| # taz.de -- Gewalt gegen Notfallhelfer: Wenn Retter*innen Panik haben | |
| > In Hannover haben viele Rettungswagen einen Panikknopf. Grund sind | |
| > häufigere Angriffe auf Sanitäter*innen. Feuerwehr fordert mehr Respekt. | |
| Bild: Schnell weg: Sanitäter*innen geraten immer wieder in brenzlige Situation… | |
| Hannover taz | In allen Rettungswagen der Feuerwehr Hannover gibt es jetzt | |
| einen Panikknopf. Der Sinn: Wenn Sanitäter*innen in einem Einsatz | |
| körperlich angegriffen werden, können sie sich ins Innere des Wagens | |
| retten, auf den Knopf drücken und damit automatisch alle Türen verriegeln. | |
| Einen Notruf bei der Polizei setzt der Knopf nicht ab. Die Retter*innen | |
| haben aber ein Funkgerät oder Handy an Bord. Auch die drei Rettungswagen | |
| der Johanniter in Hannover seien mittlerweile mit solchen Panikknöpfen | |
| ausgestattet, berichtet die Hannoversche Allgemeine Zeitung. | |
| Die Feuerwehr begründet die Umrüstung ihrer Fahrzeuge damit, dass immer | |
| häufiger Rettungskräfte angegriffen würden – von den Menschen, die sie | |
| medizinisch versorgen wollten, von Angehörigen und Gaffer*innen. „Wir | |
| bringen mittlerweile zwei bis drei Vorfälle im Monat zur Anzeige“, sagt | |
| Michael Hintz, der Pressesprecher der Feuerwehr Hannover. „Gewalttätige | |
| Vorfälle nehmen zu.“ | |
| So erlebt es auch der niedersächsische Landesverband des Deutschen Roten | |
| Kreuzes (DRK). „Beleidigungen, Drohungen, Hass und Gewalt haben in den | |
| letzten fünf Jahren deutlich zugenommen“, heißt es in einer | |
| Pressemitteilung. Der Verband führte unter seinen Kreisverbänden auch eine | |
| Umfrage zum Thema durch, an der 238 haupt- und ehrenamtliche | |
| Mitarbeiter*innen teilnahmen. | |
| 32,5 Prozent von ihnen wurden ein- bis zweimal pro Jahr Opfer von | |
| „Gewaltanwendungen“. 31,7 Prozent drei- bis fünfmal und die übrigen sogar | |
| mehr als fünfmal. Es ist allerdings möglich, dass eben jene | |
| Mitarbeiter*innen an der freiwilligen Umfrage teilgenommen haben, die | |
| bereits Gewalterfahrungen gemacht haben und aus diesem Grund für das Thema | |
| sensibilisiert sind. | |
| ## Gewalt immer noch selten | |
| „Aggressives Verhalten äußert sich auch in zerstochenen Reifen von | |
| Rettungsmitteln oder dem Lösen von Radmuttern“, schreibt das DRK. Zudem | |
| müssten die Sanitäter*innen sich damit nicht nur in vermeintlichen | |
| Problemzonen wie dem Hauptbahnhof oder bestimmten Stadtteilen | |
| auseinandersetzen, sondern auch bei Familienfesten, Partys oder wenn sie in | |
| Fällen von häuslicher Gewalt zu Hilfe gerufen würden. | |
| Auch eine Studie der Ruhr Universität Bochum aus dem Januar 2018 beschreibt | |
| das Negativphänomen. Demnach wurden 92 Prozent der befragten | |
| nordrhein-westfälischen Rettungskräfte wie Notärzt*innen, | |
| Notfallsanitäter*innen und Rettungsassistent*innen im Jahr 2017 im Dienst | |
| angepöbelt; 26 Prozent wurden Opfer körperlicher Übergriffe. | |
| Die Wissenschaftler weisen [1][in ihrem Abschlussbericht] jedoch darauf | |
| hin, dass bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden | |
| müsse, dass die Rettungskräfte pro Jahr mehrere Hundert Einsätze | |
| absolvierten. „Damit sind gewalttätige Übergriffe nach wie vor ein eher | |
| seltenes Ereignis.“ Zudem waren Feuerwehrleute im Brandeinsatz in deutlich | |
| weniger Fällen körperlicher Gewalt und Beleidigungen ausgesetzt. | |
| Für Niedersachsen liefert die Kriminalstatistik genauere Zahlen darüber, | |
| wie oft Mitglieder von Rettungsdiensten Opfer geworden sind. Erfasst werden | |
| hierbei Straftaten gegen das Leben, gegen die sexuelle Selbstbestimmung und | |
| Körperverletzungen, nicht aber Beleidigungen. | |
| Im Jahr 2014 wurden der Polizei 129, im Jahr 2015 schon 167 und 2016 dann | |
| 171 Fälle bekannt. Auch für das Jahr 2017 gibt es eine Steigerung auf 215 | |
| Fälle. Da es aber Veränderungen in der Erhebung gegeben hat, ist die Zahl | |
| nur eingeschränkt vergleichbar. Dennoch ist ein Anstieg erkennbar. | |
| ## Fernbedienungen gibt es eh | |
| Das Deutsche Rote Kreuz in der Region Hannover hat nur einen von drei | |
| Rettungswagen mit einem Notfallknopf ausgestattet. „Jeder Mitarbeiter und | |
| jede Mitarbeiterin trägt sowieso eine Fernbedienung am Gürtel, mit der man | |
| den Rettungswagen verriegeln kann“, sagt Pressesprecherin Kerstin Hiller | |
| vom Landesverband. | |
| „Wir sehen keine Notwendigkeit das noch nachzurüsten“, sagt auch Nadine | |
| Hunkert vom DRK in der Region. „Es ist nur eines von vielen Elementen, um | |
| unsere Mitarbeiter zu schützen.“ Das DRK lege den Fokus auf Deeskalation | |
| und schule Einsatzkräfte in Gewaltprävention und Eigensicherung. | |
| Das mache auch die Feuerwehr Hannover, sagt Pressesprecher Hintz. Wenn sich | |
| die Situation trotz einer deeskalativen Kommunikation der Retter*innen | |
| weiter aufschaukele, sei der Rettungswagen ein sicherer Rückzugsraum. Die | |
| Panikknöpfe seien trotz der Fernbedienungen für die Zentralverriegelung, | |
| die es auch bei der Feuerwehr gebe, nicht überflüssig, meint Hintz. Im | |
| Notfall sei der Knopf praktischer, weil man nur draufhauen müsse. | |
| Darüber spekulieren, woher es kommt, dass Rettungskräfte häufiger | |
| angegriffen werden, möchte der Feuerwehrsprecher nicht. Aber er fordert | |
| einen respektvolleren Umgang mit seinen Leuten. „Wir helfen Menschen in | |
| Notlagen und verstehen nicht, warum wir dafür keinen Respekt bekommen.“ | |
| 7 Jan 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2018-01-26-abschlussbe… | |
| ## AUTOREN | |
| Andrea Maestro | |
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