| # taz.de -- Norwegische Black-Metal-Szene der 90er: Fader Cocktail aus Satanism… | |
| > Der schwedische Regisseur Jonas Åkerlund verfilmt die Black-Metal-Saga | |
| > „Lords of Chaos“. An die Drastik der Buchvorlage kommt er nicht heran. | |
| Bild: Mythen, nordische Sagen, esoterische Theorien: Darauf bezog sich die Blac… | |
| Die norwegische Black-Metal-Szene der Neunziger ist berühmt-berüchtigt: | |
| Manche Bands kokettierten mit neoheidnischen und faschistischen Konzepten. | |
| Metaljünger brannten Kirchen nieder und brachten sich gegenseitig um. | |
| Gruppen und Projekte wie Mayhem, Darkthrone, Burzum und Emperor | |
| provozierten mit totalitären Ideen. | |
| Wichtigste Dokumentation dieser Freak-Szene ist das Buch „Lords of Chaos“ | |
| (1998) des US-Autors Michael Moynihan und des norwegischen Journalisten | |
| Didrik Søderlind. Ihre Oral History stellt Kristian „Varg“ Vikernes in den | |
| Mittelpunkt, Gründer des Projekts Burzum, bekennender Neonazi und | |
| verurteilter Mörder. Die Autoren legen dar, woraus diese Szene – die | |
| musikalisch die Avantgarde des Genres war – schöpfte. Und sie gehen den | |
| Mythen, nordischen Sagen und esoterischen Theorien auf den Grund, auf die | |
| die Musiker sich bezogen. Moynihan hat selbst für rechte Magazine | |
| geschrieben – das Buch ist also alles andere als „sauber“. | |
| Angesichts Jonas Åkerlunds Verfilmung von „Lords of Chaos“ muss man die | |
| Vorlage deshalb ausführlich vorstellen, weil der Film enttäuschend ist. Das | |
| Phänomen der Gewalt wird auf einen Szenestreit reduziert. Erzählt ist das | |
| Biopic aus Sicht von Øystein „Euronymous“ Aarseth (Rory Culkin), Gitarrist | |
| der Band von Mayhem und als Betreiber des „Helvete“-Plattenladens zunächst | |
| zentraler Akteur der Szene. Er wird von Varg Vikernes (Emory Cohen), mit | |
| dem er befreundet ist und dessen Projekt Burzum er auf seinem Label | |
| veröffentlicht, 1993 brutal ermordet – Vikernes kommt dafür ins Gefängnis. | |
| Die Clique um die beiden herum zeigt Regisseur Åkerlund im Proberaum, bei | |
| Konzerten und beim Abhängen. Dabei bleibt er oberflächlich, näher kommt | |
| Åkerlund, einst selbst Drummer der Black-Metal-Band Bathory, seinen Figuren | |
| nicht. Die beiden anderen zentralen Ereignisse der Szene – der Suizid des | |
| ersten Mayhem-Sängers Per Yngve Ohlin (alias Dead) und der brutale Mord an | |
| dem homosexuellen Magne Andreassen – kommen vor, Hintergründe interessieren | |
| aber nicht. | |
| Die Gewalttaten werden mit billigen Schockeffekten (Blitz, Donner, oho!) | |
| inszeniert, gewürzt wird alles mit Sexszenen. Die Musik spielt eine | |
| Nebenrolle, die Einspieler erlauben es nicht, sich als Zuschauer auf das | |
| Faszinierende von Black Metal einzulassen. Denn musikalisch war dieser | |
| Zirkel, der Einflüsse aus Ambient, Drone und Grindcore in den Metal | |
| brachte, hochspannend. | |
| Welche Männlichkeitsbilder verbargen sich hinter den grausamen Taten? Woher | |
| kommt dieser Amoralismus? Woher rührte die Faszination fürs Okkulte und | |
| Totalitäre? Welche biografischen Hintergründe haben die Jugendlichen? | |
| Dieser recht fade Cocktail aus Sex und Satanismus lässt all dies offen, | |
| beschränkt das Phänomen auf Problemen zwischen Jungs. Und trägt so ein | |
| weiteres Mal zur Mystifizierung bei. | |
| 20 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Uthoff | |
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