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# taz.de -- Offensive auf Nordwesten Syriens: 180.000 Menschen auf der Flucht
> Im Großraum Idlib greifen Regierungstruppen und die russische Luftwaffe
> Rebellen an. Auch Krankenhäuser und Schulen werden bombardiert.
Bild: Weißhelm-Soldaten kümmern sich um Opfer eines Angriffs in Ras el-Ain, I…
Berlin taz | Wenige Worte reichten der syrischen Filmemacherin Waad
al-Kateab für ihren Protest: „Stoppt das Bombardement von Krankenhäusern“
war auf den Schildern zu lesen, die sie auf dem Cannes-Filmfestival in die
Kameras hielt. Ihr Film „Für Sama“ zeigt den Alltag in Aleppo im Jahr 2016,
als Bomben auf die damals von Rebellen gehaltene Stadthälfte niedergingen.
Heute ist wenige Dutzend Kilometer weiter westlich, im Großraum Idlib,
tägliches Bombardement durch Regierungstruppen und die russische Luftwaffe
nun wieder Realität.
In Idlib und angrenzenden Gebieten in den Provinzen Hama und Aleppo spitzt
sich die Notlage zu. 18 medizinische Einrichtungen seien von Angriffen
getroffen worden, teilte das UN-Nothilfebüro Ocha am Wochenende mit. Auch
Schulen und Flüchtlingslager seien betroffen. Einige Hilfsorganisationen
haben aus Sorge um ihre Mitarbeiter bereits ihre Arbeit eingestellt.
Ende April hatte die syrische Regierung von Baschar al-Assad eine
[1][Offensive auf den Großraum Idlib] gestartet, der noch immer von
Anti-Assad-Kräften gehalten wird. Syriens Nordwesten ist eines der beiden
letzten großen Oppositionsgebiete des Landes. Im Nordosten haben kurdische
Kräfte eine Selbstverwaltung aufgebaut, setzen aber anders als die Rebellen
in Idlib nicht auf Konfrontation mit dem Regime. Die Kurden hoffen, sich
durch Verhandlungen mit Damaskus ein Autonomiegebiet innerhalb des
syrischen Staatsgebildes sichern zu können.
Die Assad-Regierung hat mehrfach klargestellt, dass sie sowohl die
Kurdengebiete als auch Idlib wieder unter ihre Kontrolle bringen will. Ob
das Regime, das zusammen mit der russischen Luftwaffe bislang vor allem die
Randgebiete des Rebellengebiets angreift, entschlossen ist, im Zuge der
aktuellen Offensive das gesamte Gebiet zurückzuerobern, ist allerdings
unklar. Nordöstlich des Rebellengebiets hält zudem die Türkei ein
Grenzgebiet besetzt.
## Begrenzte Fluchtmöglichkeiten
Beobachter warnen seit Monaten, dass eine Großoffensive auf Idlib fatale
Folgen hätte für die Zivilisten in dem Gebiet. „Wenn sie nicht (…) fliehen
können“, heißt es in einer Analyse der International Crisis Group, „werden
diese dicht besiedelten Gebiete ein Blutbad erleben.“ In Idlib leben rund
drei Millionen Menschen. Knapp die Hälfte wurde aus anderen Teilen Syriens
vertrieben.
In den vergangenen Jahren hat das Regime zudem im großen Maßstab
oppositionelle Kämpfer und deren Familien nach der Rückeroberung anderer
Gebiete gezielt nach Idlib umgesiedelt. Die jüngsten Kämpfe schlagen viele
nun erneut in die Flucht. Seit Ende April sind nach Ocha-Angaben mindestens
180.000 Menschen in den Randgebieten vor Angriffen geflohen. Die meisten
haben weiter nördlich innerhalb des Rebellengebiets Zuflucht gefunden. Doch
die Fluchtmöglichkeiten sind begrenzt: In die Regimegebiete, etwa nach
Aleppo, können die Menschen nicht fliehen und auch die nahegelegene Grenze
zur Türkei ist geschlossen.
In Idlib dominiert die [2][Islamistenmiliz Hai’at Tahrir al-Scham]. Sie hat
eine Gegenregierung aufgebaut und finanziert sich unter anderem durch
Einfuhrzölle und quasistaatliche Dienstleistungen wie Wasser- und
Elektrizitätsversorgung. Sie hat gemäßigte Rebellengruppen weitgehend
verdrängt und kontrolliert einen zentralen Grenzübergang zur Türkei sowie
zwei Hauptstraßen, die wichtige von der Regierung gehaltene Städte
miteinander verbinden. Die Gruppe, die großteils aus einheimischen
Dschihadisten besteht und sich weniger ideologisch gibt als der militärisch
besiegte „Islamische Staat“ (IS), hält am Ziel fest, das Assad-Regime durch
ein islamisches Staatswesen zu ersetzen.
Syrische regierungstreue Medien meldeten unterdessen am Wochenende, dass
die Luftabwehr im Süden des Landes mehrere Geschosse erfasst habe. Sie
seien aus Israel kommend in den syrischen Luftraum eingedrungen. Am Freitag
hatten Einwohner von Damaskus von lauten Einschlägen berichtet. Israel
greift regelmäßig Stützpunkte der Hisbollah oder Waffenlieferungen an die
libanesische Miliz an, die in Syrien aufseiten der Regierung und ihres
Verbündeten Iran aktiv ist.
19 May 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Jannis Hagmann
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Schwerpunkt Syrien
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Syrischer Bürgerkrieg
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