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# taz.de -- Kommentar Urteil zum Heimunterricht: Abschottung gefährdet Kinder
> Eltern wollten ihre Kinder zuhause unterrichten. Das EGMR sah deren Wohl
> in Gefahr. Sein Urteil bekräftigt zurecht das hohe Gut der Interaktion.
Bild: Lernen kann man vieles alleine, Sozialkompetenz aber nicht
Darf der Staat Eltern die Kinder wegnehmen, wenn diese den Nachwuchs nicht
in die Schule schicken? [1][Darf er.] Die Verweigerung des Schulbesuchs
stellt eine Kindeswohlgefährdung dar, entschied der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte in Straßburg am Donnerstag in einem aktuellen Fall.
Selbst Geldstrafen hatte die Eltern aus einem Ort in Hessen nicht davon
abgehalten, ihre vier Kinder zu Hause selbst zu unterrichten. Um sich der
Schulpflicht in Deutschland zu entziehen, hat die Familie sogar zeitweise
im Ausland gelebt. Dummerweise wurden in dem Kinderheim, in dem die Kinder
vorübergehend untergebracht waren, keine Bildungsdefizite festgestellt,
ergo auch keine Kindeswohlgefährdung. Auch sonst schienen die Kinder einen
umsorgten Eindruck zu machen. Trotzdem ist es richtig, dass der Staat
intensiv prüft, was mit Kindern im privaten Umfeld passiert – selbst dann,
wenn es mitnichten um Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung geht.
Denn die eigentliche Frage, die dabei im Raum steht, ist: In welchem Geist
erziehen Eltern, die ein solch immenses Misstrauen gegenüber dem Staat und
dessen Bildungssystem hegen, ihre Kinder? Mit welchem Bewusstsein gegenüber
der Gesellschaft und dem Gemeinwohl wachsen diese Kinder auf? Lernen sie
Solidarität, lernen sie faire Auseinandersetzung in der Gruppe, lernen sie
zu teilen?
Selbstredend sollten Eltern ihren Kindern solche gesellschaftlichen
Tugenden grundsätzlich beibringen, dafür sind nicht die Schulen allein
verantwortlich. Die meisten Mütter und Väter tun das auch. Aber in der
Regel haben Kinder und Eltern dabei den dauerhaften Bezug zur Gesellschaft,
in der Kita, der Schule, im Sportverein, beim Geigenunterricht. Sozialer
Umgang miteinander ist wichtig, sowohl für die Kinder als auch [2][für das
Umfeld]. Denn daraus entsteht eine Interaktion, die Grundlage einer jeden
demokratischen Gesellschaft ist. Enthalten Eltern ihren Kindern diese
Interaktion vor, werden diese damit einer wichtigen sozialen Erfahrung
beraubt. Und das kann durchaus eine Kindeswohlgefährdung sein.
10 Jan 2019
## LINKS
[1] /Gericht-fuer-Menschenrechte-faellt-Urteil/!5564588
[2] /Kommentar-Waldorfschule-und-AfD/!5556591
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Kindeswohl
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Bildung
Gesellschaftliche Teilhabe
Familie
Schwerpunkt AfD in Berlin
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