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# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Bremen: ’N büschn Kinderrechte
> Das Kinderhilfswerk hat Grüne, SPD und Linke aufgefordert, die Rechte von
> Minderjährigen zu stärken. In den Wahlprogrammen steht wenig Konkretes.
Bild: Auch für Deutschland verpflichtend: die UN-Kinderrechtskonvention
Bremen taz | Kindern und Jugendlichen in Bremen soll es gut gehen – darin
sind sich die drei Parteien, die gerade einen Koalitionsvertrag aushandeln,
einig. Doch wie Minderjährige ihr Schicksal selbst bestimmen können – dazu
sagen SPD, Grüne und Linke wenig.
Am auffälligsten ist das Wahlprogramm der SPD. Es enthält lauter Vorhaben,
was sie Kindern und Jugendlichen Gutes tun will: „Ungezwungene
Bewegungsangebote“ für Couchpotatoes, mehr „pädagogische Begleitung“ bei
Freizeitangeboten, politische Bildung in der Schule. Und natürlich tolle
Bildungschancen in Kindergarten und Schule.
Aber wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche selbst aktiv werden zu
lassen, bleibt die SPD vage. Da heißt es: „Zudem werden wir die
Jugendbeteiligung in relevanten Politikfeldern auf möglichst viele Projekte
und Vorhaben ausweiten.“ Aber wie das funktionieren soll und wer definiert,
was relevant ist – dazu steht dort nichts.
Etwas konkreter werden die Grünen: Sie benennen immerhin die Gremien, in
denen Kinder und Jugendliche mitbestimmen sollen, unter anderem die in den
Schulen.
Die könnten paritätischer besetzt sein, findet das Deutsche
Kinderhilfswerk, das am Sonntag einen Maßnahmenkatalog an die Bremer
Koalitionswilligen verschickt hat. So sollten nach Vorstellung des
Kinderhilfswerks nicht nur die Beschäftigten einer Schule an den
Gesamtkonferenzen beteiligt sein – sondern auch die Schüler*innen. Zudem
sollten in den Schulkonferenzen genauso viele Schüler*innen wie Eltern
sitzen.
## Neuausrichtung von Entscheidungsprozessen
Das Kinderhilfswerk benennt, wie die UN-Kinderrechtskonvention umgesetzt
werden soll. Deutschland ist dieser 1992 beigetreten. Sie legt fest, dass
die Meinung des Kindes „angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner
Reife“ berücksichtigt werden soll. Das Kinderhilfswerk schlägt vor, das
Bremer Gesetz über die Bürgerbeteiligung in den Stadtteil-Beiräten so zu
ändern, dass Kinder und Jugendliche an den sie betreffenden
Entscheidungsprozessen beteiligt werden müssen. Bisher ist das eine
Kann-Bestimmung.
Zudem fordert das Kinderhilfswerk einen Zusatz im Artikel 25 der
Landesverfassung, der Kindern das Recht auf freie Entwicklung zusichert:
„Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen Handeln, das die Rechte und
Interessen von Kindern berührt, vorrangige Bedeutung zu.“
Da Kinder und Jugendliche von allem staatlichen Handeln betroffen sind,
würde dies eine Neuausrichtung aller Entscheidungsprozesse erfordern.
Bisher werden Kinder und Jugendliche punktuell beteiligt, wenn Erwachsene
dies gerade für richtig halten.
Eine systematische Berücksichtigung der Interessen von Kindern und
Jugendlichen würde auch durch eine flächendeckende Spielleitplanung möglich
– eine weitere Forderung des Kinderhilfswerks. Eine Spielleitplanung weist
Kindern nicht begrenzte Orte zu, die für nichts anderes gebraucht werden,
sondern betrachtet die ganze Stadt als Raum, der kinderfreundlicher zu
gestalten ist. In Bremen wird dieses Instrument der Stadtentwicklung
bislang nur in der Neustadt eingesetzt – seit März.
Als einzige Partei stellt sich die Linke vor, das in ganz Bremen
einzuführen. Ansonsten finden sich in deren Wahlprogramm ebenfalls keine
konkreten Ideen in Bezug auf die UN-Kinderrechtskonvention.
## Linke mit Maximalforderungen
Aber typisch für die Linke gibt es die Maximalforderung: „Wir setzen uns
dafür ein, dass diese Rechte vollständig in die Realität umgesetzt und
ausgeweitet werden.“ Dazu brauche es einen oder eine unabhängige
Beauftragte für Kinderrechte.
Die Koalitionspartner in spe, SPD und Grüne, sagen zum Beauftragten nichts,
wollen aber einen „Platz der Kinderrechte“ in Bremen schaffen, wie sie im
Februar in einem Antrag an die Bremische Bürgerschaft forderten.
Zur Sprache kommen könnte in den Koalitionsverhandlungen eine letzte
Forderung des Kinderhilfwerks: Die Herabsenkung des Wahlalters von 16 auf
14 Jahre. Nur die Grünen wollen das explizit.
Die SPD lehnt das hingegen ab, wie sie dem Bremer Landesjugendring schrieb.
Zunächst müssten die derzeitigen Erstwähler davon überzeugt werden, zur
Wahl zu gehen. Ein Sprecher der Linken schrieb am Dienstag der taz, die
Partei stehe der „Idee offen gegenüber“.
19 Jun 2019
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Kinderrechte
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Wahl in Bremen
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Schwerpunkt Landtagswahlen
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Kinderrechte
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