Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Irre
> Nicht Trump, Putin oder Erdoğan wird zum Gegner erkoren. Die Berliner
> Grünen haben einen Boris-Palmer-Komplex. Woher kommt der?
Bild: Boris Palmer (links) zu Besuch im Görlitzer Park zu Berlin. Der Stadtfü…
Piggeldy wollte wissen, was „unsouverän“ ist. „Frederick“, fragte Pigg…
seinen großen Bruder, „was ist unsouverän?“ – „Nichts leichter als da…
antwortete Frederick, „komm mit.“ Und dann tippelten die beiden
ARD-„Sandmännchen“-Schweine (aus den 80ern) durch die Hauptstadt, und
Frederick zeigte Piggeldy die Berliner Grünen (auch aus den 80ern).
Diese Partei ist bekanntlich den Idealen von Aufklärung, Humanismus und
Vielfalt verpflichtet. Leider aber nicht mal im Ansatz den Manieren für
einen menschlichen Umgang miteinander, wie sich diese Woche wieder zeigte.
Da kam die Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus daher und beschimpfte einen
als Gast in Berlin angekündigten Politiker einfach mal so als „Irren“.
Wer denkt, bei dem Gast handele es sich um Trump, Putin oder Erdoğan, irrt,
es ist schlimmer – aus Sicht der Berliner Grünen. Es geht um den
populärsten Oberbürgermeister Deutschlands, dessen Einschätzungen laut
ihnen angeblich kein Schwein interessieren. Weshalb sie sich auch manisch
an Boris Palmer abarbeiten.
## Sonst keine Probleme
Unter anderem gehört er auch zu den Millionen, die kritisieren, dass in
Berlin vieles nicht funktioniert. Als bekannt wurde, dass er sich in dieser
Woche vom Fraktionsvorsitzenden der CDU Funktionierendes und
Nichtfunktionierendes in der Stadt zeigen lasse, versuchten die Berliner
Grünen über verschiedene Kanäle, das zu verhindern. Das wurde auch brav
probiert, was immerhin den Rückschluss zulässt, dass die Bundesgrünen im
Moment sonst keine Probleme haben.
Wann immer eine unbekannte Berliner Stadtpolitikerin der Grünen das Gefühl
hat, sie brauche jetzt auch mal ihre fünfzehn Minuten oder müsse ihre
Linientreue beweisen, was fällt ihr da ein? Nichts. Außer Palmer zu
beschimpfen. Eine hat ihr Bundestagsmandat darauf aufgebaut, autoritär zu
bellen, er solle gefälligst „die Fresse halten“. Dabei hatte er noch gar
nichts gesagt. Ihn einfach mal selbst einladen? Wo kämen wir da hin?
Da würden sie eher mit der CDU sprechen. Kleiner Scherz. Das wäre ja
Lästerung des heiligen Ströbele. Sie können weder Palmers noch Kretschmanns
politische Erfolge gelten lassen, geschweige denn verstehen. Weil sie
abweichende Positionen nicht aushalten. Es geht nicht um falsch oder
richtig, es geht um Aufrechterhaltung des Konformismus.
Selbstverständlich ist es nicht einfach mit Palmer, klar. Aber wir haben es
hier mit einem kulturellen Defekt zu tun, der historisch begründet ist. Es
hat etwas sehr Trauriges, wenn eine vom Alter her erwachsene Frau im
Görlitzer Park ostentativ verächtlich auf Palmer starrt und „Rassist“ und
„durchgeknallter Vollirrer“ zischt.
## Spalten und Nazifizieren
Wenn das Problem der Gegenwart das Auseinanderfallen von Gemeinschaft und
Gesellschaft ist, dann ist Spalten und Nazifizieren nicht
demokratieerhaltend – und schon gar nicht, wenn man in der eigenen Partei
und unter sozialökologischen, liberalen Europäern anfängt.
Man könnte argumentieren, die Berliner Grünen würden halt für diese
Alt-Kreuzberger Kultur gewählt, aber da halte ich dagegen: Viertgrößte
Partei und 15 Prozent bei der letzten Wahl sind bei den Voraussetzungen
Berlins (hoher Anteil von offenem, liberalen Europäertum, keine Partei
dafür) unfassbar wenig. Ich wette, dass die Grünen mit einem bestimmten
fachkompetenten, dynamischen und republikweit bekannten Politiker den
nächsten Regierenden Bürgermeister stellen könnten. Aber das ist nicht der
Punkt.
Der Punkt ist, dass der sich wirklich reinbeißen würde, um die unregierbare
Stadt endlich regierbarer, sozialökologischer und fahrradfreundlicher zu
machen.
[1][Sein Name ist Boris Palmer.]
23 Feb 2019
## LINKS
[1] /Boris-Palmer-enttaeuscht-Berlin/!5571950
## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
Grüne
Bündnis 90/Die Grünen
Kriminalität
Boris Palmer
Görlitzer Park
Boris Palmer
Schwerpunkt Fridays For Future
Annalena Baerbock
AKK
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Tübinger OB Boris Palmer: Shitstorm gewollt – und bekommen
Der neueste Ausfall des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer zu einem
PR-Foto der Bahn zeigt: Es geht um Verteilungsfragen.
Kolumne Die eine Frage: Verzichten wir – auf diese Regierung
Fridays for Future zielt nicht auf Moral, Religion oder Buße. Die
Jugendbewegung will, dass die Regierungen das Klimaabkommen von Paris
sofort umsetzen.
Kolumne Die eine Frage: Die Kampfansage
Wanzen die Grünen sich an die CDU heran oder fordern sie sie heraus?
Richtig ist jedenfalls, das man Politik aus dem Kanzleramt heraus anstreben
sollte.
Kolumne Die eine Frage: Soll man Greta anbeten?
In den Stahlgetwittern der Mediengesellschaft ist immer Karneval. Ein
Klo-Witz wird zum zivilisatorischen Rollback. Wie könnte es anders gehen?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.