanischen Gesellschaften realistisch erscheint, | |
| die aber mit Blick auf den erkennbaren Unwillen vieler arabischer Regimes, | |
| [1][kickende Frauen und Mädchen zu fördern], doch nicht ganz ohne Haken | |
| ist. | |
| ## Da bleibt nocht Potenzial | |
| Ein Problem, mit dem die Uefa sich zumindest in diesem Umfang nicht | |
| herumschlagen muss. Selbst Mitgliedsländer wie Aserbaidschan oder | |
| Kasachstan, deren Demokratiedefizite offensichtlich sind, bemühen sich (wie | |
| ernst auch immer) um die Förderung von Frauenfußball. | |
| Die Uefa geht von derzeit 1,3 Millionen aktiven Spielerinnen in ihrem | |
| Zuständigkeitsbereich aus. Das sind die in Vereinen registrierten | |
| Sportlerinnen – und nicht Frauen, die auf der Straße oder in | |
| selbstorganisierten Freizeitligen kicken. | |
| Das gar nicht so unrealistische Kalkül lautet: Wenn es dank Wettbewerben | |
| wie EM und WM, Champions League und nationalen Ligen gelingt, nicht nur das | |
| Kicken an sich populärer zu machen, sondern ganz konkret die Art von | |
| Fußball, bei der ein Spiel mindestens 90 Minuten dauert und alles in einer | |
| offiziellen Tabelle mündet, dann melden sich die Frauen und Mädchen, die | |
| ohnehin schon mitkicken, gewiss bald in einem Verein an. | |
| Und auch an dem, was die Vereine für sportliche Mädchen und Frauen | |
| attraktiv machen könnte, wird gearbeitet. Das Uefa-Strategiepapier hat als | |
| Ziel formuliert, die Zahl der aktuell 40.241 qualifizierten Trainerinnen | |
| ebenso zu steigern wie die Zahl der derzeit 285 aktiven | |
| Schiedsrichterinnen. Das gilt auch für andere Eckdaten: Nur 28 Prozent der | |
| europäischen Profifußballteams und nur 42 Prozent der Amateurklubs haben | |
| Angebote für Frauen und Mädchen. | |
| In den Worten des Uefa-Präsidenten: [2][Da ist noch Potenzial], das ich | |
| ausschöpfen kann. | |
| 7 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Krauss | |
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