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# taz.de -- Wahlen in den Hamburger Bezirken: Jedes Prozent zählt
> Am Sonntag werden die sieben Bezirksversammlungen neu gewählt. In Altona
> und Nord droht der SPD die Opposition, Grüne und CDU üben schon für
> Grün-Schwarz in Hamburg.
Bild: Prozente spielen bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen eine wichtige…
Hamburg taz | Der Probelauf findet am kommenden Sonntag statt. Bei den
Wahlen zu den sieben Hamburger Bezirksversammlungen wird die Belastbarkeit
der hansestädtischen Parteien im Hinblick auf die nachfolgende
Bürgerschaftswahl neun Monate später einem ersten Test unterzogen. Die
Ergebnisse könnten lauten: Zwei neue und erstmals grüne Bezirksamtsleiter,
Grün-Schwarz in Altona, Jamaika in Nord – und im Februar nächsten Jahres
erblickt auch im Hamburger Rathaus eine grün-schwarze Koalition das Licht
der hanseatischen Welt.
Inhaltlich geht es in allen Bezirken – mit unterschiedlichen
Akzentuierungen – vor allem um bezahlbares Wohnen und die Verkehrswende, da
gibt es keine großen Unterschiede. Weitere Konfliktfelder vor Ort sind der
Hafen (Bezirk Mitte), Fluglärm durch den Airport (Bezirke Eimsbüttel und
Nord) oder der Bau der S4 (Bezirk Wandsbek).
## Bezirk Altona
In Hamburgs wildem Westen herrscht Wechselstimmung. In der SPD geht die
Angst um, dass ihr wie schon 2004 der grüne Koalitionspartner abhanden
kommen wird. Damals waren [1][Grüne und CDU eine Zusammenarbeit]
eingegangen und das würden sie wieder tun, wenn es rechnerisch möglich ist.
Das dürfte auch so eintreten. Denn zu erwarten ist, dass die Grünen
(Bezirkswahl 2014: 22,1 Prozent) deutlich zulegen und womöglich stärkste
Fraktion werden. Die CDU (23,3 %) könnte sogar die SPD (30,0 %) überholen,
der landesweit wie auch im Bezirk Verluste drohen.
Im Ergebnis könnten die Grünen mit Unterstützung des Juniorpartners CDU die
neue Bezirksamtsleitung stellen, wenn [2][Amtsinhaberin Liane Melzer] (SPD)
im August ausscheidet: Das wäre eine Versuchung, der sie nicht widerstehen
würden. Die starke Linke (14,0 %) kommt als Bündnispartner nicht infrage,
die FDP wird nicht gebraucht werden und die AfD ist ohnehin außen vor.
## Bezirk Nord
Im Norden Hamburgs rollen nicht nur Steine, sondern auch Köpfe. Durch die
anhaltende [3][Affäre um Freikarten für das Konzert der Rolling Stones] im
September 2017 im Stadtpark ist die Bezirks-SPD arg belastet.
Ex-Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD) schied Ende Juni 2018 aus, seine
gewählte Nachfolgerin, Sozialdezernentin Yvonne Nische (SPD), musste auf
ihr Amt verzichten: Der Chefposten ist vakant.
Auch hier dürften die gebeutelten Sozialdemokraten (2014: 33,9 %) sich am
26. Mai eine herbe Klatsche abholen. Grüne (21,1 %) und CDU (23,7 %) werden
von dem Skandal profitieren, eine grün-schwarze Koalition oder notfalls ein
Jamaika-Bündnis unter Einschluss der FDP sind die beiden wahrscheinlichsten
Resultate. Für Linke und AfD bleibt die Opposition – an der Seite der SPD.
## Bezirk Mitte
Offen ist die Lage im Zentrum der Stadt. Hier regiert Rot-Grün durchaus
nicht konfliktfrei, auch bei den Grünen rumort es. Der langjährige
Fraktionschef Michael Osterburg hat nach internen Querelen auf die
Spitzenkandidatur verzichtet, starke Frau ist jetzt die Kreisvorsitzende
[4][Sonja Lattwesen]. Und die ist nicht auf die SPD festgelegt und schließt
Gespräche auch mit CDU und FDP nicht aus.
Wahrscheinlich ist jedoch, dass auch künftig an der hier traditionell
starken SPD (2014: 37,0 %) kein Weg vorbeigehen wird. CDU (18,5 %) und
Grüne (18,1 %) dürften selbst bei Zugewinnen und unter Einschluss der FDP
(2,3 %) keine Mehrheit erreichen können, ein Bündnis mit der Linken (14,1
%) ist ausgeschlossen. Also wird es wohl bei Rot-Grün bleiben,
Bezirksamtsleiter [5][Falko Droßmann] (SPD), bis 2022 gewählt, muss sich
keine Sorgen machen.
