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# taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Reisetipps fürs Herz der Finsternis
> Gewicht spare ich beim Kulturbeutel: Zahnpasta und Shampoo in
> Portionsgrößen. Und schließlich ist da noch mein
> Stressvermeidungstäschchen.
Bild: Die Kokosnuss lässt der Autor immer öffnen
Langjährige LeserInnen beklagen gelegentlich das Fehlen praktischer
Lebenshilfe an dieser Stelle. Deshalb ab sofort dahingeplauderte
Reise-Ratschläge aus dem Nähkästchen. Zu Beginn: Nützliches bei
Tropenreisen.
Ich bin, und Sie müssen jetzt ganz tapfer sein, liebe
Funktionsklamotten-Provider, oberbekleidungstechnisch in den Tropen nur mit
Leinenhemden unterwegs. Die Kolonialisten hatten nicht in allem unrecht:
Sie wussten wohl, dass in heißen Gegenden nichts besser kühlt und weniger
Geruch aufnimmt als der alte Knitterstoff.
Waschen allerdings lassen sie sich schlecht. Ohne Bügeleisen erinnern sie
hinterher an die Gesichter besagter Kolonialisten, wenn sie nachts zuvor
beim Gin wieder einmal ihr Schicksal im Herzen der Finsternis beweint
hatten: wie der Faltenwurf eines zusammengeknüllten Plisseerocks nach zwei
Wochen Wäschebeutel. Ich leiste mir deshalb den Luxus, für jeden Reisetag
ein Hemd einzupacken.
Gewicht spare ich beim Kulturbeutel: Zahnpasta und Shampoo in
Portionsgrößen. Rasiercreme in fast ausgedrückten Tuben. Dazu
Minirasierpinsel, wie man sie nur noch in Bürstengeschäften in den obskuren
Hinterhöfen kleiner spanischer Städte findet. Das genügt. Manchmal sehe ich
im Geist eine Reinigungsfrau im Hotel vor mir, wie sie mitleidig mein
kleines Necessaire betrachtet und überlegt, mir 2, 3 Euro von ihrem
Trinkgeld zu spendieren für ein paar Spritzer Aftershave.
Schuhe? Zwei Paar. Leichteste, braune Halbschuhe. „No brown after six“,
diktierten zwar die Kolonialisten von einst ebenfalls. Aber ich komme
selten in die Verlegenheit, bei ihnen zum Dinner aufzulaufen. Dazu diese
seit 25 Jahren unverwüstlichen Sandalen aus Hartgummi. Hut? Den faltbaren
mit der breiten Krempe gibt es nur in Australien. Nachteil?
Arachnophobische Mitreisende brechen regelmäßig in Panik aus: Vorn ziert
ihn das Logo einer Spinne.
Und schließlich ist da noch mein Stressvermeidungstäschchen. Es enthält:
Schweizer Taschenmesser, Mini-Taschenlampe, Ersatzlesebrille,
Stahlseilsäge, USB-Stick, Pfefferminz. Gebraucht habe ich außer dem
Korkenzieher nie etwas davon. Aber hätte ich es nicht dabei, passierte
Folgendes: Ich würde meine Lesebrille im Zug verlieren, auf dem Weg zum
Guesthouse-Klo stockdunkle Treppen hinunterdonnern, hätte kein
Speichermedium, wenn mir jemand hochbrisantes Enthüllungsmaterial
überspielen wollte, und würde am Ende an einem Bakterium in meinem Mund
leiden, sodass sich alle Gesprächspartner abwendeten. Aber so weit kommt es
nie – meinem Täschchen sei Dank.
So weit für heute. Demnächst folgen: Suspensorienwahl für arktische
Regionen. Reise-Essbesteck oder nicht? Das Für und Wider des Taschenkamms
im Regenwald.
13 Jan 2019
## AUTOREN
Franz Lerchenmüller
## TAGS
Tropen
Gepäck
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