Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gesetze zum Schutz von Whistleblowern: Aufdecken erleichtert
> Bundestag und EU arbeiten an neuen Gesetzen. Damit soll der Schutz von
> Hinweisgebern strafrechtlich und arbeitsrechtlich gestärkt werden.
Bild: Whistleblower wie Edward Snowden sollen in der EU besser geschützt werden
Der Schutz von Whistleblowern (Hinweisgebern) und Journalisten wird derzeit
gleich zweifach verbessert. Der Bundestag hat letzte Woche das [1][Gesetz
zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen] beschlossen, auf EU-Ebene steht der
Beschluss einer Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern unmittelbar bevor.
Das Geschäftsgeheimnisgesetz setzt eine EU-Richtlinie von 2016 um. Wer
Geschäftsgeheimnisse erlangt oder diese nutzt oder offenlegt, muss laut
Gesetz mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe rechnen.
Zudem können betroffene Firmen zivilrechtlich Unterlassung, Schadenersatz
und Auskunft verlangen. In Deutschland gibt es jetzt erstmals ein
spezielles Gesetz.
Neu und vorteilhaft ist vor allem, dass Whistleblower und Journalisten nun
ausdrücklich gesetzlich vor Strafverfolgung geschützt sind, wenn sie
Geschäftsgeheimnisse offenbaren. Whistleblower sind dabei nicht nur
geschützt, wenn sie „rechtswidriges“ Verhalten eines Unternehmens
aufdecken, sondern auch bei der Enthüllung „sonstigen Fehlverhaltens“.
Anders als im Entwurf geplant, kommt es nicht mehr darauf an, dass
Whistleblower subjektiv „in der Absicht handeln“, das öffentliche Interesse
zu schützen. Nun ist entscheidend, dass die Offenlegung von Geheimnissen
objektiv „geeignet ist“, das öffentliche Interesse zu schützen. Damit
entfällt die von Grünen und Linken befürchtete „Gesinnungsprüfung“.
Allerdings ist es schwerer, den objektiven Nutzen einer Veröffentlichung zu
belegen, als nur den eigenen guten Willen.
## Abschreckende Wirkung soll vermieden werden
Auf Wunsch von Journalistenverbänden wurde der geplante
Rechtfertigungsgrund für Whistleblower und Journalisten in einen
Tatbestandsausschluss geändert. Damit soll schon jede Prüfung einer
Strafbarkeit und damit jede abschreckende Wirkung auf Whistleblower und
Journalisten vermieden werden.
In Paragraf 23 wurde zudem noch kurzfristig ein neuer strafrechtlicher
Rechtfertigungsgrund für Journalisten aufgenommen, der wohl auch auf andere
Gesetze übertragbar ist. Wenn Journalisten Geschäftsgeheimnisse
entgegennehmen, auswerten und veröffentlichen, machen sie sich nicht wegen
Beihilfe zur Verletzung von Geschäftsgeheimnissen strafbar. Das Gesetz
tritt in Kraft, sobald es im Bundesgesetzblatt verkündet ist, also bald.
Dagegen wird die geplante EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern erst
in rund zwei Jahren wirksam, wenn sie in deutsches Recht umgesetzt ist.
Immerhin konnten EU-Ministerrat und Europäisches Parlament (EP) Mitte März
eine Einigung im Trilogverfahren verkünden. Der Rat hat den Kompromiss
angenommen, das EP wird am 17. April abstimmen.
Die Whistleblower-Richtlinie setzt am Schutz von Hinweisgebern gegenüber
ihren Arbeitgebern an. Wer rechtswidriges Verhalten aufdeckt, soll nicht
entlassen, versetzt oder sonst benachteiligt werden. Journalisten
profitieren davon mittelbar, weil Whistleblower wichtige Informanten für
sie sind.
Whistleblower sollen sich zunächst innerhalb ihres Unternehmens beschweren;
hierfür müssen Unternehmen entsprechende Kanäle einrichten. Hinweisgeber
können auch sofort Behörden informieren. Letzteres wurde kurzfristig
zugunsten der Whistleblower geändert. An die Öffentlichkeit können sie sich
aber erst wenden, wenn interne Meldungen ignoriert werden, die
Allgemeinheit unmittelbar bedroht ist oder wenn den Hinweisgebern
Vergeltungsmaßnahmen drohen.
Die EU-Richtlinie erfasst nur die Aufdeckung von Verstößen gegen EU-Recht.
Faktisch ist das aber nicht wenig: Verbraucher-, Daten- und Umweltschutz,
Vergaberecht und Produktsicherheit sind weitgehend durch EU-Recht bestimmt.
Bei der Umsetzung könnte Deutschland den Whistleblower-Schutz auch auf die
Aufdeckung von Verstößen gegen deutsches Recht ohne EU-Hintergrund
ausweiten.
28 Mar 2019
## LINKS
[1] /Gesetz-fuer-Whistleblower/!5542282
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Whistleblower
Investigativer Journalismus
Steuerbetrug
Cum-Ex-Geschäfte
Datenschutzgrundverordnung
Whistleblower
## ARTIKEL ZUM THEMA
Whistleblowing in Unternehmen: Bitte schweigen Sie jetzt
Wollen Whistleblower Missstände intern melden, haben sie dazu kaum
Gelegenheit. Dies stellt eine Untersuchung in vier europäischen Ländern
fest.
Ermittlungen gegen Correctiv-Chef: Was heißt „anstiften“?
Gegen Oliver Schröm ermittelt die Staatsanwaltschaft. „Anstiftung zum
Verrat von Geschäftsgeheimnissen“: Was bedeutet das juristisch?
6 Monate Datenschutzgrundverordnung: Bürokratie und Bürgerrechte
Die neue EU-Datenschutzrichtlinine gilt seit einem halben Jahr. Unter
Bloggern herrschte anfangs Panik, Datenschützer jubelten. Und heute?
Faktenlage zu neuem Geheimnis-Gesetz: Gefahr für Whistleblower?
Verschlechtert das geplante Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen
tatsächlich die Arbeit von Journalisten? Eher nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.