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# taz.de -- Debatte um neues Wahlrecht in Hamburg: So viele Kreuze
> Eine historisch niedrige Wahlbeteiligung und ein Rekord bei den
> ungültigen Stimmen sorgen für Debatten über das neue Wahlrecht. Sind 20
> Stimmen zu viel für einen Teil der potenziellen Wählerschaft?
Bild: Viel Andrang und trotzdem wenig gültige Stimmen: Hamburger Wahllokal am …
HAMBURG taz | Wer die Sieger der Hamburger Bürgerschaftswahl am Sonntag
sind, das steht fest: Olaf Scholz hat in der Bürgerschaft die absolute
Mehrheit für die SPD in ihrer einstigen Hochburg zurückerobert. Als zweiter
Sieger darf sich die FDP fühlen, weil sie nach bitteren Jahren in der
außerparlamentarischen Opposition den Einzug ins Rathaus schaffte.
Ob es nicht neben der CDU noch einen ganz großen Verlierer der Wahl gibt,
ist am Tag danach heiß umstritten. Viele meinen, dass das komplexe
Wahlrecht der Demokratie geschadet habe, statt sie wie geplant zu stärken.
Das erste Indiz ist die historisch geringe Wahlbeteiligung, das zweite die
überraschend große Zahl an ungültigen Stimmen.
Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag bei nur noch rund 57 Prozent. Vor drei
Jahren betrug sie noch 63,5 Prozent, 2004 lag sie bei 68,7 Prozent: Dieser
Trend ist eindeutig absteigend. Zugleich schoss die Zahl der ungültigen
Stimmen von 1,0 Prozent (2008) auf jetzt 3,4 Prozent in die Höhe, im Jahr
2004 hatte sie jedoch bei 1,3 Prozent gelegen: Dieser Trend ist also nicht
ganz so linear.
Deutlich jedoch: Nach dem vorläufigen Ergebnis ist die Zahl ungültiger
Landeslisten-Wahlzettel auf fast 24.000 gestiegen, etwa drei mal so viele
wie 2008 mit rund 7.700. Die Ergebnisse ließen sich wegen der
unterschiedlichen Wahlsysteme nicht vergleichen, sagte Landeswahlleiter
Willi Beiß. 2008 gab es nur eine Zweitstimme, 2011 waren es fünf.
Hamburgs Wahlrecht war nach einem Volksentscheid und jahrelangem Streit
zunächst 2007 geändert worden. Fortan gab es eine Stimme für die
Landesliste und fünf für Direktkandidaten in den Wahlkreisen.
Nach einem weiteren Volksbegehren einigten sich Politiker und die
Bürgerinitiative "Mehr Demokratie" 2009 darauf, den WählerInnen noch mehr
Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Parlamente zu geben.
Jetzt haben die HamburgerInnen zehn Stimmen: fünf für die Parteilisten, die
sie zwischen den Parteien oder mehreren KandidatInnen unterschiedlicher
Parteien verteilen können, und fünf Stimmen für Wahlkreis-KandidatInnen
einer oder mehrerer Parteien. Da am Sonntag zugleich auch die sieben
Bezirksversammlungen neu gewählt wurden, kamen bis zu 20 Kreuze zusammen.
"Fraglos ist das neue Wahlrecht kompliziert", findet Hamburgs ehemaliger
SPD-Bürgermeister Hans-Ulrich Klose. Das Wahlergebnis müsse genau daraufhin
untersucht werden, ob die Zahl der durch das neue Wahlrecht verunsicherten
Nichtwähler erheblich gestiegen sei.
Das Wahlrecht "wird sich einspielen", glaubt hingegen die Initiative "Mehr
Demokratie". Der Anstieg ungültiger Stimmen liege "im Rahmen und sollte
nicht zu voreiligen Schlüssen verleiten", heißt es in einer
Pressemitteilung.
Zum einen sei wegen der vorgezogenen Neuwahl die Vorbereitungszeit auf das
geänderte Wahlrecht sehr kurz. Zudem fänden künftig die Bezirkswahlen nicht
mehr zusammen mit der Bürgerschaftswahl statt, sondern alle fünf Jahre
zusammen mit den Wahlen zum EU-Parlament. Dadurch würden die Wahlen
"übersichtlicher".
Grund in die Debatte bringen soll eine Studie im Auftrag der Hamburger
Bürgerschaft. "Dabei soll auch untersucht werden, ob sich das neue
Wahlrecht auf die Wahlbeteiligung ausgewirkt hat", sagte
Bürgerschaftssprecher Marco Wiesner. Ergebnisse sollen im Juni vorliegen.
21 Feb 2011
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
Sven-Michael Veit
## TAGS
Bezirkswahlen Hamburg
Wahlen
Wahlkampf
Hamburg
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