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# taz.de -- Chelsea-Trainer Maurizio Sarri: Keine Kompromisse, kein Anzug
> Maurizio Sarri hat den FC Chelsea ins Finale der Europa League geführt.
> Dennoch steht der Italiener vor dem Rauswurf.
Bild: Nein. Doch. Ohhh! Maurizio Sarri im Trainingsanzug
Der dritte Platz in der Premier League und die Kritik des Publikums. Der
Einzug ins Europa-League-Finale und wahrscheinlich die Entlassung. Am
Mittwochabend in Baku (21 Uhr, RTL) gegen die Stadtrivalen von Arsenal geht
für Maurizio Sarri eine Saison voll von Widersprüchen zu Ende. Unter dem
italienischen Trainer hat der FC Chelsea die Qualifikation für die
Champions League geschafft und [1][das erste europäische Endspiel seit 2013
erreicht]. Trotzdem steht er angeblich vor dem Abschied von den Blues.
„Back me or sack me now“, sagt er dazu. „Unterstützen Sie mich oder
entlassen Sie mich gleich!“
Ein typischer Sarri: Ein Trainer, der keine Kompromisse eingeht – auch
nicht wenn es um Kleidung geht. Sarri ist kein Anzug-Trainer: Auch bei
Champions-League-Topspielen trägt er Trainingsanzug und Sportschuhe. Im
modernen Fußball wirkt er fast altmodisch: dicke Brille, schroffe
Antworten, eine Zigarette im Mundwinkel – beim Training. Auf der Bank darf
er nicht rauchen, kaut stattdessen nervös Kaugummi.
Vielleicht hat diese Abneigung gegen Anzüge mit Sarris Vergangenheit zu
tun, mit der Zeit, in der er seinen Lebensunterhalt als Bankangestellter
verdient hat und sich nur in der Freizeit mit Fußball beschäftigte.
Vielleicht ist der Trainingsanzug für ihn eine Befreiung. Erst 2001, also
mit fast 40, musste er eine Entscheidung treffen: entweder weiter in einer
Bank zu arbeiten oder als Profi auf der Bank zu sitzen. Sarri wagte den
Absprung, aber musste noch härter arbeiten, um sich durchsetzen zu können.
Wie sein Vorbild Arrigo Sacchi hatte er nämlich keine Profikarriere als
Spieler hinter sich.
Er plant die Trainingseinheiten bis ins kleinste Detail: Nur so kann er den
Spielern seine anspruchsvolle Spielweise vermitteln. Grundlage des Systems
ist die Verteidigung, die seine Mannschaften, von Empoli, über Neapel bis
zu Chelsea, immer mit Viererkette und totaler Raumdeckung interpretieren
müssen. Das Defensivspiel beginnt an der Grenze des gegnerischen
Strafraums. Voraussetzungen dafür ist die absolute Konzentration der
Spieler und die perfekte Harmonie.
## Die Mannschaft tat sich schwer
Dass Sarri in der intensiven Premier League damit erfolgreich sein könnte,
glaubten die meisten Experten in Italien nicht. „Er kann nicht einmal
Englisch“, warf man ihm vor. Dabei ist Sarri in keine sprachliche
Schwierigkeiten geraten, sondern in spielerische. In seinem System spielt
der Spielmacher vor der Abwehr eine entscheidende Rolle – deswegen wurde
Jorginho verpflichtet, der sich mit solcher Ausgabe schon auskannte. Er
erfüllte sie unter Sarri schon in Neapel. Der Rest der Mannschaft tat sich
schwer mit Sarris „press and possess“. Und dem Publikum an der Stamford
Bridge war der possession football sowieso zu soft.
Trotzdem ist Sarri keinen Kompromiss eingegangen: Jorginho ist seiner Rolle
treu geblieben. Er wird von Stürmer Olivier Giroud unterstützt, der in die
Tiefe rückt, um Laufwege für Eden Hazard frei zu machen. Wahrscheinlich
dauert es noch eine Weile, bis alle Spieler das System verinnerlicht haben.
Fußball kennt aber keine Geduld: Holt Sarri nicht die Europa League, ist er
wohl weg. Juventus’ Sportdirektor Fabio Paratici hätte ihn gerne als
Nachfolger von Massimiliano Allegri. Ob Sarri wirklich zum Rekordmeister
passt? In Turin müsste er jedenfalls unbedingt Anzug tragen.
29 May 2019
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## AUTOREN
Valeria Meta
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