| # taz.de -- Deutsche Strategie und Welthandel: Auf dem Weg zu Großkonzernen | |
| > Mit der „Nationalen Industriestrategie 2030“ kapituliert | |
| > Wirtschaftsminister Altmaier vor China und den USA. Er beerdigt | |
| > ökologisches Wachstum. | |
| Bild: Auf dem Weg zum Welthandel: Minister Altmaier vor Verkündung seiner „I… | |
| Berlin taz | Was am 8. August 2016 geschah, geht Bundeswirtschaftsminister | |
| Peter Altmaier (CDU) offenbar bis heute nicht aus dem Kopf: Damals wurde | |
| bekannt, dass das [1][chinesische Unternehmen Midea das deutsche | |
| Robotik-Unternehmen Kuka übernommen] hat. Eine Perle des deutschen | |
| Mittelstandes, verkauft nach Fernost, und eine Bundesregierung, die | |
| machtlos zusehen musste. Als Altmaier am Dienstag vor die Presse trat, | |
| erinnerte er an den damaligen Fall, der ihn bis heute umtreibe. | |
| Auch deshalb stellte Altmaier seine „Nationale Industriestrategie 2030“ | |
| vor: Es geht darum, „den Wohlstand, den wir in 70 Jahren erarbeitet haben, | |
| zu erhalten und auszubauen“, so der Wirtschaftsminister. Das wiederum sei | |
| die Grundlage, um die Legitimation des demokratischen Systems zu sichern. | |
| Viel Tamtam für gerade mal 21 Seiten, auf denen Altmaier auflistet, was | |
| wirtschaftlich alles im Argen liegt. Im Kern formuliert er darin eine | |
| Kapitulation: das Ende der Idee eines fairen, offenen Welthandels. „Es gibt | |
| kaum ein erfolgreiches Land, das zur Bewältigung der Aufgaben | |
| ausschließlich und ausnahmslos auf die Kräfte des Marktes setzte“, schreibt | |
| Altmaier. Seine vorgeschlagenen Maßnahmen richten sich explizit gegen die | |
| USA und China. | |
| Washington schützt seine Industrien mit Zöllen, [2][China arbeitet nüchtern | |
| seine Agenda „Made in China 2025“] ab – und drängt aggressiv in | |
| Zukunftsfeldern wie Informationstechnik, Robotic, Raumfahrt oder | |
| Medizintechnik an die Weltspitze. Bei der künstlichen Intelligenz oder der | |
| Plattform Ökonomie – dem Geschäft mit Daten – drohe Europa den Anschluss … | |
| verlieren, ein großer Teil der Wertschöpfung traditioneller Industrien wie | |
| der Autobranche könne mit der Elektromobilität abwandern, heißt es in dem | |
| Papier. | |
| ## Mit Fusionen zu „Weltformat“ | |
| Altmaier steht mit der Analyse nicht alleine da – Diskussionen um Europas | |
| schwächelnde Industrien flammen in periodischen Abständen auf. Doch was dem | |
| Wirtschaftsminister vorschwebt, bedeutet eine Abkehr bisheriger Marktideen | |
| auch in Europa: Altmaier will durch Fusionen nationale und europäische | |
| Großkonzerne von Weltformat schmieden – wie derzeit diskutiert im | |
| Bahnbereich zwischen Siemens und der französischen Alstom oder durch einen | |
| von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) forcierten Zusammenschluss der | |
| Commerzbank mit der Deutschen Bank. | |
| Dazu fordert Altmaier eine Änderung des Wettbewerbsrechts. Ob ein | |
| nationales Monopol entsteht, soll zweitrangig sein, solange das neue | |
| Unternehmen mehr Wums auf dem Weltmarkt bekommt. Zur Not will Altmaier auch | |
| Unternehmen mit einem neu zu schaffenden Fonds vor Übernahmen aus dem | |
| Ausland schützen – das Kuka-Trauma soll sich nicht wiederholen. Explizit | |
| nennt er Automobilfirmen, Stahlkonzerne oder Großbanken – die sind für | |
| Altmaier immer dann deutsch, wenn sie hierzulande ihren Sitz oder Fabriken | |
| unterhalten und irgendwie ein „deutsches Image“ haben. Dass die | |
| Anteilseigner der DAX-Konzerne längst zu fast 50 Prozent im Ausland sitzen, | |
| ist für den Wirtschaftsminister explizit zweitrangig. | |
| Altmaier verabschiedet sich auch endgültig von der Idee, dass Klimaschutz | |
| und Umweltschutz Innovationen fördern und Unternehmen effizienter machen | |
| können: Beides kommt in seinem Papier nur als Kostenfaktor und Gefahr für | |
| die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie vor. Das Papier sei ein | |
| Aufschlag, an dessen Ende eine europäische Industriestrategie stehen | |
| könnte, sagte Altmaier. Mit einigen Staaten könnte das aber schwer sein: Da | |
| gebe es ja teilweise kaum noch Industrie, musste auch der Minister | |
| einräumen. | |
| 5 Feb 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/kuka-uebernahme-midea-ge… | |
| [2] /!5566676/ | |
| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
| ## TAGS | |
| Welthandel | |
| Peter Altmaier | |
| Wirtschaftsministerium | |
| USA | |
| China | |
| Alstom | |
| Peter Altmaier | |
| Konjunktur | |
| China | |
| Handelsstreit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Veto gegen Fusion Siemens-Alstom: „China ist keine Gefahr“ | |
| EU-Wettbewerbskommissarin Vestager begründet ihr Nein zum geplanten | |
| deutsch-französischen Champion mit dessen marktbeherrschender Stellung. | |
| Kommentar „Industriestrategie 2030“: Altmaiers verstörender Ansatz | |
| Wirtschaftsminister Peter Altmaier will „nationale Champions“. Das ist | |
| falsch – weil so ökologische Innovationen auf der Strecke bleiben. | |
| Kommentar Wachstumsprognose: Den Börsen nicht vertrauen | |
| Altmaiers Schätzung zum Wirtschaftswachstum ist vorsichtig. Zu Recht: | |
| Europa starrt auf den Brexit, dabei steht ein anderes Risiko vor der Tür. | |
| Kommentar Handelsstreit USA-China: Trump will gar keinen Frieden | |
| Der Streit zwischen den USA und China hatte nur eine kurze Pause. In | |
| Wahrheit ist der Handelskrieg schon wieder in vollem Gange. | |
| Ökonom über China im Handelskonflikt: „Trump setzt auf Eskalation“ | |
| Handelskriege kennen keine Gewinner, sagt Ökonom Zhang Jun. Die | |
| Volksrepublik sollte ihre Märkte öffnen und stärker mit Europa | |
| zusammenarbeiten. |