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# taz.de -- 58. Biennale Venedig: Kunst und Klimawandel
> Mit dem litauischen Pavillon gewinnt eine Performance den Goldenen Löwen
> als bester Beitrag der 58. Kunstbiennale in Venedig.
Bild: „Sun & Sea (Marina)“, das Gemeinschaftsprojekt der Regisseurin Rugile…
Zuerst war es ein Geheimtipp, der sich beim Fachpublikum der 58. Biennale
verbreitete. Ende der Woche musste man den Weg nicht mehr suchen, sondern
nur den Massen folgen, die es an den Militärhafen, zum litauischen Pavillon
hinzog. Am Samstag erwiesen sich die Gerüchte als wahr: Der Länderbeitrag
aus Litauen wird in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.
„Sun & Sea (Marina)“, so sein Titel, ist eine live aufgeführte Brecht-Oper,
Gemeinschaftsprojekt der Regisseurin Rugilė Barzdžiukaitė, der Autorin
Vaiva Grainytė und der Musikerin Lina Lapelytė. Nach Anne Imhofs
„Faust“(2017) gewinnt erneut eine Performance bei der Biennale, allerdings
ist die Stimmung von „Sun & Sea (Marina)“ eine ganz andere.
Genau wie die Perspektive: Vom ersten Stock einer Lagerhalle blickt man auf
das Geschehen herab wie auf ein Tableau vivant. Menschen jeglicher Couleur
fläzen sich an einem künstlichen Strand, dösen und singen. Ein Seniorenpaar
macht sich Sorgen wegen Hautkrebs. Eine Frau beschwert sich mit schriller
Stimme über Hundekot und Plastikmüll. Eine Mutter schwärmt von den
Fernreisen ihres Kindes. Die Strandbesucher*innen singen von den kleinen
und großen Dramen menschlichen Daseins, von wegen Vulkanausbrüchen
gecancelten Flügen, zu warmen Weihnachten, veralgten Stränden und dem
Artensterben.
## Sehnsuchtsort und Menetekel
In „Sun & Sea (Marina)“ dient das Meer als Sehnsuchtsort und Menetekel
zugleich, es geht um nicht weniger als das Ende des Anthropozäns.
Strandbesucher*innen, die fraglos für jeden von uns stehen, schwelgen
im süßen Nichtstun und haben längst resigniert. Wenngleich die Konkurrenz
eher schwach besetzt war, der Goldene Löwe geht an die Richtigen.
Litauens Performance präsentiert ökologische Probleme im sexy Badeanzug,
transportiert den Klimawandel mit Charme und Leichtigkeit, was hervorragend
aufgeht. Im Unterschied etwa zu dem deutschen Beitrag wirkt der litauische
auch ohne Vorablektüre sofort nach, vielleicht weil die Songs im Ohr
hängen bleiben.
Es gibt keinen besseren Ort als die Biennale von Venedig, um die
schädlichen ökologischen Folgen des Tourismus zu benennen, erst recht vor
der Kunstkarawane, die ohne Weiteres für ein paar Tage um die Welt jettet.
12 May 2019
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
Biennale Venedig
Litauischer Pavillon
Goldener Löwe
Performance
Biennale Venedig
Europäische Kulturhauptstadt
Biennale Venedig
Bildende Künstler
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