# taz.de -- Getötete Menschenrechtler in Guatemala: „Eine Welle des Terrors�… | |
> 23 Morde an Aktivisten wurden in Guatemala in diesem Jahr schon verübt. | |
> Menschenrechtler machen den Präsidenten verantwortlich. | |
Bild: An einem Ministerium in Guatemala-Stadt: Plakate klagen Gerechtigkeit fü… | |
GUATEMALA-STADT taz | Eine Antwort auf seine Briefe mit der Bitte um ein | |
Treffen mit Präsident Jimmy Morales hat Augusto Jordán Rodas nie erhalten. | |
Der Ombudsmann für Menschenrechte für die Regierung von Jimmy Morales macht | |
schlicht seinen Job. Dazu gehört, auf die alarmierende Zunahme von Morden, | |
Angriffen und Kampagnen gegen Aktivisten hinzuweisen. | |
23 Morde hat die renommierte Menschenrechtsorganisation Udefegua seit | |
Jahresanfang bis zum 6. Dezember 2018 registriert. „Wir sehen uns einer | |
Welle des Terrors gegenüber und der Präsident ist mitverantwortlich dafür“, | |
kritisiert Rodas. | |
Der Anwalt aus Quetzaltenango, der zweitgrößten Stadt Guatemalas, ist seit | |
August 2017 Ombudsmann für Menschenrechte und er nimmt seinen Job ernst. | |
Öffentlich hat er Morales kritisiert, dass er in seinen „Reden Hass säe“. | |
Bestes Beispiel ist eine Rede vom 2. Mai 2018, als er die Repräsentanten | |
der indigenen Bauernorganisation Codeca öffentlich als „Feinde“ seiner | |
Regierung bezeichnete. Wenige Tage später begann der Terror gegen die | |
Bauernorganisation, die zwischen dem 9. Mai und dem 4. Juni 2018 die | |
Ermordung von sieben Führungsmitgliedern zu beklagen hatte. Angesichts der | |
Tatsache, dass Codeca an den Präsidentschaftswahlen im kommenden Juni | |
teilnehmen will, hat das Signalcharakter, kritisiert Rodas. | |
## Die Polizei wurde umgekrempelt | |
„In Guatemala herrscht ein Klima der Einschüchterung gegen alle | |
Organisationen, die sich für die Stärkung der Justiz, für die | |
Menschenrechte und gegen die Korruption stellen. Auch vor dem Büro unserer | |
Organisation lungern immer wieder dubiose Gestalten herum“, berichtet | |
[1][Claudia Samayoa], Direktorin von [2][Udefegua]. Die Organisation | |
begleitet soziale und politische Aktivisten bei Prozessen, | |
Koordinationstreffen und öffentlichen Aktionen, um sie zu schützen, | |
registriert aber landesweit auch sämtliche Drohungen, Angriffe und | |
Attentate und überprüft sie. | |
Auf diese Daten beziehen sich internationale Organisationen genauso wie | |
guatemaltekische Institutionen – so das Justizministerium oder die Polizei. | |
Letztere wurde mit der Amtsübernahme des neuen Innenministers Enrique | |
Degenhard im März des Jahres massiv umgekrempelt. | |
Zahlreiche international geschulte Fachleute wurden ausgemustert, obwohl | |
die Ermittlungsresultate positiv waren, kritisierte Helen Mack, Gründerin | |
und Analystin der [3][Stiftung Myrna Mack]. Das habe dafür gesorgt, dass | |
effektiver Schutz durch die staatlichen Institutionen nicht mehr | |
gewährleistet sei. Mack befürchtet eine Militarisierung des | |
Polizeiapparats. | |
Die Myrna-Mack-Stiftung ist genauso wie Udefegua durch ein Gesetz bedroht, | |
dass den Freiraum von Nichtregierungsorganisationen beschneiden will und im | |
Parlament auf die dritte Lesung wartet. Der Gesetzentwurf ist eine von | |
zahlreichen Initiativen der Regierung Morales, hinter der ein Netzwerk von | |
korrupten Politikern, Militärs und Unternehmern steht, der sogenannte „Pakt | |
der Korrupten“. | |
## „Demontage des Rechtsstaates“ | |
Der hat, so Claudia Samayoa, zahlreiche Institutionen des Staates | |
übernommen und setzt auf die repressive Karte. „Das macht sich nicht nur in | |
der Kriminalisierung von sozialem Widerstand bemerkbar, sondern auch in der | |
Zahl von Attacken auf Menschenrechtsaktivisten. „Wir sind Zeugen der | |
Demontage des Rechtsstaats durch die Regierung Morales“, sagt Samayoa. | |
Ein Verfassungsgerichtsurteil, welches die Regierung anwies, der | |
[4][Einreise von Iván Velásquez], dem Vorsitzenden der UN-Kommission gegen | |
die Straflosigkeit (CICIG), nicht weiter im Wege zu stehen, hat die | |
Regierung schlicht ignoriert. Konsequenzen hatte das bisher nicht, und | |
genau das sorgt für Verunsicherung, so Ombudsmann Roda. | |
Er hat sich mehrfach öffentlich für eine starke Justiz und die Fortführung | |
der Arbeit der CICIG ausgesprochen und sich damit Feinde im Land gemacht. | |
Doch an seiner kritischen Haltung hat sich nichts geändert. „Es gehört zu | |
meinen Aufgaben, auf Defizite bei der Verteidigung der Menschenrechte | |
aufmerksam zu machen – in den Schulen genauso wie in der Judikative und | |
Exekutive.“ | |
Gleichzeitig hofft er auf Initiativen der Generalstaatsanwaltschaft, die | |
sich angesichts der Welle des Terrors bisher sehr zurückgehalten hat. Das | |
könnte, so Claudia Samayoa, auch daran liegen, dass die neue | |
Generalstaatsanwältin, María Consuelo Porras, sich nicht gegen den „Pakt | |
der Korrupten“ stellen will. Für die Täter ist das ein Signal. | |
15 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Menschenrechtsaktivistin-aus-Guatemala/!5226710 | |
[2] http://udefegua.org/ | |
[3] http://www.myrnamack.org.gt/ | |
[4] /Proteste-gegen-Guatemalas-Praesidenten/!5537386 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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