# taz.de -- „Tatort“ aus Dortmund: Auf der Geisterbahn | |
> Jeder ist korrumpierbar? Kommissar Faber ist es im „Tatort“ aus Dortmund | |
> jedenfalls, wenn es um seine tote Familie geht. | |
Bild: Komissar Faber (Jörg Hartmann) wird seine Geister nicht los | |
„Ach, der Dortmunder Tatort!“, sagte neulich ein Kollege. Die seien doch | |
alle so [1][dermaßen eingeschnürt in ihren Rollen], die hätten doch keinen | |
Millimeter Platz, sich freizuspielen! Okay, da ist der noch recht frische | |
Kollege Jan Pawlak (Rick Okon) der, typisch Mann!, seine Kollegin Nora | |
Dalay (Aylin Tezel) – Frau, Migrantin! – immer wieder in den Schatten | |
stellen darf: tatsächlich recht grob geschnitzte Rollenklischees also. | |
Und trotzdem guckt man den Dortmundern gerne zu. Vor allem deshalb, weil | |
Jörg Hartmann seine Figur des bekennend lebensmüden Kommissars Faber | |
einfach nicht leid wird. Die Figur lebt, und deshalb leidet man auch immer | |
noch mit ihr an diesem vertrackten Langzeitfall, der sich wie ein roter | |
Faden durch die Dortmunder Episoden zieht. | |
Faber hat Frau und Kind vor Jahren bei einem Autounfall verloren. Der Mann, | |
von dem er glaubt, dass der den Unfall mit Absicht provoziert hat, ist auf | |
der Flucht: Markus Graf (Florian Bartholomäi), ein verurteilter | |
Serienmörder. In der letzten Folge gelang es Faber, seinen Widersacher in | |
Sicherungshaft wegzuperren – doch Graf entkam. | |
Und verfolgt ihn weiter, wenn auch in dieser Episode nur aus der Ferne, in | |
Form eines Fotos nämlich, das Klarissa Gallwitz (Bibiana Beglau), | |
Mitarbeiterin beim Verfassungsschutz, ihm auf den Bartresen knallt: „Ich | |
sage Ihnen, wo Graf ist. Sie halten sich aus meinem Fall raus.“ | |
Jeder ist korrumpierbar? Faber ist es, wenn es um seine tote Familie geht. | |
Auch sonst gibt es viel Zorn in dieser Folge. Eine Zeche macht dicht und | |
die Kumpel, die jahrelang eingefahren sind, sitzen jetzt tagsüber in einer | |
tristen Ruhrpottkneipe, halten sich am Pils fest und fühlen sich betrogen – | |
von den Zechebetreibern, die aus dem Bergwerk einen Vergnügungspark machen | |
und die Arbeiter allzu schnöde abspeisen wollen: mit 20.000 Euro „und einem | |
Job in der Geisterbahn“, so sagt es einer der Ex-Kumpel irgendwann | |
fassungslos zu Kommissarin Nora Dalay. | |
Geht der tote Bergmann Sobitsch, der den Protest gegen die Abfindungen | |
anführte, also auf das Konto von Klaus Radowski (Peter Kremer), der bei den | |
Kumpels unten durch ist, weil er sie vom Angebot des Ex-Arbeitgebers | |
überzeugen will? War es einfach Mord aus Eifersucht? Sobitsch hatte eine | |
Affäre mit der Frau eines Kollegen. Und warum interessiert sich überhaupt | |
der Verfassungsschutz für den toten Bergmann? | |
Faber könnte das vielleicht aufklären – wenn es sein anderer, sein ganz | |
persönlicher Fall, nur zuließe. | |
20 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Tatort-aus-Dortmund/!5538054 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
## TAGS | |
Tatort | |
Dortmund | |
Verfassungsschutz | |
Tatort | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Tatort | |
Medienrecht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Miniserie „Unbroken“: Die neuen Spielräume | |
Nach dem „Tatort“-Ausstieg ermittelt Aylin Tezel in „Unbroken“ als | |
ZDF-Kommissarin. Der Sechsteiler ist sehenswert, bleibt aber gehemmt und | |
brav. | |
„Tatort“ aus Dortmund: Ohne Banalitäten | |
Ein Tatort, der strukturellen Rassismus in der Polizei und | |
gesellschaftliche Reaktionen darauf thematisiert. Belehrend kommt er nicht | |
daher. | |
„Tatort“ aus Dortmund: Herumschleichen wie „Fünf Freunde“ | |
Eine Leiche wird in einer verlassenen Fabrik gefunden. Getötet, zerlegt, | |
verbrannt, mit 30 Frakturen. Und schon sind wir beim Thema: illegale | |
Kämpfe. | |
Rechtsverstöße beim Traditionskrimi: Tatort „Tatort“ | |
Realitätsnaher Sonntagskrimi? Na ja. Denn bei den „Tatort“-Ermittlungen | |
geht es nicht immer mit rechten Dingen zu, sagt eine neue Studie. |