# taz.de -- Politischer Umsturz in Sudan: Chef des Militärrats tritt zurück | |
> Die Militärmachthaber wollen die Regierung bald an zivile Kräfte | |
> übergeben. Bis dahin soll General Abdel Fattah al-Burhan regieren. | |
Bild: Menschen feiern vor dem Hauptquartier der sudanesischen Armee in Khartum | |
Khartum afp | Nur einen Tag nach dem Sturz [1][des langjährigen Staatschefs | |
Omar al-Baschir] ist der Präsident des neu gegründeten Militärrats im Sudan | |
wieder zurückgetreten. Der ehemalige Verteidigungsminister Awad Ibn Ouf | |
ernannte am Freitag in einer Fernsehansprache den General Abdel Fattah | |
al-Burhan zu seinem Nachfolger. Die neuen Machthaber versicherten, die | |
Macht bald an eine zivile Regierung abzugeben. Auf den Straßen der | |
Hauptstadt Khartum brach Jubel aus. | |
Der seit drei Jahrzehnten autoritär herrschende Staatschef Baschir war am | |
Donnerstag [2][nach monatelangen Massenprotesten] vom Militär gestürzt | |
worden. Für eine Übergangszeit von zwei Jahren wurde dann aber ein | |
Militärrat eingesetzt, mit Verteidigungsminister Ibn Ouf an der Spitze. | |
Auch der Leiter des gefürchteten sudanesischen Geheimdienstes ist | |
zurückgetreten. Der Chef des Militärrats habe die Abdankung von Salih | |
Ghosch angenommen, erklärte die neue Führung des Landes am Samstag. Ghosch | |
hatte in den vergangenen Monaten das brutale Vorgehen des Nationalen | |
Geheim- und Sicherheitsdienstes (Niss) gegen die Proteste in dem | |
ostafrikanischen Land beaufsichtigt. Dutzende Demonstranten wurden getötet, | |
tausende Aktivisten, Oppositionelle und Journalisten wurden festgenommen. | |
Der neue Militärführer des Landes kündigte denn auch die Freilassung der | |
politischen Gefangenen an, die in den vergangenen Monaten bei Protesten | |
gegen Baschir verhaftet worden waren. Zudem versprach Militärratschef Abdel | |
Fattah al-Burhan am Samstag in einer Fernsehansprache, den Machtapparat des | |
gestürzten Baschir „mit der Wurzel auszurotten“. | |
Die Verantwortlichen für den Tod von Demonstranten bei den Protesten | |
sollten vor Gericht gestellt werden, kündigte al-Burhan an. Die nächtliche | |
Ausgangssperre werde aufgehoben. | |
Die Anführer der Proteste gegen Baschir lehnten den „Militärputsch“ ab und | |
riefen zu weiteren Demonstrationen auf. Auch am Freitag versammelten sich | |
wieder zehntausende Menschen vor dem Armee-Hauptquartier in Khartum und | |
demonstrierten für eine zivile Übergangsregierung. | |
Am Abend kündigte Ibn Ouf dann in einer Fernsehansprache an: „Hiermit | |
erklärte ich meinen Rücktritt als Chef des Übergangsmilitärrates.“ Auch | |
sein Stellvertreter, Generalstabschef Kamal Abdelmaruf, wurde demnach von | |
seinem Posten entlassen. Ibn Ouf sagte, er vertraue in die „Erfahrung und | |
Eignung“ seines Nachfolgers Abdulrahman, „um dieses Schiff an ein sicheres | |
Ufer zu bringen“. | |
## 16 Menschen getötet, 20 verletzt | |
Anführer der Anti-Baschir-Proteste bezeichneten Ibn Oufs Rücktritt als | |
einen „Sieg“ für das Volk. Der Berufsverband SPA, der sich an die Spitze | |
der Protestbewegung gestellt hatte, forderte Abdulrahman aber auf, „die | |
Macht des Militärrates an eine zivile Übergangsregierung zu übergeben“. | |
Andernfalls werde der „Sitzstreik“ vor dem Armee-Hauptquartier in Khartum | |
und in anderen Städten weitergehen. | |
Schon vor der Rücktrittsankündigung Ibn Oufs hatte die Militärführung | |
versprochen, die Macht bald an eine zivile Regierung abzugeben. „Das ist | |
kein Militärputsch“, sagte der General Omar Sain al-Abdin bei einem Treffen | |
mit arabischen und afrikanischen Diplomaten. Das Militär habe sich „auf die | |
Seite des Volkes“ gestellt. | |
Al-Abdin kündigte zudem einen „Dialog mit politischen Parteien“ und die | |
Einsetzung einer „zivilen Regierung“ an. In die „Zusammensetzung“ dieser | |
Regierung werde sich der Militärrat nicht einmischen. | |
Am Freitag hatten sich trotz einer nächtlichen Ausgangssperre wieder | |
zehntausende Männer und Frauen vor dem Armee-Hauptquartier versammelt. „Das | |
Blut unserer Brüder darf nicht vergeblich geflossen sein“, sagte ein | |
Demonstrant der Nachrichtenagentur AFP. Nach Polizeiangaben wurden bei den | |
Protesten in den vergangenen zwei Tagen 16 Menschen durch „scharfe | |
Munition“ getötet und 20 weitere verletzt. Das sudanesische Ärztekomitee | |
bestätigte die Zahlen am Samstag. Die Getöteten seien Regierungstruppen und | |
Milizen zum Opfer gefallen. | |
## Keine Auslieferung al-Baschirs | |
Der UN-Sicherheitsrat beschäftigte sich am Freitag in einer | |
Dringlichkeitssitzung mit der Situation im Sudan, verzichtete aber nach | |
einstündiger Beratung auf eine Erklärung. Es handele sich um eine „interne | |
Angelegenheit“ des Sudans, sagte der UN-Botschafter Kuwaits, Mansur | |
al-Otaibi. | |
Der sudanesische UN-Botschafter Jasir Abdelsalam hatte im Sicherheitsrat | |
versichert, dass der Militärrat sich damit zufriedengeben werde, „der | |
Garant einer zivilen Regierung zu sein“. Die Übergangszeit von zwei Jahren | |
könne je nach Entwicklung auch verkürzt werden, sagte er. | |
Der Militärrat bat unterdessen die Nachbarländer um finanzielle Hilfe. | |
[3][Der Sudan] benötige „Spenden“, um die wirtschaftlichen Probleme in den | |
Griff zu bekommen, die zu den Protesten gegen Baschir geführt hätten, sagte | |
General al-Abdin. Treibstoff und Mehl seien in dem Land knapp. | |
Baschir hatte sich 1989 mithilfe von Islamisten an die Macht geputscht. | |
Seitdem regierte er das ostafrikanische Land mit harter Hand. Gegen ihn | |
besteht seit Jahren ein internationaler Haftbefehl wegen Völkermordes. In | |
der Provinz Darfur wurden nach UN-Angaben seit dem Jahr 2003 im Konflikt | |
zwischen Regierung und Rebellen 300.000 Menschen getötet. Eine Auslieferung | |
al-Baschirs lehnen die neuen Machthaber jedoch ab. | |
13 Apr 2019 | |
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