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# taz.de -- Favorit der Vierschanzentournee: Der große Überflieger
> Bei der Vierschanzentournee gibt es derzeit nur einen großen Favoriten:
> den Japaner Ryoyu Kobayashi. Der 22-Jährige ist ein Meister des
> Absprungs.
Bild: Ryoyu Kobayashi beim Trainingssprung in Oberstdorf
Andreas Wellinger war tief beeindruckt. Beim Springen in Kuusamo war der
23-Jährige Zweiter geworden. Mehr war nicht drin. „Unser kleiner Japaner
ist geflogen wie ein Blatt Papier“, sagte der Olympiasieger aus
Deutschland. Voller Bewunderung sprach er von Ryoyu Kobayashi. 22 Punkte
Vorsprung hatte der Japaner, 6 Meter war er weiter geflogen als Andreas
Wellinger. Der 1,73 Meter große Japaner ist die Überraschung in diesem
Winter, der große Überflieger. Nach 4 Siegen in 7 Wettbewerben gilt der
22-Jährige als der große Favorit auf den Gesamtsieg bei der
Vierschanzentournee.
Im Vorfeld der traditionsreichen Skisprung-Veranstaltung gibt sich
Kobayashi relativ gelassen. „Ich spüre keinen Druck, dass ich jetzt als
Favorit in die Tournee gehe“, berichtet er. Dann kommt, was alle
Weitenjäger immer sagen: „Ich möchte einfach meine besten Sprünge zeigen.�…
Japans Cheftrainer Hideharu Miyahira macht sich allerdings schon seine
Gedanken, ob der junge Athlet der großen Erwartungshaltung gerecht werden
kann, die sich jetzt auch im Land der aufgehenden Sonne ausbreitet. Seit 21
Jahren, seit Kazuyoshi Funaki, wartet Japan auf den zweiten Tourneesieg.
Was ist es, das Ryoyu Kobayashi momentan so weit fliegen lässt? „Er hat
eine ganz tolle Absprungtechnik“, erklärt Bundestrainer Werner Schuster,
„der hat den Ski unfassbar schnell am Körper.“ Richard Freitag sagt
bewundernd: „Ryoyu hat oben keine Ecke drin, er macht keinen Zappler –
nichts. Er ist extrem auf Speed oben, dann funktioniert es einfach.“
Die Geschwindigkeit ist auch für Norwegens Cheftrainer Alexander Stöckl der
Schlüssel zum Erfolg: „Er überbrückt unglaublich schnell die erste
Flugphase – schneller als alle anderen.“ Der ehemalige Tourneesieger Sven
Hannawald hat das Phänomen Kobayashi als Eurosport-Experte kürzlich so
beschrieben: „Er ist einerseits unheimlich aggressiv, auf der anderen Seite
ist bei ihm alles aus einem Guss. Das eine geht ins andere über. Deshalb
sieht es bei ihm so unheimlich leicht aus.“
## Konzentrierte Stille im Sprungturm
Erst vor zwei Jahren gab es auch so einen jungen Springer, der vor der
Vierschanzentournee einige Springen gewonnen hatte und als großer
Tourneefavorit gehandelt wurde: Domen Prevc. Doch der damals 19-jährige
Slowene zerbrach an dieser Last. Dabei gibt es durchaus Parallelen zwischen
Prevc und Kobayashi. Beide haben drei Geschwister, je zwei Brüder und eine
Schwester. Sie alle springen Ski. Wie Domen Prevc seinen Bruder Peter in
der Mannschaft hat, gehört Junshiro Kobayashi, 27, zum japanischen Team.
Die ersten Lektionen gab’s in den Familien jeweils vom Vater. Während der
eine eine Möbelfabrik leitet, ist der andere Sport- und Skilehrer aus
Hachimantai in der Präfektur Iwate.
In den zwei Wochen Pause zwischen den Springen in Engelberg und dem
Tourneeauftakt am Samstag in Oberstdorf ist Ryoyu Kobayashi noch einmal
nach Hause geflogen, um sich in Ruhe vorzubereiten. Der Trubel um ihn wird
während der Tournee noch groß genug werden. Doch der junge Mann scheint in
sich sehr gefestigt zu sein. Wenn die Springer oben im Anlaufturm auf ihren
Auftritt warten, herrscht zwar konzentrierte Stille, trotzdem wird immer ab
und zu geredet. Oder gescherzt. „Kobayashi ist zwar einer von der ruhigeren
Sorte, wie die meisten Japaner, die aber dann mal gut lachen können“,
beschreibt ihn Severin Freund.
Nach dem Sprung, wenn das System Kobayashi wieder einmal gut funktioniert
hat, dann zeigt er Emotionen. Er ballt die Fäuste, legt seine Hände vor die
Brille, wackelt mit dem Oberkörper hin und her, zeigt ein strahlendes
Lachen. Ryoyu Kobayashi würde auch während der Tournee so aus sich
herausgehen.
29 Dec 2018
## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
## TAGS
Skispringen
Vierschanzentournee
Ryoyu Kobayashi
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Vierschanzentournee
Severin Freund
Lesestück Meinung und Analyse
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