# taz.de -- Studie über Dokumentarfilm im TV: Nur für Nachteulen | |
> Wer gutes Fernsehen will, schaltet spät nachts ein. Dann laufen die | |
> anspruchsvollen Doku-Formate. Eine Studie der Filmbranche bemängelt das. | |
Bild: Der Dokumentarfilmer Andreas Kieling bei Drehabreiten in Afrika – ein K… | |
Beim Zappen im Fernsehen kann der Eindruck entstehen, dass überall und | |
jederzeit Dokumentationen laufen. Irgendwo läuft immer eine. Reisen, Tiere, | |
Geschichte, Weltraum. Das alles zu gucken ist unmöglich. Trotzdem gibt es | |
immer wieder Kritik, dass es im Bereich Dokumentation eigentlich eben | |
nichts gibt – jedenfalls was Sendungen von Qualität angeht. Der | |
Medienjournalist Fritz Wolf hat jetzt eine Studie erarbeitet, die das | |
untermauern soll, und zwar im Auftrag des Berufsverbands der | |
Dokumentarfilmbranche (AG Dok) und des Grimme-Instituts. Wolf hat | |
nachgezählt, was im Bereich Dokumentation wann und wo läuft. Es ist | |
sozusagen Teil zwei zu einer ähnlichen Erhebung von vor 15 Jahren. | |
Schon 2003 hatte Wolf aufgeschlüsselt, wie viele dokumentarische Sendungen | |
im Fernsehen laufen und wann. Inzwischen sind aber nicht nur neue Sender | |
hinzugekommen und Mediatheken entstanden, es gibt auch ein stärkeres | |
Bewusstsein für die Aufgaben und Pflichten des öffentlich-rechtlichen | |
Fernsehens. Vor allem sorgfältige Recherche wird mehr gefordert denn je. | |
Dokumentarische Sendungen seien mehr geworden, schreibt Wolf. Pro Woche | |
sendeten Das Erste, ZDF und die dritten Programme zusammen über 400 | |
dokumentarische Sendungen im linearen TV. Das wirkt stattlich und | |
entspricht dem Eindruck von der Doku-Flut. Aber Wolf besteht, wie viele in | |
der Branche, auf Differenzierung. | |
So nenne sich vieles Dokumentation, was nichts miteinander zu tun habe. | |
Leichte Kost zu menschelnden Themen mit erwartbarer Dramaturgie reihe sich | |
ein mit Produktionen von hohem filmischen Wert und zeitgeschichtlicher | |
Relevanz. Genau da aber zieht Wolf die Linie: Zwischen „Doku“, einem reinen | |
TV-Format mit meist strengen Vorgaben, und dem „Dokumentarfilm“, | |
künstlerisch freieren Produktionen, die auch filmischen Wert hätten. | |
## Nach 23 Uhr | |
Gerade letztere würden größtenteils im Spätprogramm gesendet. Die Hälfte | |
der Sendungen, die Wolf als „Dokumentarfilm“ einstuft, hat im Programm nach | |
23.00 Uhr gefunden. Gerade mal 9 Prozent liefen auf dem wichtigsten | |
Sendeplatz um 20.15 Uhr. Ein Drittel gab es immerhin zwischen 21.45 und | |
23.00 Uhr zu sehen – also gerade noch Primetime. | |
Für Wolf und für die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok) spiegelt | |
sich darin eine mangelnde Wertschätzung des Genres. Die Sender würden dem | |
breiteren Publikum eher leichtere, erwartbare Formate zumuten. „Es gibt | |
eine ausreichend große potenzielle Zuschauerschaft für den Dokumentarfilm. | |
Aber viele wissen gar nicht, dass dieses Genre existiert – und wo man es | |
findet.“ Da helfe auch nicht, dass man viele Sendungen jetzt zu jeder | |
Tageszeit in den Mediatheken anschauen könne. | |
Die Kritik der Dokumentarfilmer*innen an den Sendern ist nicht neu. | |
[1][Seit Jahren] bemängelt die Branche Kürzungen in ihrem Bereich, bei der | |
Sendelänge, bei den Plätzen und bei der gestalterischen Freiheit. | |
Dabei richtet sich die Kritik meist gegen die Anstalten der ARD. Denn das | |
ZDF hat ohnehin nur noch einen festen Sendeplatz, auf dem Dokfilme laufen | |
können, das „Kleine Fernsehspiel“ – da halten sich die Erwartungen in | |
Grenzen, und über Sendezeiten braucht man auch keine Erhebungen mehr zu | |
machen. | |
## Und was sagt die ARD? | |
Deswegen wäre es auch interessant, was die ARD-Anstalten zu Wolfs Zählung | |
sagen. Zumindest beim gemeinsamen Programm DasErste hieß es aber auf | |
Anfrage, dass die Studie dort noch nicht vorliege. | |
Eine Sprecherin des WDR erklärt gegenüber der taz, dass der Sender zwei | |
feste Sendeplätze zur Primetime für Dokumentarisches habe, 90-minütige | |
Dokumentarfilme liefen gelegentlich auch Freitagabend. Aber: „Unsere | |
Erfahrung im Linearen ist, dass der Dokumentarfilm aufgrund seiner | |
Dramaturgie und Erzählhaltung in der Regel in der zweiten Primetime besser | |
aufgehoben ist als um 20:15 Uhr. Auch erreichen erfolgreiche | |
Dokumentarfilme sehr gute Abrufzahlen in den Mediatheken und | |
Online-Plattformen.“ | |
10 Feb 2019 | |
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[1] /Weniger-Platz-fuer-Dokus-im-TV/!5130830 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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