Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Festivalempfehlung für Berlin: Extra breit aufgestellt
> Beim XJazz-Festival sind neben etablierten Namen wie Kate Tempest oder
> Max Herre sind auch wieder viele Newcomer*innen angekündigt.
Bild: Liebe zu Jazz und elektronischer Musik: Sepalott Quartett (11. Mai, Priva…
Seit ein paar Jahren boomt auf den Tanzflächen der Stadt das Jazzrevival –
auch und gerade unter ganz jungen Leuten. Nicht nur im Kontext von HipHop
oder der Elektronik, sondern in allen möglichen Zusammenhängen. Auch in
seinen eher traditionellen Formen wird Jazz von neuen Publikumsschichten
abgefeiert – man denke nur an die Erfolgsgeschichte von [1][Kamasi
Washington].
Als [2][XJazz], das umfänglich größte der hiesigen Jazzfestivals, vor fünf
Jahren zum ersten Mal stattfand, war man dagegen noch gut beraten, die
Variable X vor das Genre zu setzen. Nicht zuletzt, um sich all jene, die
sich als Gralshüter des Genres verstehen – und davon gibt es immer noch so
einige – vom Hals zu halten. Was der/die eine/r feiert, darüber regt sich
ein/e andere/r auf: Das ist doch gar kein Jazz mehr! Eine so alte wie
unfruchtbare Diskussion.
Dass die in der Regel wenig Interessantes hervorbringt, ist nicht der
einzige Grund dafür, dass man auf dem XJazz-Festival mit eher großem Herzen
an die Programmgestaltung geht. „Wir halten den Begriff absichtlich so
weit, weil das widerspiegelt, was in der Musik selbst abgeht“, so Sebastian
Studnitzky, einer der Kuratoren.
Zusammen mit Florian Burger, Ulla Binder, Murat Sezgi und Daniel Best ist
er für das eklektische Programm verantwortlich, entlang dessen man sich
auch dieses Jahr wieder fünf Tage durch Kreuzberger Spielstätten treiben
lassen kann, ganz fußläufig zwischen dem Kottbusser und dem Schlesischen
Tor.
Etablierte Namen wie die Rapperin [3][Kate Tempest] oder der ebenfalls aus
dem HipHop kommende [4][Max Herre] spielen bei XJazz neben Newcomern wie
etwa dem mit zwei Schlagzeugern druckvoll auftretenden Ensemble
[5][Wanubalé] aus Berlin und Potsdam, das aber zugleich ein Händchen für
überraschende Arrangements hat. Oder dem Münchener Trio LBT, das Minimal
Techno auf akustischen Instrumenten spielt.
Studnitzky konkretisiert, was er meint: „Was den Jazz der Gegenwart
ausmacht, ist, dass die meisten Musiker sehr breit aufgestellt sind. Da ist
es nicht ungewöhnlich, dass jemand dienstags in einer Avantgarde-Band
spielt, mittwochs mit einem DJ auftritt und am Donnerstag dann mit einer
Bläserensemble spielt.“ Auch wegen dieser Durchmischung der Szenen sei
Berlin derzeit eine „absolut gute Stadt“ für jungen Jazz.
