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# taz.de -- Nachruf auf Michel Serres: Wir haben alles
> Der französische Philosoph Michel Serres ist tot. Er war der letzte
> Strukturalist und spürte den neuen Welten in über fünfzig Büchern nach.
Bild: Entdecken und Erfinden – das waren zwei der Vektoren, an denen entlang …
Michel Serres ist am Samstag im Alter von 88 Jahren gestorben. Er war der
letzte Philosoph des großen französischen Moments in der Philosophie: des
Strukturalismus. Er ist ihm treu geblieben. Das konnte er, weil er wie
Gottfried Wilhelm Leibniz jedes Stück Materie als einen Garten voller
Pflanzen oder einen Teich voller Fische auffasste, in der zugleich jeder
Zweig der Pflanze, jedes Glied des Tieres, jeder Tropfen seiner
Feuchtigkeit wiederum ein derartiger Garten oder ein derartiger Teich ist.
Wer erlebte, wie Serres im Juli 2010 in Berlin meinte, Leibniz-, Ecke
Kantstraße, das sei sein Ort auf der Welt, bekam auch einen Eindruck von
der Tiefe seiner Beziehung zu den deutschen Momenten in der Philosophie.
Serres hatte sich, bevor er Professor für Wissenschaftsphilosophie an der
Pariser Sorbonne wurde, mit einer Arbeit über Leibniz habilitiert. Die
Fülle, die dieser in jedem kleinen Teil dachte, übersetzte Serres so: Es
fehlt uns nichts, wir haben alles, wir müssen es nur entdecken oder
erfinden. Entdecken und Erfinden, das waren zwei der Vektoren, an denen
entlang Serres durch die Welt reiste.
Wobei es ihm besonders eine Form der Fortbewegung angetan hatte. 1930 als
Sohn eines Fluss-Schiffers geboren, fuhr Serres zehn Jahre lang zur See und
brachte es zum Marineoffizier. Vom Fluss kam er zum Meer, vom Sextanten zum
Leibniz’schen 0-1-Code und von dort zu den neuen Formen der Kommunikation,
die uns über Kontinente hinweg mit anderen auf eine Weise zusammenschalten,
die nicht nur den Raum, sondern auch uns im Raum verändert.
Den neuen Welten spürte Serres [1][in über fünfzig Büchern] nach. Den
Anfang hierzulande machte der Merve Verlag, der mit der Herausgabe und
hervorragenden Übersetzung von Serres’ fünfbändigem Hermes-Projekt, einer
Sammlung von Arbeiten aus den sechziger- und siebziger Jahren, zu Serres’
deutschem Hausverlag wurde.
Diese Bände überzeugen weniger durch den Verkaufserfolg (die Bestseller
„Der Parasit“ und „Die fünf Sinne“ erschienen bei Suhrkamp) als durch …
klare Darstellung seiner Methode. Nach Serres darf man nicht an der
Trennung der literarischen Gattungen festhalten, wenn man wissen will, was
in einem Zeitalter gedacht wird.
Dabei konnte er auch streng werden. Ein durch Faulheit geprägtes Verhältnis
zur Mathematik führe dazu, zu glauben, der Raum sei stets mit einer Metrik
oder einem Maß verbunden. Der Raum sei nur zu beschreiben, indem man
Ausdrücke wie „zwischen“, „in“ oder „durch“ benutze. Zuerst könne…
Erkenntnis in den Erzählungen Maupassants finden.
2 Jun 2019
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## AUTOREN
Cord Riechelmann
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Philosophie
Nachruf
Pandemie
Musik
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