# taz.de -- Kommentar Sexuelle Belästigung: Arbeitgeber sind Mittäter | |
> Ein Projekt gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz möchte | |
> Arbeitgeber*innen sensibilisieren. Das ist nicht genug – sie müssen | |
> belangbar sein. | |
Bild: Ungewollte Männerhand am Arbeitsplatz | |
An keinem Ort sollten Menschen Angst haben, Opfer sexualisierter | |
Belästigung oder Gewalt zu werden. Leider ist die Welt anders. Und oft ist | |
die Gefahr besonders dort groß, wo es potenziellen Opfern schwer gemacht | |
wird, sich zu wehren: in Abhängigkeitsverhältnissen. In Hierarchien. Der | |
Arbeitsplatz ist somit prädestiniert für Übergriffigkeiten. Um sie zu | |
verhindern, muss man Arbeitgeber*innen in die Pflicht nehmen, nicht nur | |
animieren. | |
Es ist gut, dass der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe | |
(bff) nun sein Projekt „make it work“ auf den Weg bringt, um | |
Arbeitgeber*innen für das Problem zu sensibilisieren und neue Strukturen | |
zu schaffen. Aber es ist bei Weitem nicht genug. Es ist eben das, was in | |
der Macht eines Verbands steht. Die Politik hingegen könnte noch deutlich | |
mehr tun. | |
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist in Deutschland nach dem | |
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten. Trotzdem gibt es sie | |
natürlich. Doch die große Mehrheit derer, die sie erlebt, schweigt. Das hat | |
auch damit zu tun, dass es vielerorts kaum Strukturen gibt, die Hilfe | |
anbieten, und dass Betroffenen oft nicht geglaubt oder dass ihr Erlebnis | |
kleingeredet wird. | |
Um das zu ändern, reicht es nicht, nur den Täter*innen Strafe anzudrohen. | |
Es sollte Pflicht der Arbeitgeber*innen sein, sexueller Belästigung so weit | |
wie möglich vorzubeugen. In Israel etwa sind nicht nur Täter*innen | |
belangbar – auch Arbeitgeber*innen müssen mit zivilrechtlichen Konsequenzen | |
rechnen, wenn ihre Angestellten am Arbeitsplatz übergriffig werden. Dieser | |
Haftbarkeit können sie nur dann entgehen, wenn sie alle im Gesetz | |
beschriebenen Maßnahmen zur Prävention und zur Hilfe für Betroffene | |
durchführen. | |
Damit hört sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz natürlich nicht | |
schlagartig auf. Dafür braucht es viel mehr – einen Kulturwandel. Doch | |
strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen. Und mit der Androhung | |
von Konsequenzen würde ein Sensibilisierungsprojekt wie „make it work“ wohl | |
eher auf fruchtbaren Boden fallen. | |
23 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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