# taz.de -- Landesversammlung in Hessen: Grüne finden Koalitionsvertrag „gei… | |
> Klare Mehrheit, gute Stimmung, wenig Kritik. Die Grünen in Hessen stimmen | |
> der Koalition mit der CDU zu und sehen sich als Teil einer „GroKo“. | |
Bild: Allesamt bald Minister*in: Die Grünen-Landesvorsitzenden Kai Klose (l-r)… | |
HOFHEIM taz | Mit großer Mehrheit hat am Samstag eine Landesversammlung der | |
hessischen Grünen den Weg für die Fortsetzung der schwarz-grünen | |
Regierungskoalition in Wiesbaden freigemacht. Für den Koalitionsvertrag und | |
die Personalvorschläge des Landesvorstands stimmten 479 Mitglieder bei 28 | |
Neinstimmen und 19 Enthaltungen. | |
Zuvor hatte der Landesausschuss der hessischen CDU in Nidda den | |
Koalitionsvertrag einstimmig gebilligt. Am Sonntag werden Ministerpräsident | |
Volker Bouffier, CDU, und seine grünen Partnerinnen im Wiesbadener Landtag | |
[1][das Abkommen für die nächsten fünf Jahre] feierlich unterzeichen. | |
Dass von der grünen Basis in Hofheim kein nennenswerter Widerstand gegen | |
die Fortsetzung der schwarz-grünen Regierungskoalition geben würde, war von | |
Anfang an klar. Die rund sechshundert Mitglieder, die in die Stadthalle | |
gekommen waren, feierten zunächst [2][das grüne Rekordergebnis] bei der | |
Landtagswahl vom 28. Oktober. Mit ihren 19,8 Prozentpunkten geht die Partei | |
deutlich gestärkt in die nächste Legislaturperiode. | |
Sie wird künftig statt mit zwei mit vier MinisterInnen im Kabinett | |
vertreten sein. Mit großem Beifall bedachte die Versammlung die grüne | |
Verhandlungskommission, die den 200 Seiten starken Vertrag ausgehandelt | |
hatte. Selbst die wenigen KritikerInnen, die sich zu Wort gemeldet hatten, | |
sprachen sich mehrheitlich für die Fortsetzung der Koalition aus. | |
## Der „Hessenpass“ kommt | |
Tarek Al-Wazir, Spitzenkandidat im Wahlkampf und designierter Superminister | |
für Wirtschaft, Verkehr, Energie und Bauen, hatte die Versammlung | |
eingestimmt. „Es ist ein sehr, sehr grüner Koalitionsvertrag; auf den | |
können wir stolz sein,“ sagte er und bekam dafür viel Beifall. „Hessen wi… | |
nicht nur grüner und ökologischer, sondern auch sozialer“, sagte er. So | |
werde ein neu eingeführter „Hessenpass“ künftig Familien mit geringem | |
Einkommen den Zugang zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen erleichtern. | |
Die Koalition halte Kurs bei der Energie-, der Verkehrs- und Agrawende. | |
Nach dem Vorbild des Schülertickets werde ein Seniorenticket eingeführt; | |
für 365 Euro im Jahr werden dann die über 65jährige landesweit in ganz | |
Hessen Busse und Bahnen benutzen dürfen. Al-Wazir räumte ein, seine Partei | |
habe auch Zugeständnisse machen müssen: „Die Ausweitung der | |
Videoüberwachung haben wir nicht gewollt“, sagte er. | |
Dass jedoch künftig alle Flüchtlinge, gleich aus welchem Herkunftsland, von | |
Anfang mit Deutschkursen versorgt und möglichst schnell in die Kommunen | |
verteilt würden, sei ein großer Erfolg. „Wer straffällig wird, wer Gesetze | |
bricht, wird in Zweifel in eine Landeseinrichtung zurückmüssen“, bekannte | |
sich Al-Wazir zu den Zugeständnissen an die CDU. | |
## Groko heißt jetzt Schwarz-Grün | |
Deutliche Kritik gab es auf der Versammlung vor allem an den Formulierungen | |
des Koalitionsvertrags [3][zum umstrittenen Freihandelsabkommen CETA]. Die | |
künftige schwarz-grüne Landesregierung wird dem Abkommen zustimmen, wenn | |
Gerichte ihm die Vereinbarkeit mit deutschem und europäischen Recht | |
attestieren – so steht es im Vertrag. Mehrere RednerInnen beklagten, eine | |
grüne Landesversammlung hätte über diese Frage abstimmen müssen. Die Grünen | |
im Europaparlament hatten den Vertrag abgelehnt. | |
Kai Klose, der grüne Landesvorsitzende, verteidigte die Formulierung im | |
Vertrag. „Ja, das ist nicht unser Programm, sondern ein Kompromiss,“ sagte | |
er und verwies gleichzeitig auf die Aktivposten im Vertrag. Zum Beispiel | |
habe man der CDU abringen können, dass künftig Demonstrationen und | |
„Mahnwachen“ rund um die Beratungsstellen zu Schwangerschaftskonfliken | |
untersagt werden könnten. Auch in Hessen waren Frauen wiederholt von | |
selbsternannten „Lebensschützern“ vor Beratungsstellen mit Plakaten und | |
Sprüchen belästigt worden. Zudem werde man die Umwandlung von Miet- in | |
Eigentumswohnungen erschweren, eine alte Forderung der Grünen, die bislang | |
am Widerstand der CDU gescheitert war. | |
Superminister Al-Wazir wird dem Kabinett ebenso weiter angehören, wie | |
Umwelt- und Landwirtschaftsminsterin Priska Hinz. Mit dem designierten | |
Sozialminister Kai Klose und Angela Dorn, der künftigen Ministerin für | |
Wissenschaft und Kunst, rücken die beiden grünen Landesvorsitzendinnen in | |
die Regierung auf. Der CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Volker | |
Bouffier, will die Namen der sieben CDU-Ressortchefs erst im Neuen Jahr | |
bekannt geben. | |
Vielbejubelt brachte Marcus Schmitt aus dem gastgebenden Kreisverband | |
Main-Taunus die Stimmung in Hofheim auf den Punkt: „Der Koalitionsvertrag | |
vor fünf Jahren war nicht ganz so geil; dieser ist viel geiler. Er ist | |
tausenmal besser als irgendeine weitere Groko,“ rief er in den Saal. Von | |
dort schallte es zurück: „Wir sind doch jetzt die Groko.“ Das sorgte | |
endgültig für Heiterkeit. Schließlich hatten die Grünen bei der | |
Landtagswahl die SPD in Hessen vom Platz der zweistärksten politischen | |
Kraft verdrängt. Groko, das heißt für Hessen künftig Schwarz-Grün. | |
22 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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