# taz.de -- Prozess gegen Bürgerrechtler in China: Kritik ist nicht erwünscht | |
> Seit drei Jahren sitzt der chinesische Anwalt Wang Quanzhang in Haft. Nun | |
> wird ihm unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gemacht. | |
Bild: Wang Quanzhang und seine Frau Li Wenzu mit ihrem Sohn | |
Am Mittwoch hat in einem Volksgericht der nordchinesischen Hafenstadt | |
Tianjin der Prozess gegen den Bürgerrechtler und Anwalt [1][Wang Quanzhang] | |
begonnen. Sicherheitskräfte hatten schon vor Beginn das Gerichtsgebäude | |
weiträumig abgeriegelt. Die Polizisten machten sehr klar deutlich: Niemand | |
ist erwünscht. Dabei ist der Prozess formell öffentlich. Als es einem | |
Unterstützer des Bürgerrechtlers doch gelang, sich dem Gericht zu nähern, | |
und er rief: „Wang Quangzhang ist ein guter Mensch“, stürmten zwei | |
Sicherheitskräfte in Zivil auf ihn zu und führten ihn in einem schwarzen | |
Wagen ab. | |
Wangs Frau, Li Wenzu, berichtet, als sie am Morgen ihre Wohnung verlassen | |
wollte, um sich auf den Weg nach Tianjin zu machen, waren ihr ebenfalls | |
sofort Sicherheitskräfte auf den Fersen. Sie hätten alle sechs Ausgänge | |
ihrer Wohnanlage blockiert. Sie habe schließlich aufgegeben müssen. | |
Wang war bis zu seiner Festnahme Anwalt und hat unter anderem | |
Bürgerrechtsaktivisten, Opfer von Landenteignungen und Anhänger der in | |
China verfolgten Falun-Gong-Sekte vertreten. Der 42-Jährige hat sich zudem | |
für mehr politische Freiheiten eingesetzt und immer wieder das Gebaren der | |
chinesischen Justiz kritisiert. | |
Im August 2015 wurde er im Zuge der sogenannten „709-Aktion“, [2][einer | |
großangelegten Verfolgungswelle], neben rund 300 weiteren Anwälten, | |
Kanzleimitarbeitern, Aktivisten und deren Angehörigen festgenommen. Vor | |
allem auf die inzwischen geschlossene Anwaltskanzlei Fengrui hatten es die | |
chinesischen Behörden abgesehen. Sie hat unter anderem den nun in Berlin | |
lebenden Künstler Ai Weiwei vertreten. Kanzleigründer Zhou Shifeng ist | |
wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ bereits zu sieben Jahren Haft | |
verurteilt. Die Verhaftungswelle hatte am 9. Juli 2015 begonnen, daher die | |
Bezeichnung „709“. | |
Die meisten der damals Verhafteten sind inzwischen zwar frei, viele von | |
ihnen aber waren nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty | |
International in Haft Misshandlungen ausgesetzt. Sie mussten zudem | |
Schuldeingeständnisse abgeben. Von Wang gab es als einzigem drei Jahre lang | |
nicht ein Lebenszeichen. Die Behörden verweigerten seiner Frau und seinen | |
Verteidigern jegliche Auskunft. Seine Frau befürchtete bereits, dass er gar | |
nicht mehr am Leben sei, und entschloss sich im April, eine | |
öffentlichkeitswirksame 12-tägige Wanderung zu Fuß von Peking nach Tianjin | |
zu machen, um auf das Schicksal ihres Mannes aufmerksam zu machen. | |
Im Juli dieses Jahres durfte ein Anwalt ihn schließlich in Haft in Tianjin | |
besuchen. Wangs Frau hat ihn aber immer noch nicht sehen dürfen. Vermutet | |
wird, dass Wang ein Schuldgeständnis verweigert hat. Die Erfahrung aus | |
früheren Verfahren zeige, dass Aktivisten zu sehr harten Strafen verurteilt | |
wurden, wenn sie sich weigerten, im Ausgleich für Milde ein Geständnis | |
abzulegen, befürchtet Doriane Lau von Amnesty. Inzwischen ist bekannt, dass | |
Wang „Untergrabung der Staatsgewalt“ vorgeworfen wird. Er soll zudem | |
Kontakte zum schwedischen Aktivisten Peter Dahlin gepflegt haben, mit dem | |
Ziel der „Ausbildung feindlicher Kräfte“. Für beides droht in China | |
lebenslange Haft. | |
Von westlichen Beobachtern wird vermutet, dass die chinesischen Behörden | |
den Prozessbeginn bewusst auf den zweiten Weihnachtsfeiertag gelegt haben. | |
Denn in diesen Tagen sind die meisten Diplomaten und auch Korrespondenten | |
auf Heimaturlaub. Daher sei mit weniger Aufmerksamkeit der westlichen Welt | |
zu rechnen. | |
27 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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