# taz.de -- Ermittlungen gegen Bayer-Tochter: Monsanto listet Gute und Böse auf | |
> Frankreich ist empört: Der Glyphosat-Konzern Monsanto legt Listen mit | |
> Freunden und Feinden an. Bayer entschuldigt sich. | |
Bild: Wären in Frankreich wahrscheinlich auf der Liste „Anti-Monsanto“ gel… | |
Paris taz | Die französische Justiz ermittelt gegen das | |
Agrochemieunternehmen [1][Monsanto] wegen der mutmaßlichen Erfassung von | |
Glyphosat-Gegnern und -Befürwortern in einer heimlichen Liste. Mit dem | |
Papier wollte die heutige Tochter des deutschen Bayer-Konzerns 2016 | |
offenbar das Verfahren zur Bewilligung seiner auf dem Wirkstoff Glyphosat | |
beruhenden Unkrautvernichter durch die EU für sich entscheiden. | |
Ein [2][weiterer Image-GAU für Bayer,] das ohnehin wegen der Übernahme von | |
Monsanto im vergangenen Jahr vor gravierenden Problemen steht: In den USA | |
klagen mehr als 13.000 Menschen gegen Monsanto, weil sie Glyphosat für | |
Krebserkrankungen verantwortlich machen, vor zwei Wochen verweigerten die | |
Aktionäre in einem historisch einmaligen Schritt dem Vorstand die | |
Entlastung. Laut der Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation | |
ist Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“, dennoch ist es der weltweit | |
meistverkaufte Pestizidwirkstoff. | |
Mit der Liste wollte Monsanto in Frankreich kritische Politiker, | |
Wissenschaftler und Journalisten offenbar „erziehen“, besonders hartnäckige | |
Gegner sogar „überwachen“, berichtet der öffentliche Sender France 2. Laut | |
mehreren Medien sollen PR-Agenturen die Liste im Auftrag des US-Konzerns | |
geführt haben. Darin waren zuletzt rund 200 Namen aufgeführt – mit Noten | |
von 0 bis 5, je nach Einfluss und Grad der Unterstützung für Monsanto. Die | |
Politiker, Wissenschaftler oder Journalisten wurden mit Privatadresse, | |
Telefonnummer und sogar ihren Hobbys gelistet. Links in Tabellen die | |
„Guten“, rechts die „Bösen“. | |
Während Verantwortliche des wichtigsten Bauernverbands FNSEA auf der Seite | |
der Befürworter auftauchen, erhielt die französische Krebsliga den Hinweis | |
„Anti-Monsanto“. Die einstige französische Umweltministerin Ségolène Roy… | |
taucht auf der Liste wegen ihrer ablehnenden Haltung zu Glyphosat sogar als | |
„null beeinflussbar“ auf. Es sei „pervers“, Menschen derartig einzustuf… | |
sagte Royal empört. Das „System“ müsse „von schädlichem Lobbying gesä… | |
werden. | |
## Vier Mitarbeiter von AFP betroffen | |
Auch vier Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AFP sind auf der Liste | |
verzeichnet, die zur Hälfte Journalisten umfasst. Die [3][Zeitung Le Monde] | |
und Radio France kündigten juristische Schritte wegen Datenmissbrauchs an, | |
andere Medien wollen die Datenschutzbehörde CNIL anrufen. | |
Die Organisationen Foodwatch und Générations Futures, die gegen Pestizide | |
in Lebensmitteln vorgehen, bereiten nach eigenen Angaben Klagen vor. | |
Monsanto habe gegen das Strafgesetz verstoßen, das es verbietet, ohne | |
Zustimmung der Betroffenen persönliche Angaben zu politischen oder | |
weltanschaulichen Meinungen zu erfassen. | |
Für Monsanto stand bei der Glyphosat-Zulassung in Europa womöglich zu viel | |
auf dem Spiel, um sich an die Regeln zu halten, zudem im Agrarland | |
Frankreich. Das Ansehen des US-Konzerns ist hier bereits angekratzt. Medien | |
enthüllten bereits vor Jahren die Versuche Monsantos, Einfluss auf | |
politische Entscheidungen und Gutachten von Fachkreisen bei der Zulassung | |
von Glyphosat zu nehmen. | |
Dies erwies sich zuletzt als kontraproduktiv: Präsident Emmanuel Macron | |
will wegen des öffentlichen Drucks die für den privaten Gebrauch bereits | |
verbotenen Glyphosate ab 2021 völlig aus der Landwirtschaft verbannen – | |
sofern es bis dann alternative Produkte gibt. Im EU-Wahlprogramm verspricht | |
seine Bewegung La République en Marche sogar bis 2025 eine Halbierung des | |
Pestizideinsatzes im Land. Die EU hat dagegen 2017 einer auf fünf Jahre | |
befristeten Weiterverwendung zugestimmt. | |
## Bayer bittet um Entschuldigung | |
„Nach einer ersten Analyse verstehen wir, dass ein solches Projekt Bedenken | |
und Kritik ausgelöst hat“, erklärte Bayer am Sonntag in Leverkusen. „Dies | |
ist nicht die Art, wie Bayer den Dialog mit unterschiedlichen | |
Interessengruppen und der Gesellschaft suchen würde. Wir bitten daher um | |
Entschuldigung.“ | |
Derzeit gebe es zwar keine Hinweise, dass die Erstellung der Liste gegen | |
gesetzliche Vorschriften verstoßen habe, erklärte der Konzern. Dennoch | |
werde Bayer eine externe Anwaltskanzlei damit beauftragen, das von Monsanto | |
verantwortete Vorgehen zu untersuchen. Die auf der Liste verzeichneten | |
Personen würden über die von ihnen gespeicherten Daten informiert. Der | |
verantwortliche Monsanto-Manager habe das Unternehmen bereits nach der | |
Übernahme durch Bayer verlassen. | |
Intern solle Matthias Berninger, Leiter des neu geschaffenen Bereichs | |
Public Affairs und Nachhaltigkeit, die Aufarbeitung vorantreiben und das | |
Verhalten der unterschiedlichen Beteiligten überprüfen, teilte der Pharma- | |
und Agrarchemiekonzern mit. Berninger [4][war einst Staatssekretär im von | |
der Grünen Renate Künast geführten Verbraucherschutz- und | |
Agrarministerium.] | |
12 May 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://monsanto.com/ | |
[2] /Kommentar-Bayer-Hauptversammlung/!5590957/ | |
[3] https://www.lemonde.fr/planete/article/2019/05/12/soupcon-de-fichage-illega… | |
[4] /!5556872/ | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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