# taz.de -- Gröpelinger Jugendhäuser vor dem Aus: Kampf ums Geld | |
> Ausgerechnet im ärmsten Bremer Stadtteil sind die Fördermittel für die | |
> offene Jugendarbeit knapp. Nun müssen zwei Einrichtungen schließen. | |
Bild: Ob aus der Marshmallow-Maske noch etwas wird? | |
Bremen taz | Die Zweitklässler aus dem Atelierhaus Roter Hahn in | |
Gröpelingen nehmen die Sache selbst in die Hand: Sie schreiben Briefe an | |
Carsten Sieling (SPD), um die Schließung der Einrichtung zu verhindern. | |
„Was soll ich donnerstags machen, wenn der Rote Hahn schließt?“, fragt | |
eines der Kinder den Bürgermeister. | |
In Gröpelingen gibt es derzeit einen Verteilungskampf um Mittel für die | |
offene Jugendarbeit. Das Spielhaus Wilder Westen, das Mobile Atelier, das | |
Kinder- und Jugendatelier im Atelierhaus Roter Hahn sowie die Spielhäuser | |
Bexhöveder Straße und Wohlers Eichen, sie alle standen bis vor Kurzem vor | |
dem Aus. | |
Doch dann kamen Ausgleichszahlungen aus dem letzten Haushaltsjahr – und da | |
einige Einrichtungen auf ihre bereits bewilligten Gelder verzichten, können | |
nun wenigstens der Wilde Westen und das Mobile Atelier aufatmen. Das | |
Spielhaus Wohlers Eichen muss seine Jugendarbeit hingegen einschränken. | |
Die Linke sieht nun dringenden Handlungsdruck und fordert im | |
Jugendhilfeausschuss, die fehlenden Mittel auszugleichen. Es gehe ja nur um | |
40.000 Euro, damit die Arbeit vor Ort weitergeführt werden könne, sagt die | |
Fraktionsvorsitzende der Linken, Kristina Vogt: „Es stehen immer wieder | |
wichtige Projekte für Kinder und Jugendliche vor dem Aus“, bemängelt sie – | |
und das in einem der ärmsten Stadtteile. Das sei nicht hinnehmbar. | |
Insgesamt wird die offene Jugendarbeit nach einem festgelegten Schlüssel | |
verteilt. Derzeit nimmt die Stadt dafür rund 7,8 Millionen Euro in die | |
Hand. Bei der Verteilung wird auch die soziale Lage des jeweiligen | |
Stadtteils berücksichtigt und die Zahl der dort lebenden Jugendlichen. | |
Deshalb verfügt Gröpelingen mit über einer Million Euro über den größten | |
Etat. Es folgen Osterholz mit knapp 900.000 Euro, Huchting mit rund 700.000 | |
Euro und Blumenthal mit 630.000 Euro. | |
Das Geld sei knapp bemessen, räumt Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) | |
ein, dennoch kritisiert sie die Forderung der Linken: „Wir können nicht | |
Stadtteile mit zusätzlichen Mitteln dafür belohnen, dass sie mit ihrem Geld | |
nicht auskommen, weil sie zusätzliche Angebote bewilligen und im Gegenzug | |
andere wichtige Projekte fallenlassen.“ Das wäre nicht nur ein Verstoß | |
gegen sämtliche Vereinbarungen, sondern auch ungerecht gegenüber all jenen, | |
die ihr Budget mit großer Haushaltsdisziplin und unter erheblichen | |
Anstrengungen einhalten würden. | |
Auch Klaus Möhle, der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, will | |
keinen Stadtteil bevorzugen: „Wenn wir jetzt das fehlende Geld genehmigen, | |
dann jammern die anderen Stadtteile auch.“ Bremen müsse die fehlenden | |
Mittel anders zusammenkratzen. Doch dann räumt auch Möhle ein, dass mehr | |
Geld in die offene Jugendarbeit gesteckt werden müsse. Eine Forderung, der | |
sich auch die Grünen-Sprecherin für Soziales, Integration und Jugend, | |
Sahhanim Görgü-Philipp, anschließt. Die Einrichtungen in Gröpelingen | |
würden gute Arbeit machen. Die FDP hält die Projekte generell für | |
unterstützenswert, das Problem sei jedoch die Finanzierung. Die CDU äußerte | |
sich bis Redaktionsschluss nicht. | |
## Höhere Anträge als in den Vorjahren | |
Für die Verteilung der Mittel in jedem Stadtteil ist der | |
Controllingausschuss zuständig. Er wird von TrägerInnen der offenen | |
Jugendarbeit, die jeweiligen Beiräte und das Amt für Soziale Dienste | |
vertreten. Stahmann sagt, dass der Ausschuss in Gröpelingen seit 20 Jahren | |
mit demselben Budget arbeite und daher „neue Angebote nur im Rahmen einer | |
Umverteilung und zu Lasten bestehender Angebote finanziert werden können“. | |
Das sei korrekt, sagt auch SPD-Mann Möhle. „Aber gleichzeitig stiegen in | |
den letzten Jahren die Kosten für MitarbeiterInnen, Strom und Heizung.“ | |
Wie soll der Ausschuss also richtig wirtschaften, wenn es höhere Anträge | |
als in den Vorjahren gab und diese den Etat sprengten? „Der | |
Controllingausschuss hatte das Budget für 2018, mit Perspektive auf 2019, | |
genehmigt“, sagt Christiane Gartner, Geschäftsführerin von Kultur vor Ort. | |
Nun müssen Lösungen her: Da sich die Finanzierung der Jugendarbeit auf die | |
Zielgruppe der 12- bis unter 18-Jährigen konzentriert, drohen der Rote Hahn | |
und das Spielhaus Bexhöveder Straße auf der Strecke zu bleiben. | |
Der Mietvertrag im Atelierhaus läuft noch drei Monate. So lange werden die | |
Kinder hier nach der Schule zu Mittag essen und ihre Hausaufgaben machen. | |
Wenn jetzt nicht noch was passiert, ist dann damit Schluss. | |
8 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Stefan Simon | |
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