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# taz.de -- Saudische 18-Jährige in Kanada: „Ich fühle mich wie neugeboren�…
> Via Bangkok war Rahaf Mohammed nach Kanada gelangt. In einem TV-Interview
> berichtet sie über die Flucht und ihre Pläne für die Zukunft.
Bild: Will nicht mehr beim Namen al-Kunun genannt werden: Rahaf Mohammed im TV-…
Vancouver taz | Zwei Tage nach ihrer Ankunft in Toronto hat sich die aus
Angst vor ihrer Familie geflohene saudi-arabische Teenagerin Rahaf Mohammed
erstmals zu den Details ihrer Flucht, dem tiefen Zerwürfnis mit ihrer
Familie und ihren Zukunftsplänen in Kanada geäußert. „Ich fühle mich wie
neugeboren“, sagte die junge Frau in einem [1][Interview] mit dem
kanadischen Fernsehsender CBC.
In dem Gespräch, das in Kanada in den Hauptabendnachrichten ausgestrahlt
wurde, zeigte sich die 18-Jährige dankbar für die Hilfe der Kanadier und
zeichnete zugleich eine düsteres Bild von der Lage in ihrer alten Heimat
Saudi-Arabien. Viele Frauen würden dort wie Sklaven gehalten und
unterdrückt. „Ich war täglich Gewalt, Verfolgung, Unterdrückung und
Morddrohungen ausgesetzt“, berichtete sie.
Das autoritär-konservative Königreich steht seit Langem wegen seines
harschen Umgangs mit Frauen in der Kritik. Frauen stehen dort unter
[2][Vormundschaft ihrer männlichen Verwandten] oder ihres Mannes, die an
ihrer Stelle alle wichtige Entscheidungen fällen. Mohammed berichtete, sie
sei von ihrem Bruder, aber auch von ihrer Mutter regelmäßig geschlagen und
gezüchtigt worden, manchmal so sehr, dass Blut geflossen sei.
Einmal habe sie das Haus sechs lange Monate lang nicht verlassen dürfen,
nur weil sie sich die Haare geschnitten habe. „Mir war klar, dass ich in
Saudi-Arabien niemals meine Träume verwirklichen kann“, sagte sie in dem
Gespräch auf Arabisch und erzählte, sie habe ihre Flucht ins Ausland daher
schon länger geplant gehabt. Nach ihrem 18. Geburtstag habe sie diese
schließlich umgesetzt.
## Abschiedsbriefe vorbereitet
Die [3][Odyssee der Teenagerin] hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt.
Die junge Frau berichtete, sie habe sich am letzten Tag eines
Familienurlaubs in Kuwait um sieben Uhr morgens aus dem Hotel geschlichen,
um sich über Bangkok bis zu Freunden nach Australien durchzuschlagen. Das
Flugticket für die Reise habe sie sich heimlich besorgt, an einem Abend, an
dem ihre Familie früh zu Bett gegangen sei.
In Bangkok wurde sie dann allerdings gestoppt und die Behörden drohten, sie
nach Saudi-Arabien zurückzuschicken. Daraufhin hatte sie sich in einem
Hotelzimmer verbarrikadiert, über das soziale Netzwerk Twitter um Hilfe
gerufen und sich schnell eine weltweite Anhängerschaft aufgebaut. „Meine
größte Angst war es, dass sie mich finden und ich dann für immer
verschwinden würde.“
Um dem zuvorzukommen, hatte die junge Frau geplant, sich für den Fall der
Fälle noch im Hotelzimmer das Leben zu nehmen, wie sie in dem Interview
bestätigte. Sie hatte Abschiedsbriefe an Freundinnen in Australien
geschrieben mit der Bitte, diese dann zu veröffentlichen. Doch so weit kam
es nicht. Dank dem öffentlichen Druck wurde sie vom UN-Flüchtlingshilfswerk
als Eilfall anerkannt und schließlich von Kanada aufgenommen.
Seit ihrer [4][Einreise nach Kanada am Samstag] hat die Teenagerin nach
eigenen Angaben bereits Hunderte Drohungen und Morddrohungen aus der alten
Heimat erhalten, weil sie sich mit der Flucht dem traditionellen
Rollenverständnis für Frauen widersetzt hat. „Viele Menschen in
Saudi-Arabien hassen mich.“
## Der Vorbildfunktion bewusst
Mohammed wies ihre Kritiker in Saudi-Arabien zurecht, die behaupteten, sie
sage nicht die Wahrheit und die Lage in Saudi-Arabien sei gar nicht so
schlimm, wie sie diese schildere: „Warum sollte ich vor einem Leben
flüchten, wenn es angeblich so gut ist?“
Ihrer Vorbildfunktion für einige junge Frauen in Saudi-Arabien ist sich
Rahaf Mohammed bewusst. Sie kündigte an, aus der Freiheit heraus den
unterdrückten Frauen eine Stimme geben zu wollen. Zugleich hofft sie aber
auch darauf, dass diese vor Ort für Veränderungen kämpfen. Falls sich die
Verhältnisse in Saudi-Arabien trotzdem nicht verbesserten, könne sie auch
anderen Frauen nur zur Flucht raten.
In Kanada fühlt sich die junge Frau nach eigenen Worten wohl, geborgen und
angenommen, wenn auch die Angst noch nicht ganz gewichen sei. Welche Pläne
sie für die Zukunft habe? In den nächsten Wochen will Rahaf Mohammed ihr
Englisch aufbessern und sich an die Kälte gewöhnen. Später will sie
studieren und ihren Traumberuf erlernen: Ingenieurwissenschaften.
15 Jan 2019
## LINKS
[1] https://www.cbc.ca/news/canada/saudi-teen-fled-thailand-canada-1.4977664
[2] /Saudi-Araberin-in-Thailand/!5561075
[3] /18-Jaehrige-fluechtet-nach-Thailand/!5560969
[4] /Asyl-fuer-Saudi-Araberin-in-Kanada/!5564856
## AUTOREN
Jörg Michel
## TAGS
Kanada
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Rahaf Mohammed al-Kunun
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Rahaf Mohammed al-Kunun
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Gründen.
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