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# taz.de -- Wahl der Bezirksversammlungen: Unbekannte Kandidaten
> Bald werden die Hamburger Bezirksversammlungen neu gewählt. Es treten
> auch Direktkandidaten quasi aus der Nachbarschaft an. Aber wer kennt die
> schon?
Bild: Manche beschäftigen sich beim Wählen lieber mit sich selbst als mit den…
Hamburg taz | Als dieser Tage die Muster-Stimmzettel für die Wahl der
Bezirksversammlungen im Briefkasten gelandet sind, dürfte sich mancher am
Kopf gekratzt haben: Kenne ich einen von denen, die da auf den Listen
stehen? Und das umso mehr, als die Kandidaten für den ganzen Bezirk
vielleicht noch in der Zeitung auftauchen – aber die Kandidaten aus dem
Stadtteil?
Seit 2009 gibt es auch in den Bezirken Wahlkreise. Demnach können Wähler
fünf Stimmen auf die Kandidatenlisten der Parteien für den ganzen Bezirk
verteilen und fünf Stimmen auf die Kandidaten ihres Wahlkreises, der in
manchen Fällen nur einen Stadtteil umfasst. Die Stimmen können beliebig auf
die Kandidaten verteilt werden, sodass auch Kandidaten, die von den
Parteien auf hintere Listenplätze gesetzt wurden, nach vorne gewählt werden
können.
„Wir waren immer davon ausgegangen, dass es im Interesse der Parteien
liegen müsste, ihre Kandidaten bekannt zu machen“, sagt Angelika Gardiner,
die als damaliges Mitglied im Landesvorstand von Mehr Demokratie die
entsprechende Wahlrechtsänderung vorangetrieben hat. Die Praxis zeige
allerdings, dass die Parteien die Möglichkeit, Kandidaten nach vorne zu
wählen, torpedierten.
„Die vorne werden beworben, weil sich die Parteien ungern ihren Einfluss
auf die Zusammensetzung der Wahllisten nehmen lassen“, sagt Gardiner. Bei
den Bürgerschaftswahlen habe es quer durch alle Parteien sogenannte
Fairnessabkommen gegeben. Diese sollten verhindern, dass Kandidaten auf
hinteren Plätzen auf eigene Rechnung Wahlkampf und damit die Liste obsolet
machten.
Petra Bödeker-Schoemann, die auf Platz eins der Grünen im Wahlkreis 4 –
Bahrenfeld West/ Groß Flottbek/Othmarschen – kandidiert, ist nicht
besonders glücklich mit den Wahlkreisen. „Das Volk wollte es so“, sagt sie.
Dabei bemühten sich die Parteien ja, auf ihren Listen einen ausgewogenen
Mix anzubieten.
Es sei schwierig, die vielen Kandidaten, die das System erfordere, bekannt
zu machen. Bödeker-Schoemanns Einschätzung nach spielen die
Wahlkreiskandidaten in den Bezirken keine Rolle. „Ich glaube sogar, dass
die wenigsten Wähler die Frage, wer ihr Bürgerschaftsabgeordneter sei,
beantworten könnten.“
Auch Eva-Luise Schmuckall, die im gleichen Wahlkreis auf Platz drei für die
CDU kandidiert, sieht keinen Sinn darin, auf eigene Faust Wahlkampf zu
machen. „Von mir gibt es keine Plakate und auch keine Flyer“, sagt sie. Es
sei sinnvoller, wenn alle die Kandidaten unterstützten, die oben auf der
Liste stehen.
Für Schmuckall wie für Bödeker-Schoemann heißt das, dass sie natürlich
Straßenwahlkampf machen, etwa indem sie regelmäßig auf Wochenmärkten
stehen. Das Gleiche gilt für den Altonaer SPD-Abgeordneten Andreas Bernau.
„Mittlerweile hat sich das so eingebürgert, dass sich die Leute einen
Waschzettel schreiben, bevor sie zu mir kommen“, erzählt er.
## Der Beruf als Orientierung
Zwar wirbt auch die SPD nur für die beiden obersten Kandidaten auf ihrer
Bezirksliste. Deren Reihenfolge werde von den Parteimitgliedern festgelegt.
„Wenn ein Kandidat auf Platz sieben sagt, er will mit mir am Infostand
stehen, habe ich damit kein Problem“, sagt Bernau.
Woran orientiert sich ein Wähler, wenn er den Kandidaten nicht kennt? Der
Beruf scheint dabei so wichtig zu sein, dass sich ein Bürgerschaftskandidat
nach einem kurzen Intensivkurs kurzerhand zum „Sanitäter“ machte, weil
Gesundheitsberufe gut ankommen.
Am relevantesten dürfte die Kandidatenauswahl für Leute sein, die schon mit
der Politik im Clinch waren. „Wenn ich die Partei gut finde und durch
Kumulieren die Reihenfolge verändern kann, finde ich das gut“, sagt Hanna
Rohmeyer, die sich in der Initiative Bahrio 68 gegen eine Hof-Bebauung
engagiert.
7 May 2019
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Wahlen
Bezirksversammlung
Demokratie
Hamburg
Politiker
Grüne Hamburg
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