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# taz.de -- Social-Media-Beef nach TV-Kritik: Neue gegen alte Mediengeneration
> Comedian Enissa Amani wehrt sich gegen eine Kritik bei „Spiegel Online“ �…
> und keilt gegen die „Mächtigen“. Das Gezanke zeigt die neuen
> Verhältnisse.
Bild: „Tja ,wir' sind eben die neue Presse, nur mit mehr Reichweite“, sagt …
BERLIN taz | Man könnte den Streit zwischen Anja Rützel und Enissa Amani
als typische Hysterie in den sozialen Netzwerken abtun. Da wettert die eine
– Stand-up-Comedian und Influencerin Amani – gegen die andere –
Spiegel-Online-Journalistin Anja Rützel. Hunderte schalten sich ein, bei
Twitter, Facebook und Instagram, diskutieren, schimpfen, beleidigen,
ironisieren. Twitter, Ort der Hetze und Spaltung, schon klar. Man kann
diese Auseinandersetzung aber auch anders sehen – nämlich als Beispiel
dafür, was passiert, wenn die alte und die neue Mediengeneration
aufeinanderprallen.
Anja Rützel, freie Journalistin und Spezialistin für oft liebevolle Texte
übers Privatfernsehen, schrieb am Osterwochenende bei Spiegel Online eine
Kritik über eine [1][Preisverleihung für Instagrammer]. Dort hielt die
Comedian Enissa Amani eine Laudatio, in der sie vor allem über sich selbst
sprach. Sie könne es nicht ertragen, dass die „alteingesessene Presse“ den
Begriff Komiker verwende, statt Comedian. „Immer wenn ich diesen Begriff
höre, denke ich: Alter, ich schwöre, ich schmeiß alles hin, ich geh nach
Nicaragua und züchte Papayas oder so was.“
Anja Rützel fand die Pointe mäßig und schrieb, fettgedruckt: „Nur noch mal
zur Sicherheit: Komikerin.“
Das nahm der AfD-Politiker Andreas Winhart als Gelegenheit, Amani bei
Facebook aufzufordern, das Land zu verlassen – und im selben Zug Rützels
Text zu loben. Dazu muss man wissen: Amani und der AfD-Politiker sind seit
Längerem im Streit, weil Amani ein Lied gegen Winhart und die AfD
veröffentlicht hatte, woraufhin Winhart Amani anzeigte. Amani begleitet den
Streit seit Wochen bei Instagram, ihre Community spricht ihr Mut zu. Vor
diesem Hintergrund spielt der Streit mit Rützel.
Am Wochenende veröffentlichte Amani [2][eine Instastory], in der sie sich
über Rützels angeblich herablassenden Ton aufregt. Amani verbindet das mit
einer wirren Medienkritik: Der Spiegel habe mal einen anspruchsvollen Ruf
gehabt, inzwischen seien sich „alle Intellektuellen Deutschlands“ einig,
dass es „quasi ein Schrott Klatschblatt mit ein paar politischen Alibi
Themen“ sei. Nur noch die „Vorkriegsgeneration“ setze sich mit dem
„undifferenzierten Geschreibsel“ auseinander.
## „Menschen mit Reichweite“
Klingt so, als hielte sie Journalismus für überflüssig – zumindest für ih…
Altersgruppe. [3][Enissa Amani twitterte:] „Tja ,wir' sind eben die neue
Presse, nur mit mehr Reichweite.“
Wer dieses „wir“ ist, ließ sie offen. Stand-up Comedians und/oder
Influencer? Leute also, die ihr Geld unter anderem damit verdienen, im
Internet Werbung zu machen? Bei allem Respekt für Influencer und
Stand-up-Comedians – von Journalismus sind beide weit entfernt. Enissa
Amani mag lustig sein, ihre Instastorys mögen kritisch sein. Mit ihren
Posts gegen die AfD erreicht sie viele junge Leute, die wahrscheinlich kein
gedruckter Leitartikel (mehr) erreicht. Eine „neue Presse“ ist sie deswegen
aber nicht.
Amani hat den Tweet gelöscht und unterscheidet inzwischen zwischen Presse
und „Menschen mit Reichweite“. Womit sie ja gar nicht so falsch liegt:
Öffentlichkeit stellen längst nicht mehr nur klassische Medien her. Der
Schriftsteller, dessen Werk früher im Feuilleton verrissen wurde, konnte
sich nicht so laut wehren wie Influencer es heute können. Martin Walser
musste dafür noch eigens einen Roman schreiben.
Heute ist Amani längst nicht die Einzige, die dafür die sozialen Medien
nutzt. Im Sommer mobilisierte Capital Bra, der derzeit erfolgreichste
deutsche Rapper, seine Follower gegen einen Redakteur der Rheinischen Post.
Der Journalist hatte geschrieben, dass er den Hype um Capital Bra nicht
verstehe. Capital Bra [4][nannte den Journalisten daraufhin bei Instagram]
„hater aus Mönchengladbach“ und endete mit „ich gib dir was du brauchst�…
was als Gewaltaufruf verstanden wurde. Capital Bra hat drei Millionen
Follower auf Instagram, der Text aus der Rheinischen Post dürfte weniger
Leute erreicht haben.
Dass Leute wie Capital Bra oder Enissa Amani, die in den klassischen Medien
kaum vorkommen, mit den sozialen Medien groß werden und dort auf Kritik
reagieren können, hat ja auch etwas Demokratisches.
Nur steckt dahinter mitnichten das, als das Amani es verkauft: Sie wolle
„den Mächtigen“ die Stirn bieten, [5][schrieb sie am Montag]. „Die
Mächtigen“, das sind für sie Spiegel Online und die Bild. Da tönt eine Form
der Elitenkritik, die man sonst eher aus der rechten Ecke kennt. Allerdings
sind „die da oben“ und „wir hier unten“ eben nicht mehr so leicht
voneinander zu trennen, wenn man, wie Amani, bei Instagram über eine halbe
Million Menschen erreicht.
23 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/kultur/tv/about-you-awards-prosieben-show-in-der-tv-…
[2] https://twitter.com/aruetzel/status/1119852164275429377
[3] https://twitter.com/uniwave/status/1119955017891553282
[4] https://twitter.com/dalkowski/status/1027115723318013952?lang=de
[5] https://www.facebook.com/125147674358140/posts/1022074377998794?sfns=mo
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
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Stefan Raab
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