| # taz.de -- Radikale Linke und Umweltbewegung: Geheimdienst sät Zwietracht | |
| > Der Hamburger Verfassungsschutz behauptet, die linksradikale | |
| > Interventionistische Linke wolle die Fridays-For-Future-Proteste | |
| > instrumentalisieren. | |
| Bild: Hier will die Interventionistischen Linke angeblich nur Trittbrett fahren… | |
| HAMBURG taz | Der Hamburger Verfassungsschutz scheint mächtig alarmiert zu | |
| sein: Die Fridays-for-Future-Proteste sollen in Gefahr gestanden haben, von | |
| Extremist*innen infiltriert zu werden, teilte er mit. Er veröffentlichte am | |
| Donnerstag einen Text, in dem er auf „Entgrenzungsstrategien“ von | |
| beobachteten Akteuren hinweist. | |
| Großen Raum in der kurzen Analyse erhielt dabei die unterstellte Strategie | |
| der Interventionistischen Linken (IL) hinsichtlich der | |
| Fridays-For-Future-Proteste. Diese habe versucht, die Klimaschutzproteste | |
| zu instrumentalisieren, „für sich zu vereinnahmen und zu steuern“. Dies sei | |
| aber in diesem Fall gescheitert, da Verantwortliche der | |
| Fridays-For-Future-Proteste dem Versuch eine „deutliche Absage“ erteilt | |
| hätten, berichten die Verfassungsschützer beglückt. | |
| Am 15. März war es in der Stadt zu verschiedenen Demonstrationen anlässlich | |
| des globalen Klimaaktionstags gekommen. Auch die | |
| Fridays-For-Future-Demonstrierenden waren auf den Straßen unterwegs. Dabei | |
| solle die IL versucht haben, sich den Schüler*innenprotesten mit einer | |
| Zubringer-Demonstration unter dem Motto „Klima-Revolution ins Rollen | |
| bringen“ anzuschließen. | |
| Die Fridays-For-Future-Organisator*innen lehnten das ab. Anschließend | |
| teilten sie mit, dass sie „nicht Mitveranstalter dieser Demo waren“ und sie | |
| sich „vom Aufruftext als auch von Äußerungen, welche im Rahmen dieser | |
| Demonstration fielen, distanzieren“. Aus Sicht des Verfassungsschutzes war | |
| damit der Instrumentalisierungsversuch gescheitert. | |
| ## IL empört | |
| Nele Brebeck, Sprecherin des Schüler*innenprotests, sagte dem Hamburger | |
| Abendblatt, dass Klimaschutz eben ein berechtigtes Anliegen sei. „Und da | |
| wir sehr erfolgreich sind, wollen das offenbar andere Gruppen für sich | |
| nutzen.“ Die IL ist, wenig überraschend, empört über den Text der | |
| Schnüffler*innen. Aus Sicht der IL wiederholt der Verfassungsschutz damit | |
| bloß rechte Propaganda und unternimmt den Versuch, die Klimabewegung zu | |
| spalten. | |
| „Die Forderung, ein Viertel der Kohlekraftwerke noch dieses Jahr | |
| abzuschalten, bringt die SchülerInnen in direkte Konfrontation mit den | |
| Energiekonzernen und dem Staat, der deren Interessen verteidigt“, sagt | |
| Emily Laquer, Sprecherin der IL. „Kein Wunder, dass der Verfassungsschutz | |
| alles versucht, um diese wachsende Bewegung zu spalten.“ Es bestehe in der | |
| IL gar kein Interesse daran, die Proteste zu beeinflussen, man zeige sich | |
| lediglich solidarisch, weil es inhaltliche Schnittmengen gebe. | |
| Der Verfassungsschutz hingegen erkennt hier keine inhaltliche | |
| Übereinstimmung. Mehr noch: Die IL habe an Klimaschutz und Umweltfragen | |
| kein echtes Interesse, behauptet der Inlandsgeheimdienst. Der angebliche | |
| Anbahnungsversuch der IL sei lediglich eine sogenannte | |
| Entgrenzungsstrategie. Als Entgrenzung, erklärt die Behörde, bezeichne sie | |
| die schwindende Trennschärfe zwischen extremistischen und | |
| nichtextremistischen Bereichen. | |
| Dies geschehe insbesondere über die „gezielte strategische und taktische | |
| Besetzung gesellschaftlich breit diskutierter oder akzeptierter Themen | |
| durch Extremisten“. Extremistische Gruppen, wie sie der Hamburger | |
| Verfassungsschutz definiert, greifen Themen einzig aus taktischen und | |
| strategischen Gründen auf, um an Einfluss zu gewinnen. In seiner Analyse | |
| verweist der Verfassungsschutz ausdrücklich auf das Agieren Laquers. | |
| Im Vorfeld des G20-Gipfels hatte der Verfassungsschutz damit begonnen, | |
| Akteure des linken Protests auch namentlich zu nennen. Viele sahen darin | |
| einen durchsichtigen Einschüchterungsversuch. Laquer gibt sich trotzdem | |
| unerschrocken: „Dass der Verfassungsschutz mich auch persönlich angreift, | |
| macht mir keine Angst, weil ich von der Solidarität der Bewegung getragen | |
| werde“, sagt sie der taz. | |
| Als ein weiteres Beispiel einer Entgrenzungsstrategie nennt der Hamburger | |
| Verfassungsschutz die islamistische Hizb-ut-Tahrir-Organisation. Der | |
| Wilhelmsburger Fußballverein „Adil“ soll von Mitgliedern der Islamisten | |
| gegründet worden sein, um über den Sport an neue Mitglieder zu kommen und | |
| für ihre Ideologie zu werben. | |
| 14 Apr 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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