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# taz.de -- Gastkommentar Tampon-Tax: Runter mit dem Steuersatz
> Die Mehrwertsteuer auf Tampons und Binden muss auf 7 Prozent gesenkt
> werden. Alles andere ist Frauen gegenüber ungerecht.
Bild: Wird gegenwärtig mit 19 Prozent besteuert: Menstruationsutensilien wie d…
Elisabeth Selbert erkämpfte als eine von vier Müttern unseres Grundgesetzes
die Gleichstellung von Mann und Frau mit dem Satz: „Alle Menschen sind vor
dem Gesetz gleich“. So stolz wir zurecht bis heute auf unsere Verfassung
sind, so wenig ist die Gleichberechtigung tatsächlich umfassend in allen
Gesellschaftsbereichen umgesetzt. Denn es gibt noch immer Regelungen, bei
denen Frauen das Nachsehen haben.
Eigentlich, so jedenfalls die Begründung der geteilten Mehrwertsteuer,
sollten vor allem Güter des täglichen Bedarfs mit dem reduzierten
Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent besteuert werden. Eigentlich.
Hygieneartikel für Frauen sind weiterhin mit dem regulären Steuersatz
belegt.
Ein Umstand, der nicht nur in Deutschland aufgefallen ist, sondern seit
längerer Zeit auch internationale Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Weltweit schalten Frauenrechtler und Frauenrechtlerinnen Kampagnen, um
gegen die deplatzierte Tabuisierung der Periode aufzubegehren und jungen
Mädchen und Frauen den Zugang zu Periodenprodukten zu erleichtern. Mit
Erfolg. Das gestiegene Bewusstsein für das Thema Periode hat in vielen
Ländern, darunter als erstes Kenia, in den USA oder Kanada dazu geführt,
steuerliche Ungerechtigkeiten zu beseitigen.
## Die Perspektive der anderen einnehmen
Auch in Deutschland haben in den vergangenen Jahren Tausende die Aufrufe
zur „Tampon Tax“ im Internet unterschrieben. Während die Große Koalition
diesen Nachbesserungsbedarf verschläft, bringt nun [1][eine Petition] an
den Deutschen Bundestag mit [2][über 80.000 Unterstützern] das Thema
endlich dahin, wo es hingehört: ins Parlament.
Denn die „Anti-Tampon-Tax“-Bewegung ist im Kern eine Bürgerrechtsbewegung,
eine die weltweit die berechtigte Forderung der Gleichberechtigung in den
lange vernachlässigten Fokus bringt. Sie ist nicht nur ein Symbol für die
Gleichberechtigung von Mann und Frau, sie hat ein berechtigtes Anliegen.
Es muss für uns immer darum gehen, die Perspektive des anderen einzunehmen,
ein Phänomen, das wir generell in unserer Gesellschaft zu häufig
vernachlässigen. Barack Obama hat es auf den Punkt gebracht: „I have no
idea why states would tax these as luxury items, I suspect it’s because men
were making the laws when those taxes were passed.“ Besonders deshalb wäre
es jetzt an der Politik Frauen zuzuhören, sich ihrer Stimmen anzunehmen und
selbst auf Willkürlichkeiten aufmerksam zu machen.
Zur Wahrheit gehört auch: In Deutschland werden Frauen bei Hygieneartikeln
generell nicht mehr oder weniger diskriminiert als Männer.
Gleichberechtigte Besteuerung sollte dann aber bitte auch bei
gleichberechtigten Produkten erfolgen. Tampons sind keine Rasierer, Tampons
sind Produkte, die nur Frauen benutzen. Es ist eben ungerecht, wenn Männer
sich aus biologischen Gründen die Freiheit erlauben können, zusätzliche
Kosten für Periodenartikel nicht aufbringen zu müssen.
## Ungerechtigkeit mit einer kleinen Maßnahme beseitigen
Allen sollte daran gelegen sein, von diesem Kern der Debatte – der
ungerechten Besteuerung von Frauen – nicht abzulenken. Denn es gibt die
einen, die den Diskurs nur hoch empört führen können und sich generell als
Diskriminierungsopfer einer gesamten Gesellschaft gerieren, und die
anderen, die sich hinter der Forderung nach einer Reform des gesamten
Mehrwertsteuersystems verstecken. Die Kunst von Politik besteht genau
darin, sich von einem hochempörten Mediendiskurs nicht beeindrucken zu
lassen, sondern politisch zu handeln.
Es sollte deshalb keine absurden Vergleiche brauchen, dass Teebeutel,
Bücher, Rennpferde und Schnittblumen mit 7 Prozent besteuert werden und
Periodenprodukte mit 19 Prozent, um zu merken, dass Frauen ihre Periode
nicht verhindern können. Es sollte genauso wenig die berechtigte Forderung
brauchen, die Mitte der Gesellschaft endlich zu entlasten.
Es geht schlicht darum, gezielt eine der Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen
mit einer kleinen Maßnahme zu beseitigen.
Allein das wird natürlich nicht reichen. Gleichberechtigung braucht Zeit,
sie braucht aber auch Mitstreiter. Dies sollte uns nicht davon abhalten,
sie genau jetzt einzufordern. Gesellschaftlich anzuerkennen, dass es sich
bei Periodenprodukten um Güter des täglichen Bedarfs handelt und sie aus
diesem Grund geringer zu besteuern, wäre dafür ein richtiger Schritt und
ein gutes Signal.
31 May 2019
## LINKS
[1] /Petition-Perioden-Produkte/!5595503
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/umsatzsteuer-besteuerung-von-pe…
## AUTOREN
Gyde Jensen
Wolfgang Kubicki
## TAGS
Mehrwertsteuer
Gerechtigkeit
Menstruation
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Online-Petition
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