Studnitzky ist nicht nur Kurator, sondern selbst Musiker. Unter anderem
unterrichtet er Trompete am international ausgerichteten Jazz-Institut
Berlin. Auf dem Weg kriegt er mit, was 18- oder 20-jährige Musiker
heutzutage an dem Genre, aber auch ganz allgemein an der Musikstadt Berlin
reizt. „Es gibt hier eine starke elektronische Szene, dazu viel Avantgarde
und außerdem klassische Musiker, die auf unfassbar hohem Niveau spielen.“
Zudem gebe es viele Orte für Hipster-Jazz. Mit Letzterem meint er das, was
die eingangs erwähnten jungen Leute anzieht, die in die Clubs strömen. Da
gebe es „erstaunliche Medienphänomene“, die Fans werden auf ganz neuen
Kanälen angesprochen, als das früher der Fall war. „Plötzlich tauchen junge
Leute auf eher klassischen Konzerten auf, die noch nie von [6][John
Coltrane] gehört haben.“
Weil die Stadt ein solcher Schmelztiegel ist, stellen die Festivalmacher
bewusst das Berliner Musikschaffen in den Fokus – auch wenn das Line-up
ziemlich international daherkommt. „Es gibt einige Acts, die international
wirken, aber derzeit in Berlin wohnen. Oder hier zumindest ein Album
aufgenommen haben.“
Exemplarisch für die Bandbreite dessen, was bei XJazz zu erleben ist, ist
etwa der Freitag. Da gibt es zu früher Stunde einen Auftritt der
mittlerweile fast 90-jährigen Legende [7][Rolf Kühn]. Der Klarinettist ging
Mitte der 1950er Jahre für sechs Jahre nach New York, um von den Großen zu
lernen. Später spielte er unter anderem im Orchester des RIAS; in sein
eigenes kompositorisches Schaffen integrierte er den Mainstream ebenso wie
Free Jazz.
Seine Neugierde hat er sich bis heute erhalten. Nach einem eher
avantgardistischen Auftritt bei XJazz im vorletzten Jahr, will er es
diesmal standardorientierter angehen lassen. Unterstützt wird er von dem
Pianisten Frank Chastenier, der Bassistin Lisa Wulff und dem
Perkussionisten Tupac Mantilla, mit denen er auch sein aktuelles Album
„Yellow + Blue“ eingespielt hat.
Nach diesem Auftritt kann man entscheiden, wie es weitergehen soll, mit
Abseitigem oder eher Etabliertem. Letzteres gibt es im Prince Charles in
Gestalt des elektroakustischen Jazz-Techno-Trios [8][Brandt Brauer Frick] –
wobei der Begriff „etabliert“ eigentlich in die falsche Richtung weist.
Gemütlich machen es sich die drei nämlich keineswegs.
Ihr fünftes Album, „Echo“, das Ende Mai erscheinen wird, strahlt mit einer
komplex-verstolperten Rhythmik etwas Nervöses und ziemlich Faszinierendes
aus. Fast klingt es, also wollten BBF mittlerweile den Konsens aufrütteln,
den sie mit ihren frühen Erkundungen an der Schnittmenge von Elektronik und
Klassik etabliert hatten.
Richtig experimentell wird es fast gleichzeitig im Bi Nuu, mit der der
Improvisation zugeneigten Performanceband [9][The Liz]. Die besteht aus der
Trompeterin Liz Allbee, Liz Kosack am Synthesizer und Korhan Liz Erel, der
für die Elektronik zuständig ist. Alle drei sind auch in diversen Projekten
unterwegs, haben also eine Menge Erfahrung, wie man weirde Ideen in Musik
übersetzt.
So oder so: Man wird auch in diesem Jahr bei XJazz wieder abenteuerliche
Musikabende erleben können. Einfach treiben lassen.
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
3 May 2019
## LINKS
[1] /Neues-Album-von-Kamasi-Washington/!5512313/
[2] http://www.xjazz.net/
[3] https://www.katetempest.co.uk/
[4] https://www.maxherre.de/
[5] http://wanubale.com/
[6] /!5519263/
[7] http://www.rolf-kuehn.de/
[8] http://www.brandtbrauerfrick.de/
[9] https://korhanerel.com/projects/the-liz/
## AUTOREN
Stephanie Grimm
## TAGS
Jazz
elektronische Musik
Pop
Festival
Kolumne Durch die Nacht
Kate Tempest
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne „ Durch die Nacht“: Jazz ist immer noch das neue Ding
DJs haben ausgedient: Die Berliner Jazzwoche feiert vom 24. bis zum 30.
Juni Premiere. Und auch sonst gibt es immer und überall Jazz in der Stadt.
Neues Album von Kate Tempest: Worte, Fallen und Lektionen
Kate Tempest veröffentlicht ihr neues Album „The Book of Traps and
Lessons“. Die Britin entfernt sich damit noch ein Stück weiter von ihren
HipHop-Wurzeln.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.