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# taz.de -- Neues Album von Chupame El Dedo: Ein Furz bringt den Barbaren zu Fa…
> Das Duo Chupame El Dedo aus Kolumbien hat ein Faible für den Teufel und
> vereint in seinem satanischen Sound das Beste aus Cumbia, Metal und
> Grindcore.
Bild: Olà Presidente: Chupame El Dedo machen keine Gefangenen
Dass ihre Musik mit schwarzem Humor operiert, verrät schon der Albumtitel:
„No te metas con Satan“ heißt das neue Werk von Chupame El Dedo. „Leg di…
nicht mit dem Teufel an“ tauft eine kolumbianischen Band ihr Werk, die sich
„Lutsch mir den Daumen“ nennt. Ihre Songs heißen „Peos“ („Fürze“)…
duele“ („Ich habe Schmerzen“) und formen ein Konzeptalbum, auf dem uns der
Beelzebub in vielerlei Gestalt entgegentritt.
Chupame El Dedo ist ein Projekt von Eblis Álvarez (Meridian Brothers,
Frente Cumbiero) und Pedro Ojeda (Romperayo, Frente Cumbiero, Ondatrópica).
Beide Größen in Bogotás an Bedeutung gewinnender Undergroundszene. Es
heißt, ein gemeinsames Konzert mit ihrer Spaßband Los Pirañas im Berliner
Haus der Kulturen der Welt habe dazu beigetragen, das sich Álvarez und
Ojeda 2014 erstmals als Duo für ein Album zusammengetan haben.
Als Chupame El Dedo reduzieren sie jedenfalls heimische Rhythmen wie Salsa,
Cumbia und Chicha auf ihr Grundgerüst, variieren gelegentlich ihr Tempo, um
sie mit Black-Metal- und Grindcore-Anklängen zu einer Art abstraktem
tropischem Metal zu verbinden. Álvarez’ Stimme ist auf dem zweiten Album so
weit hochgepitcht, dass sie wie das Organ eines einfachen Mädchens vom
Lande klingt. Den Gegenpart übernimmt Ojeda mit seiner tiefen Stimme. Zu
Álvarez’ trashigen Orgel- und Keyboard-Sounds und der wild galoppierenden
Perkussion von (vom Teufel gerittenen?) Ojeda ziehen sich ihre
Zwiegespräche durch das ganze Album.
## Und ab mit ihm ins Inferno
Der programmatische Titel „Metalero“ beginnt rasant, um dann melodisch die
Kurve zu „El Cumbanchero“ (in etwa: „Das Feierbiest“) zu nehmen – die
Komposition von Rafael Hernández aus Puerto Rico von 1946 gehört zu den
Klassikern der lateinamerikanischen Musik. „Alexandra Candelaria“, mit dem
die zweite Hälfte eröffnet wird, ist dagegen ein mehr als siebenminütiger
Höllenritt, bei dem ein unschuldiges Mädchen zu quietschenden
Keyboardsounds auf dem Weg zu einem Bullerengue-Fest auf den wahrhaftigen
Satan trifft – und ihm am Ende ins Inferno schickt.
Von Berlin aus betrachtet – und das sind immerhin 9.415 Kilometer
Entfernung nach Bogotá und gute 2.600 Meter Höhenunterschied – klingt das
einigermaßen bizarr; als hätte Eblis Álvarez mit dem Tropical Metal eine
neue Spielwiese gefunden, auf der er sich jetzt austobt. Álvarez, der
klassische Gitarre gelernt und in Dänemark Komposition und Elektronische
Musik studierte, hat ohnehin ein Faible für obskure Klänge und vergessene
Traditionen.
Das Meridian-Brothers-Album „Los Suicidas“ (2015) etwa war jenen
Hammond-Organisten Lateinamerikas gewidmet, die seit den 1960er Jahren
einen dem Easy Listening ähnlichen Ambient-Orgel-Cumbia kreierten (den
Álvarez allerdings zu einem „Un-Easy Listening“ weiterentwickelte). Am
vergangenes Jahr aufgelegten Debütalbum von San Francisco de Assis war
Álvarez auch beteiligt – eine Band, die von sich sagt, sich mache „falschen
Christen-Punk“.
## Die Ahnen beim Fastfood
Hier schließen Chupame El Dedo mit „No te metas con Satan“ an. Das
dahingerotzte „Amo a mi familia“ („Ich liebe meine Familie“) lässt sich
etwa als ironischer Kommentar zum Stellenwert der Blutsverwandtschaft
lesen. Während „Mi ancestro berraco“ ein wohl nicht ganz ernst gemeinter
Dialog beim Fastfood-Verzehr über die Kultur der Vorfahren ist, die es zu
pflegen gelte.
„Bolillo Cafre“ („Bolillo Barbar“) wiederum, mit dem das Album schließ…
spielt auf den umstrittenen Fußballtrainer „Bolillo“ Gómez an. Der war 20…
in die Schlagzeilen geraten, nachdem er eine Frau schwer geschlagen hatte.
Erst auf öffentlichen Druck legte er schließlich sein Amt als Coach der
kolumbianischen Nationalmannschaft nieder. Manchmal bringt es also doch
was, sich dem Teufel entgegenzustellen.
12 Apr 2019
## AUTOREN
Ole Schulz
## TAGS
Bogotá
Chupame El Dedo
Grindcumbia
Global Pop
Cumbia
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Brasilien
Rammstein
Musik
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