# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Heute wie vor neun Jahrtausenden | |
> In Rossella Biscotti filmte die Ausgrabungen der ältesten Stadt der Welt | |
> in der heutigen Türkei. Die taz sprach mit der Künstlerin. | |
Bild: Still aus Rossella Biscottis „The City“, 2018 | |
In Çatalhöyük, im heutigen Anatolien, stand vor mehr als 9.000 Jahren eines | |
der ältesten urbanen Zentren der Welt. Eine egalitäre, matrilineare | |
Gesellschaft lebte dort in wabenförmig angelegten Bauten zusammen. Seit | |
1993 wird die Siedlung von einer Forschungsgruppe um den | |
Sozialanthropologen Ian Hodder erforscht. | |
Rossella Biscotti verbrachte von 2014 bis 2016 einige Monate inmitten der | |
Ausgrabungen, filmte diese wie auch das Zusammenleben der Forscher*innen. | |
Einer Collage gleicht die Fünf-Kanal-Videoinstallation, die so entstand. | |
Die Bildschirme nehmen die Erzählung im Wechsel auf, sodass man sich hin- | |
und herlaufend immer tiefer hineinarbeitet. | |
Hinein in die Schichten der neolithischen Gesellschaft, in der sich | |
vermittelt durch das archäologische Team die Gegenwart spiegelt. Erst | |
recht, als mit dem Putschversuch im Sommer 2016 die aktuelle Politik | |
eindringt: Biscotti nimmt daraufhin die bürokratische Abwicklung der | |
Arbeiten auf. Die letzten Bilder zeigen eine verlassene Landschaft, | |
verlassen wie vor Jahrtausenden. | |
Einblick 757: Rossella Biscotti, Künstlerin | |
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? | |
Und warum? | |
Rossella Biscotti: Wenige Tage nach meiner Ankunft in Berlin fand die | |
Eröffnung des Festivals MaerzMusik in Kollaboration mit Savvy Contemporary | |
statt. Ich kannte Julius Eastman schon, hatte aber vorher nie die Chance | |
gehabt, eine seiner Kompositionen zu hören. Es war beeindruckend. | |
Savvys Programm mit Lectures, Performances, Konzerten und der Ausstellung | |
„We have deliver ourself from the tonal“ nahm die Arbeit des | |
afroamerikanischen Komponisten als Ausgangspunkt, um die Verlagerung von | |
Minimal Music in Richtung Atonalität, Polytonalität und Dissonanz zu | |
untersuchen. | |
Mittlerweile bin ich eine regelmäßige Besucherin der Ausstellungen und des | |
Programms von Savvy geworden und ich freue mich schon auf die nächste | |
Ausgabe von MaerzMusik. | |
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? | |
Ich habe einige Klubs besucht, kann aber keinen speziell empfehlen. | |
Normalerweise entscheide ich nach Programm. Und ich mag es, kleinere Räume | |
und obskure Klubs zufällig zu entdecken, wenn ich durch die Stadt laufe. | |
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit | |
durch den Alltag? | |
Gerade lese ich „Otared“ von Mohammad Rabie, einen Roman, den mir ein | |
Freund gegeben hat, auf meinem Kindle „The Golden Notebook“ von Doris | |
Lessing und in meinem Atelier „Chroma“ von Derek Jarman. Meine | |
Lieblingslektüre aus dem vergangenen Jahr ist definitiv die | |
Xenogenesis-Trilogy von Octavia E. Butler. | |
Was ist dein nächstes Projekt? | |
Ich arbeite an einem Projekt über die Repräsentation und Stilisierung von | |
Pflanzen in der Textilgeschichte, kombiniert mit einem sozialen und | |
ökonomischen Blick auf die ehemaligen niederländischen Kolonien und den | |
ausbeuterischen Markt für Pflanzen und Gemüse. | |
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
Freude? | |
Mein Kindle! | |
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer donnerstags in der Printausgabe der taz. | |
23 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Beate Scheder | |
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