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# taz.de -- Wissenschaftsakademie über Schadstoffe: Kampf gegen Feinstaub vers…
> Nach den falschen Aussagen eines Lungenarztes ließ die Regierung
> Schadstoff-Grenzwerte überprüfen. Die Forscher fordern sogar eine
> Verschärfung.
Bild: Eher noch schlimmer als gedacht: Feinstaub
BERLIN taz | Dieser Schuss ging nach hinten los: In seiner umstrittenen
Stellungnahme, die [1][neben vielen falschen Aussagen auch mehrere
Rechenfehler enthielt], hatte Dieter Köhler Ende Januar gefordert, die
Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub auszusetzen, weil es dafür
„keine wissenschaftliche Begründung“ gebe.
Obwohl die Aussagen des pensionierten Lungenarztes in der Fachwelt sofort
auf breiten Widerspruch stießen, hatte die Bundesregierung sie zum Anlass
genommen, die Grenzwerte tatsächlich überprüfen zu lassen. Beauftragt damit
wurde die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
Am Dienstag hat diese [2][nun ihre Stellungnahme vorgelegt] – doch einer
Aufweichung der Grenzwerte erteilen die 20 beteiligten WissenschaftlerInnen
unterschiedlicher Fakultäten eine klare Absage. Während die ExpertInnen
beim Stickstoffdioxid empfehlen, den bestehenden Grenzwert von 40
Mikrogramm pro Kubikmeter Luft beizubehalten, fordern sie in ihrem Papier
beim Feinstaub eine „weitere Reduktion der Belastung“.
„Feinstaub bringt mehr Belastungen als bisher bekannt“, betonte Johannes
Lelieveld, Professor am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Doch bei
den feinsten Partikeln, die in die Lunge oder sogar die Arterien eindringen
können und unter anderem die Wahrscheinlichkeit von Herzinfarkten und
Lungenkrebs erhöhen, sind die EU-Grenzwerte doppelt so hoch wie die
Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Während Lelieveld bei der Vorstellung der Stellungnahme für eine Übernahme
der strengeren Grenzwerte in der EU plädierte, findet sich diese Forderung
im Papier nicht explizit. „Die Belastung muss runter“, sagte Martin Lohse,
Professor am Berliner Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin. Auf eine
„feste Empfehlung“, wie dies erreicht werden könne, habe die Arbeitsgruppe
(an der mit Sigmar Wittig, Professor am Karlsruher Institut für
Technologie, auch ein ehemaliger MAN-Aufsichtsrat beteiligt war) sich aber
nicht geeinigt.
## Berechnungen zu Todesfällen nicht zu beanstanden
Stattdessen fordern die WissenschaftlerInnen eine „bundesweite,
ressortübergreifende Strategie zur Luftreinhaltung, bei der „emissionsarme
Fahrzeuge im Bereich Elektromobilität“ eine wichtige Rolle spielen sollten.
Auch höhere Treibstoffpreise befürworten sie. Für wenig hilfreich halten
die ExpertInnen dagegen „kleinräumige“ Fahrverbote wie die Sperrung
einzelner Straßen für Dieselfahrzeuge, weil dies den Verkehr nur
verlagerte, nicht aber die Emissionen insgesamt reduzierte. Großflächige
Beschränkungen wie die in vielen Städten eingeführten Umweltzonen hätten
sich in der Vergangenheit hingegen positiv auf die Luftqualität ausgewirkt.
Klar zurückgewiesen wurden auch andere Kritikpunkte, die in letzter Zeit
immer wieder geäußert worden waren. So seien die statistischen Berechnungen
zu vorzeitigen Todesfällen und verlorenen Lebensjahren durch
Luftverschmutzung nicht zu beanstanden, heißt es in der Stellungnahme. Es
sei „wissenschaftlicher Konsens“, dass diese Berechnung eine „vielfach
bewährte Methode ist, um unterschiedliche Risikofaktoren in ihrer
Auswirkung auf die Bevölkerung zu vergleichen“. Auch die Aufstellung der
Messstationen sei insgesamt nicht zu beanstanden, heißt es in dem Papier.
Die Grünen werteten die Forderungen als Niederlage für CSU-Verkehrsminister
Andreas Scheuer. „Seiner populistischen Kampagne gegen die Grenzwerte für
saubere Luft entzieht die Leopoldina den Boden“, sagte Fraktionschef Anton
Hofreiter. Der Minister selbst sieht das ganz anders. „Die Leopoldina
bestätigt unsere Strategie“, erklärte er mit Verweis auf die Förderung der
Elektromobilität.
9 Apr 2019
## LINKS
[1] /Falsche-Angaben-zu-Stickoxid/!5572843/
[2] https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2019_Stellungnahme_Sau…
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Feinstaub
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Dieter Köhler
Leopoldina
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Luftverschmutzung
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