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# taz.de -- Neuer Mobilfunkstandard: Hin zur strahlenden Zukunft
> In Berlin will man Vorreiter bei 5G sein. Die neue Technik verspricht
> höchste Leistung – Kritiker warnen vor gesundheitsschädigenden Wirkungen.
Bild: Nicht nur die Surfgeschwindigkeit auf dem Smartphone steigt mit 5G. Auch …
In Berlin soll die Zukunft früher beginnen. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop
(Grüne) möchte die Hauptstadt zum Vorreiter für den neuen Mobilfunkstandard
5G machen und einzelne Berliner Gebiete ausbauen – noch vor 5G-Start auf
Bundesebene 2021. Zu den ausgewählten Orten zählen der aktuell entstehende
Innovationscampus in Siemensstadt und der Technologiepark Adlershof.
Anschließend, so der Plan, folgen Messe Nord, Potsdamer Platz, die
Stadtautobahn und das Netz der Berliner U-Bahn.
Das Kürzel 5G steht für die fünfte Generation des mobilen Internets.
Datenmengen bis zu 10 Gigabit pro Sekunde sollen durch das Netz rauschen.
Derzeit schaffen die leistungsfähigsten 4G-Handys maximal 1 Gigabit.
Die 5G-Fürsprecher prophezeien Übertragungen in Echtzeit, wodurch nicht
mehr nur der Mensch, sondern auch Maschinen miteinander kommunizieren
würden. Autos könnten via 5G selbstständig fahren und industrielle
Maschinen in Eigenregie produzieren.
In Absprache mit dem Senat begann die Telekom den Ausbau für 5G in Berlin
bereits im Jahr 2018. „Mit Stand Ende Februar 2019 sind mindestens 17
Standorte mit 5G-Technik aufgerüstet“, teilte die
Senatswirtschaftsverwaltung der taz mit. An jedem dieser Standorte sind
drei Antennen montiert. Mithilfe dieser Masten werde das physikalische
Verhalten der Mobilfunkstrahlung im Stadtgefüge durch die Telekom getestet,
bevor die Bundesnetzagentur überhaupt die Lizenz für den bundesweiten
5G-Ausbau vergibt. Noch in diesem Monat soll bekannt gegeben werden,
welcher Anbieter den Zuschlag bekommt. Im Gespräch ist unter anderem das
umstrittene chinesische Unternehmen Huawei.
## Nicht alle sind erfreut
Die nahende Zukunft der digitalen Hochgeschwindigkeit erfreut nicht alle.
Für den neuen Mobilfunkstandard werden mehr Sendemasten und neue
Strahlungsfrequenzen benötigt. Ende 2018 wandten sich über 200
WissenschaftlerInnen mit einem internationalen Appell gegen 5G an die
Öffentlichkeit. Die UnterzeichnerInnen gehen von einer bewiesenen
gesundheits- und umweltschädigenden Wirkung von Mobilfunkstrahlung aus und
bezeichnen den flächendeckenden 5G-Ausbau als „verbrecherisches Experiment
an der Menschheit“.
Auf amtlicher Seite teilt man die Sorge nicht. Laut Bundesamt für
Strahlenschutz (BfS) sei die einzig nachweisbare Wirkung der Handystrahlung
eine Erwärmung des menschlichen Körpers. Diese werde durch Grenzwerte
verhindert.
Blanka Pophof, wissenschaftliche Mitarbeiterin des BfS, erklärte der taz,
dass zudem aktuell „nur 1 bis 10 Prozent der Grenzwerte ausgeschöpft“
werden. Nach dem 5G-Ausbau gebe es zwar mehr Strahlungspunkte, diese seien
„dafür aber schwächer“. Ob die Strahlung in der Summe mehr oder weniger
werde, müsse untersucht werden, „wenn die neue Technik eingeführt wird“,
räumt die Biologin ein.
Es ist unter anderem dieser Testcharakter, den die 5G-KritikerInnen
monieren. Sie bezweifeln zudem, dass sogenannte thermische Effekte die
einzige Wirkung von Mobilfunkstrahlung auf den Menschen seien. Der
Medizinphysiker und Sachverständige für Strahlenschutz Roland Wolff ist
einer der Unterzeichner des Anti-5G-Appells und hält nichtthermische
Wirkungen für möglich. „In der Medizin wissen die ÄrztInnen auch nicht
immer, wie bestimmte Stoffe funktionieren, nur dass sie wirken.“ Gerade
weil noch zu wenig über bestimmte Vorgänge auf biochemischer Ebene bekannt
sei, könnten Schädigungen der DNA durch Handystrahlung nicht ausgeschlossen
werden.
## Kein Grund zur Hysterie
Sandra Drießen von der RWTH Aachen nimmt eine eher mittige Position in der
Debatte ein. Sie erkennt an, dass es ein Nebeneinander gegensätzlicher
Studien gebe und noch Forschungsbedarf bestehe. Jedoch müsse nicht „in
Hysterie“ verfallen werden.
Ob die Strahlungsbelastung in Berlin durch den vorzeitigen 5G-Ausbau
ansteigt, lässt sich aktuell schwer sagen. Derzeit kann die
Senatswirtschaftsverwaltung keine Angaben machen, wie viele zusätzliche
Antennen bis 2021 in Berlin aufgestellt werden. Die in einem Wettbewerb
stehenden Netzbetreiber „behandeln ihre Ausbaupläne als
Geschäftsgeheimnis“. Auf den Dächern soll sich die Anzahl der Sendemasten
nicht bedeutend vergrößern.
Wiederum kommen laut Senatsverwaltung sogenannte Small-Cell-Standorte –
Basisstationen mit geringer Reichweite – an „Stadtmöbeln wie Lichtmasten“
zum Einsatz. Sowohl Telekom als auch Senat versichern, dass sich stets an
Grenzwerte gehalten und diese durch die Bundesnetzagentur kontrolliert
werde, die auf ihrer Website die Überprüfungen veröffentlicht.
Ob diese Grenzwerte die Gesundheit nun wirklich schützen, ist noch nicht
hinreichend geklärt.
12 Mar 2019
## AUTOREN
Katharina Schmidt
## TAGS
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Mobilfunk
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