# taz.de -- Flensburger Tageblatt scheitert vor Gericht: Versetzung gefährdet | |
> Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag hat drei Journalisten gegen | |
> ihren Willen versetzt. Zu unrecht, urteilte das Arbeitsgericht. Der | |
> Verlag zeigt sich stur. | |
Bild: In Husum ist es hübsch: Das macht die Zwangsversetzung aber auch nicht b… | |
RENDSBURG taz | Der Fall der drei von Flensburg nach Husum, Schleswig und | |
Leck zwangsversetzten Journalisten sorgte für Aufsehen. Nun traf sich einer | |
der Journalisten mit seinem Arbeitgeber, dem Schleswig-Holsteinischen | |
Zeitungsverlag (SHZ), vor Gericht. Dicht drängten sich die ZuhörerInnen am | |
Donnerstag im Verhandlungsraum des Flensburger Arbeitsgerichts. So groß war | |
das Interesse, dass Richterin Carla Evers-Vosgerau sich um die Gesundheit | |
der Anwesenden sorgte: „Wenn jemand Schnappatmung kriegt, bitte Bescheid | |
geben!“ | |
Das Gericht gab dem Journalisten Recht. Er könnte nun eigentlich nach | |
Flensburg an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren, aber während des | |
Verfahrens sagte SHZ-Anwalt Christoph Backes, der Verlag „sieht keine | |
Perspektive“ für eine weitere Zusammenarbeit. Wie es weitergeht, ist | |
unklar. Die Verfahren der anderen beiden Journalisten folgen. | |
Die große Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit stört den Verlag offenbar. „Es | |
ist zu viel Porzellan zerschlagen worden“, sagte SHZ-Chefredakteur Stefan | |
Kläsener auf die Frage der Richterin, welche Perspektive es für den | |
klagenden Lokaljournalisten gebe. Denn die Versetzungen hatten zu | |
Diskussionen in der Stadt und zu einer Reihe von Medienberichten geführt. | |
Unter anderem hatten sich Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) | |
und der Grünen-Landtagsabgeordnete Rasmus Andresen kritisch über den Umgang | |
des Verlages mit seinen Beschäftigten geäußert. | |
## Schlechte Publicity | |
„Der Fall hat Wellen geschlagen, weil die Gründe für die Versetzungen aus | |
der Luft gegriffen waren“, sagte Andreas Bufalica, Anwalt des Journalisten. | |
„Und das wird jetzt meinem Mandanten zur Last gelegt.“ | |
Dabei hatte der Verlag selbst den Fall öffentlich gemacht: In einem knappen | |
Text informierte das Flensburger Tageblatt Anfang September darüber, dass | |
die drei Journalisten nun anderswo „redaktionelle Aufgaben“ übernehmen. Ein | |
Grund wurde nicht genannt, eher vage war von einem „Generationenwechsel“ | |
die Rede. | |
Bei der Verhandlung am Donnerstag erklärte Chefredakteur Kläsener, die | |
Redaktion in Flensburg solle „Pilotredaktion für die Digitalisierung“ | |
werden. Er habe mit der Versetzung den bisherigen Redaktionsleiter „aus dem | |
Feuer nehmen“ wollen. Der habe Fehler gemacht, unter anderem habe die | |
Redaktion nach einer Schießerei am Flensburger Bahnhof nicht adäquat | |
reagiert. | |
Der 55-jährige Journalist widersprach: Bei dem Vorfall am Bahnhof sei er | |
schnell vor Ort gewesen und habe Interviews für die Online-Ausgabe der | |
Zeitung geführt. „Es gab keine Anforderung, die ich nicht erfüllt hätte.“ | |
Da er in den vergangenen Jahren fünf hausinterne Preise gewonnen habe, | |
„wird meine Leistung nicht so schlecht sein“. | |
Er sei digital-affin, habe zahlreiche Follower in sozialen Netzwerken. An | |
seiner jetzigen Arbeitsstelle in der Lokalredaktion in Husum stiegen | |
aktuell die Zugriffe auf die Internet-Angebote des Verlages – in Flensburg | |
mit dem neuen Redaktionsteam hingegen sänken sie, fügte Bufalica hinzu. | |
„Mein Mandant möchte an seinen Arbeitsplatz zurück, er ist überzeugt, dass | |
er alle Anforderungen erfüllen kann.“ | |
Doch die Verlagsseite ließ keine Argumente gelten. Die Lage sei nun anders | |
als im Herbst, und „die Frage stellt sich: Ist das Vertrauen noch da?“, | |
fragte Kläsener. Anwalt Backes verwies auf den Tendenzschutz, dem eine | |
Zeitung unterliegt. Damit hat sie bei Personalentscheidungen mehr Spielraum | |
als andere Betriebe (siehe Kasten). | |
„Tendenzschutz ist kein Freifahrtschein für Willkür“, sagte Anwalt | |
Bufalica. Wenn der SHZ als Richtschnur die Digitalisierung wähle, müsse er | |
sich daran messen lassen. Das Gericht sah es ähnlich und hob die Versetzung | |
auf. | |
Beifall für diese Entscheidung kam vom Landesvorsitzenden des | |
Schleswig-Holsteinischen Journalistenverbandes, Arnold Petersen: „Der | |
Verlag hat selbstherrlich agiert. Es ist gut, dass das Gericht ihn in die | |
Schranken gewiesen hat.“ Der SHZ wäre klug beraten, nun in den weiteren | |
Verfahren eine gütliche Lösung anzustreben, so Petersen. Doch es sieht | |
nicht so aus, als sei der Verlag dazu bereit. | |
Die Autorin war früher selbst Lokalredakteurin beim SHZ und wurde 2004 im | |
Zuge einer größeren Umstrukturierung entlassen. Sie ist Mitglied des | |
DJV-Landesvorstandes. | |
17 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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