## Bezirk Eimsbüttel
Hier ist die Lage ähnlich. Das rot-grüne Bündnis gilt als stabil,
Bezirksamtsleiter [6][Kay Gätgens] (SPD) wurde erst vor zwei Jahren ins Amt
gewählt, eine Begründung für einen Rausschmiss ist nicht in Sicht. Also
wird es wohl bei Rot-Grün bleiben, wenn auch die Gewichte zwischen SPD
(2014: 33,3 %) und Grünen (23,1 %) sich intern verschieben dürften. Für CDU
(22,7 %) und Linke (9,8 %) bleibt nur die Opposition an der Seite von FDP
(4,5 %) und AfD (3,9 %).
## Bezirk Wandsbek
Der größte und bevölkerungsreichste Bezirk Hamburgs ist auch der [7][sozial
gespaltenste]. Der Kontrast zwischen den Villenvierteln in den Walddörfern
und den armen Viertel wie Jenfeld und Steilshoop ist ausgeprägt. Und so
haben hier traditionell SPD (2014: 37,9 %) und CDU (29,3 %) ihre
Hochburgen. Rote Verluste dürften aber durch grüne Zugewinne (13,2 %) mehr
als ausgeglichen werden: Rot-Grün regiert weiter und [8][Thomas Ritzenhoff]
(SPD), noch für vier Jahre gewählt, darf im Amt bleiben.
## Bezirk Bergedorf
Anders gehen die Uhren seit Langem in Hamburgs dünnbesiedelstem Bezirk
Bergedorf. Koalitionen sind die Ausnahme, zumeist wird mit wechselnden
Mehrheiten regiert. Nur wenn es um die Besetzung der Bezirksamtsleitung
geht – [9][Arne Dornquast] (SPD) ist bis 2023 gewählt – werden Bündnisse
geschmiedet. Daran dürfte sich auch nach der Wahl nichts ändern. Die SPD
(2014: 39,3 %) wird stärkste Partei vor der CDU (28,5 %) bleiben, die
Grünen weiter auf dem dritten Platz (12,3 %) rangieren, sowie Linke (9,2
%), AfD (4,5 %) und FDP (2,2 %) nur untergeordnete Rollen spielen.
## Bezirk Harburg
Ungleich lebhafter geht es südlich der Elbe zu. In der traditionellen
SPD-Hochburg Harburg gab es schon zwei schwarz-grüne und ein rot-schwarzes
Bündnis. Das platzte 2018 an der Frage der Bezirksamtsleitung, schließlich
wählten SPD, Grüne und Linke [10][Sophie Fredenhagen] (SPD) ins Amt, ohne
eine förmliche Koalition einzugehen.
Das Regieren mit wechselnden Mehrheiten könnte sich fortsetzen, auch wenn
es für SPD (2014: 38,6 %) und Grüne (13,5 %) zur Mehrheit reichen sollte.
Die CDU (26,6 %) würde im Bündnisfall nicht gebraucht, Linke (8,9 %), AfD
(6,0 %) und FDP (4,4 %) ebenfalls nicht.
## Hamburg
Für die Landespolitik wird die Bezirkswahl wichtige Hinweise liefern,
inwiefern sich die Gewichte im Rathaus bei der Bürgerschaftswahl am 23.
Februar 2020 verschieben. Eine [11][Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
Infratest dimap] im Auftrag des NDR kam Ende Februar für die SPD auf 31
Prozent (2015: 45,6 %). Die Grünen legen um 9,7 Punkte auf 22 Prozent zu.
Die CDU käme auf 17 Prozent (+1,1 %), die Linken auf 10 Prozent (+1,5 %),
FDP und AfD auf jeweils 8 Prozent – nach 7,4 beziehungsweise 6,1 Prozent
2015.
Danach hätte Rot-Grün weiter eine Mehrheit; sollte es aber auch für Jamaika
reichen, könnten die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin [12][Katharina
Fegebank] die erste Erste Bürgermeisterin Hamburgs stellen.
Auch dieser Versuchung dürften sie – nach erfolgreichen Probeläufen in den
Bezirken Altona und Nord – kaum widerstehen können.
20 May 2019
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/hamburg-das-schwarz-gruene-gespe…
[2] https://www.hamburg.de/altona/bezirksamtsleitung/
[3] /Rolling-Stones-Affaere-weitet-sich-aus/!5593331/
[4] https://www.gruenemitte.com/kreisverband/kreisvorstand/sonja-lattwesen/
[5] https://www.hamburg.de/mitte/bezirksamtsleitung/
[6] https://www.hamburg.de/eimsbuettel/eimsbuettel-bezirksamtsleitung/9526014/b…
[7] http://www.linksfraktion-wandsbek.de/2016/10/13/ekz-steilshoop-stadt-muss-h…
[8] https://www.hamburg.de/wandsbek/bezirksamtsleitung/
[9] https://www.hamburg.de/bergedorf/bezirksamt-und-service/77486/bezirksamtsle…
[10] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Neue-Chefin-fuer-Bezirk-Harburg-gew…
[11] https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundeslaender/hamburg/lae…
[12] https://www.gruene-hamburg.de/person/katharina-fegebank/
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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