| # taz.de -- Kommentar Hartz-IV-Gesetze: Schafft endlich die Sanktionen ab! | |
| > Das Strafregime von Hartz IV ist in Paragrafen gegossene | |
| > Menschenverachtung. Der Staat müsste seinen BürgerInnen auf Augenhöhe | |
| > begegnen. | |
| Bild: Gegen Sanktionierung: Demonstration gegen Hartz IV vor dem Bundesverfassu… | |
| Der deutsche Staat hält arbeitslose Menschen für Drückeberger. Er behandelt | |
| sie wie notorische Faulpelze, die nur durch Androhung harter Strafen zum | |
| Arbeiten zu bewegen sind. Das Sanktionsregime der Hartz-IV-Gesetze, das | |
| seine Fans euphemistisch als „Fördern und Fordern“ beschreiben, ist | |
| Ausdruck eines misstrauischen Behördenapparats, der auf die BürgerInnen | |
| herabschaut. | |
| Diese in Paragrafen gegossene Menschenverachtung muss endlich abgeschafft | |
| werden. Man kann sich nur wünschen, dass das Verfassungsgericht, [1][das | |
| sich im Moment mit den Sanktionen beschäftigt], ein entsprechendes Signal | |
| sendet. | |
| Schon ihre verfassungsrechtliche Grundlage ist brüchig. Jobcenter kürzen | |
| Menschen, die nicht in ihrem Sinne kooperieren, das Existenzminimum. | |
| Wohlgemerkt, es geht um das Existenzminimum. Jenes sollte eigentlich nicht | |
| verhandelbar sein, denn es liefert gerade mal das, was für ein bescheidenes | |
| Leben unbedingt nötig ist. Von Sanktionen Betroffene leiden Hunger, ihnen | |
| wird der Strom abgestellt, manche verlieren ihre Wohnung. | |
| Hartz IV stützt sich im Kern auf schwarze Pädagogik. Ein solches | |
| Strafprinzip ist eines reichen Gemeinwesens unwürdig. Und es verkennt, dass | |
| die wenigen Arbeitslosen, die überhaupt gegen Auflagen verstoßen, oft | |
| persönliche Probleme haben. Sie weigern sich nicht, zu kooperieren – sie | |
| können es schlicht nicht. | |
| ## Perversion unserer kapitalistischen Leistungslogik | |
| Ein Sozialpolitiker der Grünen hat im Bundestag mal von einer depressiven | |
| Mutter erzählt, die Vorladungen des Berliner Jobcenters aus Angst | |
| ignorierte. Wem nutzt es, einer solchen Frau das Geld zu kürzen? Wie | |
| rechtfertigt man, dass Kürzungen auch die Kinder treffen? In dem | |
| Sanktionsprinzip drückt sich die Perversion unserer kapitalistischen | |
| Leistungslogik aus. Es ist okay, die ganz unten zu verachten, sie werden | |
| schon selbst an ihrem Unglück schuld sein. | |
| Die Sanktionen selbst wirken oft kontraproduktiv. In Berlin tauchten mit | |
| Strafen belegte junge Leute ab, meldeten sich nicht mehr beim Jobcenter und | |
| gingen vielleicht sogar lieber betteln. Auch volkswirtschaftlich gesehen | |
| hätte der Verzicht auf Sanktionen heilsame Effekte. | |
| Im Moment werden Leute in Niedriglohnjobs gezwungen, getreu dem Grundsatz: | |
| Jede Arbeit ist besser als keine. Ohne Sanktionen müssten Billigfirmen ihre | |
| Löhne erhöhen, um Arbeitskräfte zu finden. Daran, liebe SPD, müssten | |
| Parteien, die Altersarmut bekämpfen wollen, eigentlich ein Interesse haben. | |
| 15 Jan 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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