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# taz.de -- EU-Wahlnachwehen in Frankreich: Wie eine Niederlage zum Sieg wird
> Staatschef Macron hat die Politlandschaft zwischen seinem Pro-EU-Lager
> und den Rechtsextremen polarisiert. Eine gute Ausgangsbasis für die Wahl
> 2022.
Bild: Für ihn hätte es bei der EU-Wahl schlimmer kommen können: Frankreichs …
Paris taz | „Eine Niederlage? Welche Niederlage?“, entrüstet sich im Nouvel
Obs ein Vertrauter von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Cédric O ist
Staatssekretär für die Digitalwirtschaft, zugleich gilt er als
einflussreichster Berater Macrons. Er beharrt auch nach der EU-Wahl darauf,
dass seine Ratschläge die einzig richtigen waren. Was auf den ersten doch
wie eine halbe Schlappe aussieht, lässt sich so als halben Sieg darstellen.
Die Renaissance-Liste des Präsidenten hat weder gewonnen noch verloren,
aber nach Meinung von O hat die Partei La République en marche zur Halbzeit
von Macrons Amtszeit vor allem bewiesen, dass sie definitiv einen Platz in
der politischen Landschaft hat. Und dass die Ex-Regierungsparteien von
links und rechts, die Sozialisten und die Konservativen (Les Républicains),
Relikte der Vergangenheit sind.
Mit seiner Strategie hat Macron zu seiner Linken und Rechten die Landschaft
leer geräumt. Zwischen ihm und Marine Le Pen ist eine Wüste. Was er bei den
Präsidentschaftswahlen von 2017 begonnen hatte, hat er mit seinem
EU-Wahlkampf vollendet: Mit nur noch 8,5 Prozent der Stimmen sind die
Konservativen abgestürzt.
„Wir sind in tödlicher Gefahr“, räumt Parteichef Laurent Wauquiez ein. Er
sitzt selber in der Parteiführung auf dem Schleudersitz. Die Liste der
Sozialisten und ihrer kleineren Alliierten steht nicht besser da. Selbst
wenn die Stimmen der Liste Génération.S des ehemaligen sozialistischen
Präsidentschaftskandidaten Benoît Hamon hinzugezählt werden, kommen keine
zehn Prozent zusammen.
## Zerschlagene Hoffnungen
Nicht viel besser erging es auch der linken France insoumise von Jean-Luc
Mélenchon, der es nicht gelungen ist, von der Protestwelle der Gelbwesten
zu profitieren. Mélenchons Hoffnung, als hegemonische Partei die gespaltene
Linke um sich herum reorganisieren zu können, hat sich zerschlagen.
Einzig die Grünen (Europe-Ecologie-Les Verts) konnten am Sonntag feiern:
Dank einer starken Beteiligung junger WählerInnen sind sie auf dem dritten
Platz gelandet und schicken 12 Abgeordnete ins EU-Parlament.
Auf das Duell an der Spitze zwischen LREM und der Liste von Marine Le Pens
Rassemblement national (RN) hatten all diese 32 Listen kaum Einfluss, weil
Macron den Wahlkampf erfolgreich auf diesen Antagonismus reduziert hat. Das
hat auch der extremen Rechten gedient, die für sich in Anspruch nimmt, die
einzige ernsthafte Oppositionskraft zu sein.
Macron hat so auf längere Zeit in der französischen Innenpolitik zwischen
seinem liberalen und proeuropäischen Lager sowie der nationalistischen
Rechten eine neue Polarisierung installiert, welche die traditionelle
Links-Rechts-Trennlinie ablöst.
## Heilige Union
Das ist für ihn auch eine ideale Ausgangslage im Fall einer Kandidatur für
seine Wiederwahl 2022, wenn er in einer Stichwahl erneut gegen seine
Lieblingsgegnerin Le Pen antreten kann.
Aufgrund des Mehrheitswahlsystems reicht es, dass Macron in die Stichwahl
kommt, um im Namen der heiligen Union gegen die drohende Machtergreifung
durch die extreme Rechte zu gewinnen.
Zwischen Macron und Le Pen liegt derzeit ein Scherbenhaufen. Im linken
Lager sorgen persönliche und ideologische Rivalitäten dafür, dass sich
Macron kaum Sorgen machen muss – außer Gelbwesten oder andere Wutbürger
machen ihm einen Strich durch die Rechnung.
Angesichts dieser nicht so trüben Aussichten tritt Macron selbstbewusst
auf. Obgleich laut Umfragen 72 Prozent der Franzosen eine Änderung der
Regierungspolitik und 58 Prozent einen Regierungswechsel wünschen, fühlt
sich der Staatschef in seinem Reformkurs und den Ambitionen seiner
Europapolitik bestätigt.
Er hat angekündigt, seinen Premier, Edouard Philippe, nicht ersetzen zu
wollen. Er arbeitet mit den Partnern der Fraktion der Liberalen und
Demokraten (ALDE) an Allianzen in Hinblick auf die Neubesetzung der
Schlüsselposten beim Parlament und der Kommission. „Niederlage? Welche
Niederlage?“, heißt auch hier die Devise.
29 May 2019
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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Marine Le Pen
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Tag der Arbeit, Tag der Proteste
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