# taz.de -- „Anti-Randalierer-Gesetz“ in Frankreich: Volle Kanne gegen das … | |
> Das Parlament will gegen „notorische Unruhestifter“ vorgehen und | |
> verschärft Demoverbote. Das ist selbst in der Regierungspartei | |
> umstritten. | |
Bild: Immer in Aktion: Gelbwesten-Protest in Frankreich | |
PARIS taz | Die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung wollen – | |
wie vor ihnen bereits die Senatoren – mit verschärften Gesetzen gegen | |
gewalttätige „Casseurs“ (Randalierer) am Rande von Demontrationen vorgehen. | |
Eine entsprechende Vorlage ist am Dienstagnachmittag verabschiedet worden. | |
Der Anlass dafür sind die Krawalle mit Plünderungen und Sachbeschädigungen | |
bei Kundgebungen der Gilets jaunes, der sogenannten Gelbwesten, in den | |
vergangenen Wochen. Sowie gewaltsame Konfrontationen zwischen „Black | |
blocks“, den Schwarzen Blöcken, und der Polizei. | |
Dahinter steckt die Absicht, „notorische“ Unruhestifter, die der Polizei | |
bereits bekannt sind, daran zu hindern, an öffentlichen Kundgebungen | |
teilzunehmen. Auch soll die Möglichkeit präventiver Kontrollen und legaler | |
Durchsuchungen von potenziellen Demonstranten erweitert werden. Und | |
schließlich sollen Teilnehmende für eventuelle Schäden bei ausartenden | |
Demonstrationen persönlich haften. | |
Da sich Senat und Nationalversammlung nicht auf einen gemeinsamen | |
Gesetzestext einigen konnten, kommt es zu einer zweiten Lesung. Die | |
Abgeordneten hatten die im Senat von der konservativen Opposition | |
eingebrachte Vorlage in einigen Punkten abgeschwächt. So ist nicht mehr | |
vorgesehen, bereits wegen Gewalt verurteilte oder bekannte Demonstranten | |
systematisch in einer Datenbank vorab zu erfassen und sie an einer | |
Teilnahme an Kundgebungen mit einer Meldepflicht auf der Polizeiwache zu | |
hindern. Vorbelastete „Unruhestifter“ sollen aber mit einem | |
Demonstrationsverbot belegt werden, wenn „ausreichende Gründe vorliegen“ | |
für den Verdacht, dass diese Person „mit ihrem Verhalten eine schwere | |
Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt“. Bei Zuwiderhandlung droht | |
eine Haftstrafe von sechs Monaten. | |
Die jetzt erweiterten Kompetenzen der Polizei erinnern an die | |
Ausnahmebestimmungen des Notstands anlässlich der islamistischen | |
Attentatswelle nach 2015. Der Senat wollte zudem, dass selbst in der | |
weiteren Umgebung, Autos und Gepäck durchsucht werden dürfen. Die bereits | |
geltende Vermummungsverbot bei Kundgebungen stellt künftig ein Strafdelikt | |
dar, das im Höchstfall mit einem Jahr Gefängnis und 15.000 Euro Geldbuße | |
geahndet werden kann. | |
## „Gesetz bedroht die Bürger“ | |
Die linke Opposition lehnte diese Vorlage als „Einschränkung der | |
Bürgerrechte“ ab. Auch einigen Abgeordneten der Regierungspartei „La | |
République en marche“ geht diese Repression als Antwort auf die Krise wegen | |
der Gelbwesten-Proteste zu weit. François Sureau, Anwalt und ein Freund und | |
Ratgeber von Präsident Emmanuel Macron, warnte in den Medien: „Dieses | |
Gesetz bedroht nicht die Casseurs, sondern die Bürger.“ Er hält die | |
Einschränkung des Demonstrationsrechts für höchst bedenklich: „Will man am | |
Ende, dass nur noch Leute eine Erlaubnis zum Demonstrieren haben, die der | |
Polizei genehm sind?“ | |
Diese Einwände fanden Gehör im bürgerlichen Lager. So erklärte Charles de | |
Courson, ein Vertreter des Zentrums, vor der Nationalversammlung: „Falls | |
wir eines Tages eine extreme Rechte an der Macht haben, werdet ihr | |
begreifen, dass es ein Wahnsinn ist, so etwas zu verabschieden!“ Bevor das | |
Gesetz – nach der fälligen zweiten Lesung – in Kraft treten kann, wird sich | |
das oberste Verfassungsgericht damit befassen. | |
6 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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