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# taz.de -- Sechs Monate Grenzkontrollen in Bayern: Nicht effektiver als ohne
> Bayerns Innenminister Joachim Herrmann preist die neue Grenzpolizei.
> Grüne und SPD sprechen hingegen von „Etikettenschwindel“.
Bild: Grenzübergang Kirchdorf in Bayern
München taz | Vor einem halben Jahr war in Bayern eine eigene Grenzpolizei
gegründet worden, am Montag zog Innenminister Joachim Herrmann erste
Bilanz. Die neue Behörde sei ein voller Erfolg, sagte der CSU-Mann. „Unsere
bayerische Grenzpolizei sorgt für deutlich mehr Sicherheit.“ Davon
profitierten nicht nur die Bürger in Bayern, „sondern in ganz Deutschland“.
Die von seinem Ministerium vorgelegten Zahlen rechtfertigen so viel
Eigenlob allerdings nicht, die Statistik zeigt sich durchwachsen. So
verzeichnet Bayerns Grenzpolizei für das zweite Halbjahr 2018 insgesamt
12.524 sogenannte Aufgriffe, also untersuchte Fälle. Das aber sind kaum
mehr als im Vergleichsraum des Vorjahres, als diese Arbeit noch von
Schleierfahndern erledigt wurde. Da gab es 11.691 Aufgriffe.
Das eigentliche Ziel der Grenzpolizei war es, neu ankommende Flüchtlinge zu
fassen. Melden diese sich nicht und stellen einen Asylantrag, so gilt deren
Einreise als illegal. Die Zahl der unerlaubt eingereisten und gefassten
Flüchtlinge ist aber im Vergleich zum Vorjahr gesunken – von 777 auf 696.
Gleiches gilt für gefasste Schleuser: 50 waren es 2017, im Jahr 2018
hingegen 37.
Mehr gab es für die Beamten bei der Bekämpfung allgemeiner Kriminalität zu
tun. Bis Ende 2018 wurden 1.578 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz
festgestellt, 2.279 Verkehrsdelikte und 509 Fälle von illegalem
Waffenbesitz. Auch wurden 300 Menschen aufgegriffen, gegen die ein
Haftbefehl vorlag. Solche Fälle gelten als „Beifang“. Indes waren auch hier
die Zahlen im Vorjahr etwa gleich hoch.
Die bayerische Grenzpolizei war im Vorfeld der Landtagswahl neu gegründet
worden – es gab sie schon einmal bis 1998 –, als Ministerpräsident Markus
Söder (CSU) ein schärferes Profil bei der inneren Sicherheit und in der
Flüchtlingspolitik zeigen wollte. Zeitgleich entstand das neue bayerische
„Landesamt für Migration und Rückführungen“. Auch wurden die
„Anker“-Zentren errichtet, in denen alle neu ankommenden Flüchtlinge
zentral untergebracht sind.
Bayerns Grenzpolizei ist nach Ansicht der Landtags-Grünen
[1][verfassungswidrig]. Denn für Grenzkontrollen ist ausschließlich der
Bund und damit die Bundespolizei zuständig. Diese kontrolliert auch
weiterhin die drei großen Grenzübergänge bei Passau, Walserberg/Salzburg
sowie Kiefersfelden/Kufstein. Die Bayern bekommen manchmal den Auftrag,
sich um die vielen kleinen Grenzübergänge zu kümmern. Der Großteil ihrer
Aufgabe liegt aber in Kontrollen in grenznahen Bereichen bis zu 30
Kilometer ins Landesinnere hinein. Genau das hat zuvor die Schleierfahndung
gemacht. Und im vergangenen Jahr wurden aus den etwa 500 Schleierfahndern
500 Beamte der bayerischen Grenzpolizei. Jedes Jahr sollen nun 100 neu
hinzukommen bis 2023.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze hält das für einen
„offensichtlichen Etikettenschwindel“. „Jetzt hübscht man die magere Bil…
mit Zahlen der auch früher schon praktizierten Schleierfahndung auf.“ Sie
verlangt ganz die Auflösung der Grenzkontrollen, diese seien „sichtbare
Auswüchse einer europafeindlichen CSU-Politik“. Einen „Etikettenschwindel�…
kritisiert auch die Landtags-SPD. Deren Sprecher Stefan Schuster fordert,
Beamte für die Schleierfahndung und für „originäre Polizeiaufgaben in der
Stadt und auf dem Land einzusetzen“.
22 Jan 2019
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[1] /Rechtsgutachten-zu-Grenzkontrollen/!5541063
## AUTOREN
Patrick Guyton
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Grenzschutz
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