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# taz.de -- Halbfinale der Europa League: Bröseliger Zement
> Eine runderneuerte Frankfurter Eintracht möchte gegen den FC Chelsea ins
> Finale der Europa League einziehen. So weit kam sie zuletzt 1980.
Bild: Machen sich schonmal warm: Martin Hinteregger und Luka Jovic
Frankfurt taz | Wenn ein Verein erstmals seit fast vier Jahrzehnten wieder
in einem Europapokal-Halbfinale steht, schwingt auch die Erinnerung an die
Vergangenheit mit. An diesem Donnerstag empfängt Eintracht Frankfurt den FC
Chelsea zum Hinspiel des Semifinales der Europa-League; so weit sind die
Hessen letztmals 1980 gekommen.
Da hieß der Wettbewerb noch Uefa-Cup, und die Eintracht gewann diesen sogar
im Finale gegen Borussia Mönchengladbach. Damals gab es auch im Finale noch
Hin- und Rückspiel, nach einer 2:3-Niederlage in Mönchengladbach siegte die
Eintracht durch ein Tor des gerade eingewechselten Fred Schaub neun Minuten
vorm Abpfiff 1:0.
Schaub kam 2003 bei einem Autounfall ums Leben. Die Erinnerung an sein Tor
aber ist derzeit allgegenwärtig. Ganz Frankfurt träumt vom Finale am 29.
Mai in Baku – auch wenn das zähe 0:0 zuletzt in der Liga gegen Berlin nach
dem 1:3 gegen Augsburg und dem 1:1 in Wolfsburg ein weiterer
Euphorie-Dämpfer im Saisonendspurt war.
Doch gegen Chelsea verspricht Verteidiger Martin Hinteregger einen anderen
Auftritt: „Das wird ein Riesenfight, das wird eine Riesennacht.“ So wie in
der Vorrunde, als die Eintracht gegen Limassol, Olympique Marseille und
Lazio Rom alle Spiele gewann und in den K.O.-Runden die
Champions-League-Absteiger Donezk, Inter Mailand und Benfica Lissabon aus
dem Wettbewerb spielte.
Die Frankfurter haben mehr erreicht, als ihnen vor der Saison irgendjemand
zugetraut hätte. Auch in der Liga stehen sie drei Spieltage vor Saisonende
noch auf Platz vier. Zuletzt verdichteten sich aber die Anzeichen, dass die
Profis den Kraftakten in Europa und Liga Tribut zollen müssen. Die Angst,
etwas zu verlieren, wächst. Kevin Trapp sagte nach der müden Nullnummer
gegen Berlin: „Wir können in den nächsten Wochen Geschichte schreiben oder
uns alles nehmen lassen.“
## 35 Millionen Euro
Zwischen den beiden Spielen gegen Chelsea wartet mit der Auswärtspartie in
Leverkusen so etwas wie ein Finale um den letzten Champions-League-Platz,
bevor die Eintracht zu Hause gegen Mainz spielt und zum Saisonabschluss
beim FC Bayern München ran muss. Trainer Adi Hütter muss gegen Chelsea auf
zwei Leistungsträger verzichten, Mittelstürmer Sebastien Haller fällt mit
Bauchmuskelzerrung schon seit Wochen aus und Vize-Weltmeister Ante Rebic
fehlt gelbgesperrt. Zudem wirkt der umworbene Jungstar Luka Jovic
überspielt.
Für Marketingvorstand Axel Hellmann spielt das aber keine Rolle, er sagt
zwar, die Eintracht sei der „totale Underdog“, aber: „In der Europa League
konnte unser Trainer bisher immer stellen, wen er wollte – es hat
funktioniert.“ Die Erfolge in dieser Europapokalsaison werden dem Klub in
den Bereichen Internationslaisierung und Sponsorenakquise helfen, da ist
sich Hellmann sicher. Der Klub boomt an allen Ecken und Enden und hievt
sich gerade auf ein neues Niveau, ein Mentalitätswechsel ist spürbar.
Nach langer Durststrecke entstand durch den Gewinn des DFB-Pokals und den
märchenhaften Erfolgen in Europa eine Einheit zwischen Fans und Mannschaft
– und eine Dynamik, von der viele andere Traditionsklubs nur träumen. Unter
Hellmann und Sportvorstand Fredi Bobics vorsichtigem Vorgänger Heribert
Bruchhagen („Die ersten Plätze in der Liga sind zementiert“) galt schon der
Nichtabstieg als Erfolg. Unabhängig vom Ausgang dieser Saison fordert nun
auch Trainer Hütter einen anderen Anspruch, er sagt: „Wir müssen uns nach
vorne orientieren.“ Gelänge der Einzug in die Champions-League, stieße die
Eintracht in neue finanzielle Dimensionen vor.
Allein [1][diese Europa-League-Saison] brachte rund 35 Millionen Euro,
Spieler wie Jovic, Rebic, Haller oder Kostic haben ihren Marktwert
vervielfacht. Eine kluge Transferpolitik und ein vorbildliches
Zusammenspiel zwischen Fans und Mannschaft machten diesen Erfolg möglich.
Bruchhagen ist übrigens bei den meisten Europapokalspielen dabei in der
Reisegruppe der Eintracht, die beweist, dass im Fußball nicht immer alles
zementiert sein muss.
2 May 2019
## LINKS
[1] /Viertelfinale-Europa-League/!5584767
## AUTOREN
Tobias Schächter
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