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# taz.de -- Österreichs Schulen engagieren Externe: Fundis lehren Sex
> Ein ultrakonservativer Verein übernahm Sexualkunde an Schulen in
> Österreich – mit mittelalterlichen Ansichten. Nun wird der Verein
> überprüft.
Bild: Nicht im Unterricht mit TeenSTAR zu finden: Verhütungsmittel wie das Kon…
Homosexualität ist Schicksal, aber therapierbar. Masturbation ist
schädlich, weil sie den „Liebestank“ leert. „Geschlechtliche Vereinigung…
gehört in die Ehe. Das sind die Botschaften, die der Verein TeenSTAR im
Sexualkundeunterricht an Österreichs Schulen vermittelt.
Nachdem die Salzburger Nachrichten und der Falter bereits im Sommer die
Methoden und Inhalte des konservativen Vereins [1][thematisiert hatten],
zog das Bildungsministerium jetzt die Reißleine. Bis Dezember soll geprüft
werden, ob und inwieweit die Angebote von TeenSTAR dem Lehrplan, konkret
dem Grundsatzerlass zu Sexualpädagogik, widersprechen. „Eine Fortführung
der Aktivitäten wird in der derzeitigen Form (z.B. Homosexualität als
Schicksal) nicht möglich sein“, so das Ministerium am Mittwoch zur Austria
Presse Agentur.
Der 2015 überarbeitete Grundsatzerlass Sexualpädagogik sieht für den
Unterricht vor, dass in der Sexualpädagogik „wissenschaftlich gestützte,
realistische und nicht verurteilende Informationen weitergeben werden“.
Sexualpädagogik solle sich „am Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter
sowie der Vielfalt der Lebensformen (z.B. sexuelle Orientierung,
Geschlechteridentitäten) orientieren“ und „an internationalen
Menschenrechten ausgerichtet“ sein. Für die [2][Homosexuelleninitiative
(HOSI)] stehen die Inhalte der TeenSTAR-Unterlagen dazu in direktem
Widerspruch.
Der international tätige und vernetzte Verein TeenSTAR propagiere ein
„christlich-fundamentalistisches ultrakonservatives Weltbild“, so Paul
Haller, Geschäftsführer der HOSI Salzburg zum ORF. „Die Ansicht, dass
Homosexualität eine Identitätsstörung sei, die geheilt werden könne, war
schon in den 1990er Jahren veraltet“.
Die Informationen über Interna des Vereins wurden der HOSI von einer
Pädagogin zugespielt, die die Ausbildung mitgemacht hat. Ihre Darstellung
vermittelt den Eindruck einer Sekte. Angehende Sexualberater werden
geschult, „wie sie Kontakt zu Lehrern und Mittelschulen knüpfen, wie sie
Werbung für ihre Aufklärungskurse machen, wie sie einen Elternabend
organisieren und wie sie schließlich ihre Seminare vor Teenagern abhalten“,
[3][so der Falter].
## „Mangelhafte“ Qualitätsüberprüfungen
Dabei werde darauf geachtet, dass die Ausbildungsprinzipien nicht
offengelegt werden. Die Kurspapiere, so die Informantin, „dürfen nicht
weitergegeben werden“, auf „irgendein elektronisches Medium übertragen“ …
nur im Beisein von TeenSTAR-Verantwortlichen eingesehen werden. Nach außen
dürfen nur die „offiziellen Teenstar-Werbematerialien“ verwendet werden.
All das müsse so sein, um „Missverständnissen vorzubeugen“.
Da wird ziemlich unmissverständlich empfohlen, massiv in die Intimsphäre
der Schülerinnen und Schüler einzugreifen. Die Mitarbeiter sollen diese in
Einzelgesprächen ausfragen und ihnen einschärfen, dass man heiraten solle,
wenn man Sex haben will. Als Verhütungsmittel empfiehlt TeenSTAR das Zählen
der Tage nach der Menstruation.
Lehrerinnen und Lehrer drücken sich gerne um den Sexualkundeunterricht, der
als Querschnittsmaterie fächerübergreifend stattfinden sollte. Seit einigen
Jahren ziehen es viele Schulen vor, externe Experten zu beschäftigen. So
kommen auch fundamentalistische Gruppen mit zweifelhafter fachlicher
Qualifikation zum Zug. TeenSTAR ist schon seit rund zehn Jahren an
Österreichs Schulen tätig. In einer Stellungnahme gegenüber der APA will
die Geschäftsführung die Dinge zurechtrücken: Die im Falter zitierten
Schulungsunterlagen seien „gerade im Hinblick auf die Thematik der
Homosexualität veraltet und seit Monaten in Überarbeitung“.
Martin Netzer, Generalsekretär im Bildungsministerium, gab in der Zeit im
Bild zu, dass „die Qualitätsüberprüfungen mangelhaft“ gewesen seien. Man
wolle in Zukunft die Schulen besser dabei unterstützen, entsprechende
Überprüfungen von externen Anbietern vorzunehmen. Wenn sich TeenSTAR an die
Prinzipien des Grundsatzerlasses halte, sei aber auch nicht ausgeschlossen,
dass der Fundi-Verein wieder in die Schulen gelassen werde.
22 Nov 2018
## LINKS
[1] https://www.sn.at/panorama/oesterreich/wer-klaert-unsere-jugend-auf-29811436
[2] http://www.hosi.or.at/
[3] https://www.falter.at/archiv/wp/die-teenstar-leaks
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Sexualaufklärung
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