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# taz.de -- Intendantenwahl beim SWR: Die Qual der Wahl
> Beim SWR soll ein neuer Intendant oder eine neue Intendantin gewählt
> werden. Schon das Bewerbungs- und Auswahlverfahren sorgt für Ärger.
Bild: Der SWR hat drei Standorte: in Stuttgart, Baden-Baden und Mainz
Eigentlich rühmen sich die [1][Öffentlich-Rechtlichen] ihrer Staatsferne.
Doch gerade wenn es um Entscheidendes geht, die Wahl eines oder einer neuen
IntendantIn, dann zeigt sich, dass das mit der Politikferne doch nicht ganz
so hinhaut.
Ein gutes Beispiel dafür ist der Südwestrundfunk, bei dem eine
Intendanten-Wahl ansteht und wo sich seit Wochen die Absurditäten des
Öffentlich-Rechtlichen zeigen: Ein Gremium macht dem anderen Vorschläge,
das diese wiederum torpedieren möchte, hinter verschlossenen Türen fallen
Entscheidungen, die senderweit für Ärger sorgen, nebenbei reden auch noch
die MinisterpräsidentInnen mit.
Soweit zum alltäglichen ARD-Hickhack. Ansonsten ist einiges außergewöhnlich
an der anstehenden Intendantenwahl beim SWR. Da ist zum Ersten der Termin:
Turnusgemäß müsste das Wahlgremium noch gar nicht zusammentreten. Doch der
amtierende Intendant Peter Boudgoust kündigte Ende vergangenen Jahres
überraschend an, sein Amt vorzeitig abzugeben – weil er dann 65 ist und
nicht den Kurs „bis zum letztmöglichen Tag bestimmen“ wolle.
Also muss ein neuer Intendant her oder besser: eine neue Intendantin. Denn
Frauen sind unter den obersten Führungskräften der ARD noch immer rar. Nur
zwei der aktuell neun obersten ARD-Chefs [2][(ab 1. August drei mit Radio
Bremen)] sind weiblich. Es wäre also an der Zeit. Allerdings gibt es unter
den Bewerberinnen nur eine Frau – womit wir beim nächsten Außergewöhnlichen
wären: dem Bewerbungs- und Auswahlverfahren.
## Gesucht wird …
Mitte Januar erschien in der Zeit, der Süddeutschen und der FAZ die
Stellenausschreibung. Gesucht wurde „eine starke, authentische
Persönlichkeit mit Entscheidungskraft, Führungserfahrung, sozialer
Kompetenz und stark ausgeprägten analytischen, strategischen und
kommunikativen Fähigkeiten“, die in der Lage sei, „eine Rundfunkanstalt von
der Größe des SWR zu führen“. Was da nicht stand: Von dem oder der Neuen
wird erwartet, dass er oder sie die Zweiländeranstalt für Baden-Württemberg
und Rheinland-Pfalz mit ihren drei Standorten in Stuttgart, Baden-Baden und
Mainz endlich richtig zusammenführt. Vor 21 Jahren wurden der Süddeutsche
Rundfunk und der Südwestfunk zum SWR fusioniert, die alten Gräben bestehen
zum Teil heute noch. Zum Gehalt machte die Annonce auch keine Angaben,
Boudgoust verdiente zuletzt 338.000 Euro.
15 Bewerbungen sollen eingegangen sein, Anfang März trat eine 12-köpfige
Findungskommission zusammen, um dem Verwaltungs- und Rundfunkrat die
geeignetsten BewerberInnen vorzuschlagen. Auch das ist ungewöhnlich,
juristisch ist die Kommission umstritten, der Rundfunkstaatsvertrag sieht
sie nicht vor.
Die Kommissionsmitglieder einigten sich, so drang es heraus, auf zwei
KandidatInnen: Kai Gniffke, SWR-Gewächs mit SPD-Touch, aber seit 13 Jahren
im Überregionalen tätig, als Chef von „ARD Aktuell“ und damit unter ander…
der „Tagesschau“, und Stefanie Schneider, Grün-nah und
SWR-Landessenderdirektorin für Baden-Württemberg. Im Sender sorgte diese
Auswahl für Ärger – ein enttäuschend intransparentes Vorgehen sei das,
entscheidende Bewerber würden übergangen.
## Büttner zieht zurück
Der Vorsitzende des Landesrundfunkrats Baden-Württemberg, Volker Stich, sah
in der Intransparenz womöglich „politische Einflussnahme“ und forderte ein
alternatives Verfahren. Ob das kommt und wie das aussehen kann, darüber
werden Rundfunk- und Verwaltungsrat am Freitag debattieren.
Öffnen sie das Verfahren, dürften zwei weitere Kandidaten ins Rennen gehen:
Andreas Cichowicz, früher mal Redakteur beim SWR-Vorgänger Süddeutscher
Rundfunk, dann Korrespondent, „Weltspiegel“-Moderator, mittlerweile
NDR-Chefredakteur in Hamburg. Der Zweite ist Clemens Bratzler, mit 46
Jahren der jüngste Bewerber, das Gesicht der SWR-Politsendungen und
Hauptabteilungsleiter „Multimediale Aktualität“. Das, sagen einige im
Sender, könnte und sollte sein Vorteil sein, schließlich werde sich die
Zukunft daran entscheiden, wie gut sich der SWR im Digitalen behaupten
kann. Kaum ein anderes drittes Programm in Deutschland hat so niedrige
Einschaltquoten wie der SWR. Die Jugend erreicht der Sender kaum, obwohl
oder vielleicht gerade, weil der Intendant Peter Boudgoust die treibende
Kraft hinter [3][Funk, dem gemeinsamen Jugendangebot von ARD und ZDF war.]
Einer, auf den man senderintern große Hoffnungen gesetzt hatte,
Verwaltungsdirektor Jan Büttner, der viele Jahre eng mit Boudgoust
gearbeitet hatte, zog seine Bewerbungen Anfang der Woche genervt zurück.
Nicht etwa, weil er an seiner Eignung zweifelte, sondern um Schaden vom
Sender abzuwenden.
Es ist nun also ziemlich viel offen, wenn die Aufsichtsgremien heute
zusammentreten. Einigermaßen sicher dürfte nur der Termin sein, an dem die
Intendantenwahl beginnt: Ende Mai.
22 Mar 2019
## LINKS
[1] /Rechte-und-Oeffentlich-Rechtliche/!5570264
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## AUTOREN
Anne Fromm
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