# taz.de -- Kommentar Missbrauch in der Kirche: Das Bekenntnis zur Schuld reich… | |
> Man sollte erwarten, dass die Kirche da aufräumt, wo das Übel beginnt: | |
> bei ihren eigenen Moralvorstellungen. Aber das passiert nicht. | |
Bild: Vergewaltigt mit neun Jahren: Viele Menschen protestierten am Sonntag in … | |
Ja, [1][Papst Franziskus hat recht], wenn er betont, dass Missbrauch ein | |
„übergreifendes Problem“ sei, eines, das überall vorkomme, nicht nur in d… | |
Kirche. Sexuelle Gewalt an Kindern gibt es in Familien, Sportvereinen, | |
Schulen, Internaten. Aber es ging bei der sogenannten Missbrauchskonferenz, | |
die im Vatikan am Sonntag nach vier Tagen ihren Abschluss fand, eben nicht | |
um Familien, Schulen und Internate, sondern ausschließlich um die | |
katholische Kirche. Und die hat schwere Schuld auf sich geladen. | |
Nicht nur weil es die massenhaften körperlichen und seelischen Übergriffe | |
durch Geistliche gab und gibt. Sondern vor allem weil Würdenträger in | |
Entscheidungspositionen, die von den Übergriffen wussten und sie hätten | |
stoppen können, [2][jahrzehntelang nichts unternommen haben]. Im Gegenteil, | |
überall auf der Welt durften die Täter weiterhin mit Kindern „arbeiten“. | |
Nur bei ganz besonders schweren Taten wurden manche versetzt, selten wurden | |
sie bestraft. | |
Damit wollte die Konferenz aufräumen. Getan hat sie es nur in Ansätzen. Das | |
geäußerte Bekenntnis zur Schuld ist gut und schön. Aber es reicht nicht. | |
Müssten aus vier Tagen Beichte, Reue und Buße nicht viel eher handfeste | |
Konsequenzen folgen? Konsequenzen, die Missbrauch keinen Raum mehr lassen | |
und die es – wenn er doch passiert – zulassen, mit Entschiedenheit dagegen | |
vorzugehen? | |
Das ist nicht geschehen. Von der „Missbrauchskonferenz“ bleiben vor allem | |
Lippenbekenntnisse und Absichtsbekundungen. So soll der ohnehin schwammig | |
formulierte 21-Punkte-Plan des Papstes zunächst im Vatikan diskutiert | |
werden. Werden dann tatsächlich, so wie Franziskus es anmahnt, Täter aus | |
dem Dienst entlassen? | |
## Aufräumen mit antiquierten Moralvorstellungen | |
Vielleicht ist es angesichts der jahrtausendelang gewachsenen kirchlichen | |
Machtbefugnisse vermessen zu erwarten, dass die Organisation da aufräumt, | |
wo das Übel beginnt: bei ihren eigenen Moralvorstellungen. Solange | |
Menschen, die nicht ins katholische Werteschema passen, stigmatisiert und | |
diskriminiert werden, bleibt das System veränderungsresistent. | |
Wahrhaft revolutionäre Vorschläge wären beispielsweise gewesen, [3][das | |
Zölibat abzuschaffen,] Geschiedene und Wiederverheiratete nicht weiter als | |
amoralische Außenstehende zu geißeln sowie eine | |
Schwangerschaftskonfliktberatung anzubieten, die diese Bezeichnung | |
tatsächlich verdient. | |
Viele Katholik*innen wünschen sich eine andere Kirche als die, die sie | |
jetzt ist. Das zeigen Umfragen immer wieder. Ebenso fordern zahlreiche | |
Pfarrer*innen und Priester*innen eine rigorose Neuausrichtung, ihnen laufen | |
– eben auch und wohl vor allem wegen des überholten Verhaltenskodexes – | |
seit Jahrzehnten die Mitglieder weg. Und die Opfer? Sie erwarten mindestens | |
eine Entschädigung. Gehört wurden sie kaum. Am Sonntag demonstrierten | |
wieder Hunderte von ihnen vor dem Vatikan. | |
24 Feb 2019 | |
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[1] /Missbrauch-in-der-katholischen-Kirche/!5575942 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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