# taz.de -- Das Framing-Handbuch der ARD: Keine Empfehlungen | |
> Die ARD hat für ihr Framing-Manual sehr viel Kritik geerntet. Nun hat | |
> sich Elisabeth Wehling, die Verfasserin des Handbuchs, zu Wort gemeldet. | |
Bild: Begriffe bilden einen Rahmen, in dem wir denken. So soll Meinungsbildung … | |
Im Streit um das Framing-Gutachten der ARD, hat sich dessen Verfasserin mit | |
einer Klarstellung gemeldet. Die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling | |
[1][schreibt auf ihrer Webseite], dass sie in dem zwei Jahre alten | |
Gutachten im Auftrag des MDR die Kommunikation der ARD als Institution habe | |
analysieren sollen. Auf Basis der wissenschaftlichen Erfahrung habe sie | |
aufzeigen sollen, welche Alternativen zu welchen Worten mit welchen | |
Bedeutungsinhalten besetzt sind. | |
„Denn: Sprache schafft Bewusstsein.“ Die Begrifflichkeiten, die sich in dem | |
Gutachten finden, seien „keineswegs als Empfehlung anzusehen“. Vielmehr sei | |
das Dokument als interne Arbeits- und Diskussionsgrundlage verfasst. | |
In der vergangenen Woche war publik geworden, dass die ARD bei der | |
Sprachwissenschaftlerin Wehling ein Gutachten zum [2][Framing] der ARD in | |
Auftrag gegeben hatte. Mit dem Begriff Frame bezeichnen Wissenschaftler den | |
Deutungsrahmen, der mit jedem Wort mitschwingt. Die Konzepte des Framings | |
sind gerade in den vergangenen Jahren viel diskutiert worden: Welche | |
Assoziationen weckt das Wort Flüchtlingswelle? Welche die Begriffe | |
[3][Asyltourismus und Abschiebeindustrie]? | |
Auch die ARD wollte wissen, welche Deutungsrahmen sie bei ihren Zuschauer- | |
und ZuhörerInnen anspricht und hat das von [4][Elisabeth Wehling] | |
untersuchen lassen. Wehling hat das Konzept des Framings zwar nicht | |
erfunden, es aber mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen kombiniert. | |
Dafür saß sie in vielen Talkshows und Zeitungsredaktionen. | |
## Die „Bild“ bewertet das Papier als Umerziehungsmaßnahme | |
Die ARD hielt das Gutachten unter Verschluss, angeblich aus | |
urheberrechtlichen Gründen. Dennoch begannen in der vergangenen Woche | |
heftige Diskussionen um das Papier. Die Bild-Zeitung schrieb: „So will die | |
ARD uns umerziehen“, die Welt sah in dem Papier den „Versuch, den freien | |
Markt zu verleumden“. Vor allem rechte Blogger und Kommentatoren | |
bezeichneten es als Anleitung zur sprachlichen Manipulation, quasi eine | |
Handreichung der Sprachpolizei, Geldverschwendung. | |
Netzpolitik.org [5][veröffentlichte] das Papier am Montag. Da es mit | |
öffentlichen Geldern finanziert sei, müsse es der Öffentlichkeit zugänglich | |
sein, argumentieren die Netzpolitik-Autoren Markus Beckedahl und Leonhard | |
Dobusch. | |
„Framing-Manual“ steht darüber und wer sich durch die 89 Seiten liest, | |
findet in erster Linie viel Lobhudelei für die ARD: was sie ist, was sie | |
kann, was sie leistet. Ein großer Teil des Handbuchs beschäftigt sich mit | |
der Frage, wie die ARD das auch ihren Zuschauer- und ZuhörerInnen klar | |
machen kann. Wehlings Tipp: Die richtigen Frames ansprechen. | |
In Schaubildern und mit konkreten Kommunikationsvorschlägen versucht sie | |
das zu verdeutlichen: Nicht vom „öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ reden, | |
lieber vom „gemeinsamen, freien Rundfunk ARD“. Die ARD nicht | |
„Programmanbieter“ nennen, das klinge zu sehr nach Supermarkt. Lieber vom | |
„gemeinsam ermöglichten Rundfunk der Bürger“ sprechen. Begriffe wie | |
„föderal“ vermeiden, versteht eh keiner. Statt „solidarisch“ lieber von | |
„Hand in Hand“ sprechen. Das Wort „Beitragseinnahmen“ ersetzen durch die | |
Formulierung, die ARD verwalte „das Rundfunkkapital der Bürger“. Nicht von | |
„Reform der ARD“ sprechen, sondern von der „Verantwortung, die mediale | |
Infrastruktur stets so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen der Bürger | |
gerecht wird“. Dahinter solle die Idee der ARD stehen „Wir sind ihr“. | |
## Neues Framing auf Plakaten | |
Solche Frames solle die ARD nicht nur im persönlichen Gespräch nutzen, | |
sondern auch durch Plakatkampagnen und Werbespots im TV oder Radio | |
transportieren, um „Geschichten zu erzählen, die ihrer moralischen | |
Perspektive treu sind“. Wichtig sei dabei, nicht die Frames der Gegner – | |
„Lügenpresse“, „Zwangsgebühren“, „Steigbügelhalter der Politik“ … | |
aufzugreifen, sondern neue Frames dagegen zu setzen. | |
Härter werden Wehlings Empfehlungen, wenn es um die privaten Rundfunksender | |
gehe. Sie könnten als „profitwirtschaftliche Sender“, | |
„profitorientierte/maximierende Sender“ oder „medienkapitalistische | |
Heuschrecken“ geframt werden. | |
Gerade dafür bekam die ARD viel Kritik. Die Generalsekretärin der ARD, | |
Susanne Pfab, wies diese Begriffe in einer [6][Stellungnahme] zurück. Sie | |
habe noch nie gehört, dass ein ARD-Vertreter so gesprochen habe. Sie hielte | |
das auch für unpassend. Pfab stellte klar, dass das Handbuch weder eine | |
neue Kommunikationsstrategie noch eine Sprach- oder gar Handlungsanweisung | |
an die Mitarbeitenden sei. Vielmehr solle es eine Diskussionsgrundlage | |
darstellen und Denkanstöße geben. | |
19 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://www.elisabethwehling.com/klarstellungzuraktuellendebatte | |
[2] /!5508728/ | |
[3] /!5513699/ | |
[4] /Expertin-ueber-sprachliche-Manipulation/!5359993 | |
[5] https://netzpolitik.org/2019/wir-veroeffentlichen-das-framing-gutachten-der… | |
[6] http://www.ard.de/home/die-ard/presse-kontakt/pressearchiv/Klarstellung_Was… | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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