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# taz.de -- „Lebensschützer“ gegen Berliner Bistum: Im Visier der Fundamen…
> „Lebensschützer“ werfen dem Erzbistum Berlin vor, Jugendlichen Tipps für
> Abtreibungen zu geben. Mit einer Petition gehen sie gegen die Diözese
> vor.
Bild: DemonstrantInnen während eines Schweigemarsches gegen Abtreibung in Berl…
Berlin taz | Mehr als 8.000 E-Mails sind beim Berliner Erzbischof Heiner
Koch innerhalb eines halben Jahres eingegangen, alle mit dem gleichen
Inhalt: Über die offizielle Internetpräsenz des Bistums werde
minderjährigen Schwangeren zur Abtreibung geraten, heißt es. Jede dieser
Mails wird automatisch an den Bischof weitergeleitet, wenn die Petition
„Das Erzbistum Berlin soll endlich aufhören, Jugendlichen Abtreibungstipps
zu geben!“ auf der Plattform Patriot.Petition.org eine weitere
Unterschrift erhält.
Nach der katholischen Lehre sind Abtreibungen nur dann legitim, wenn das
Leben der Mutter in Gefahr ist, ansonsten nicht einmal nach einer
Vergewaltigung. Doch trotz dieser konservativen Haltung zu
Schwangerschaftsabbrüchen werden Katholik*innen nun angefeindet – von
selbsternannten „Lebensschützer*innen“.
Was das Missfallen der Abtreibungsgegner*innen erregt, liegt bereits zwei
Jahre zurück: Im Februar 2016 hatte das Katholische Netzwerk Kinderschutz
im Erzbistum Berlin, das sich als Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal
2010 gegründet hat, die wichtigsten kirchlichen Dienste und Einrichtungen
zu einer Fachtagung eingeladen. Ein Workshop befasste sich mit der Frage,
ab wann es normal sei, Sex zu haben. Das PDF-Dokument zu dem Workshop ist,
ebenso wie das sonstige Material zur Fachtagung, seitdem online abrufbar.
Die Praxistipps, die den Pädagog*innen in dem Workshop an die Hand gegeben
wurden, werden in der Petition gegen das Bistum nun zu „Abtreibungstipps“.
Denn an einer Stelle geht es um die 15-jährige Milena, die ungewollt
schwanger ist und nicht weiß, wie es weitergehen soll. In dem Beispiel
heißt es: „Auch Mädchen unter 18 Jahren haben grundsätzlich die
Möglichkeit, eine ungewollte Schwangerschaft in den ersten zwölf Wochen
straffrei abbrechen zu können. […] Wenn Milena sich für einen
Schwangerschaftsabbruch entscheidet, hat sie das Recht auf umfassende
Beratung, angemessene ärztliche Versorgung und respektvolle Behandlung.“
Damit jedoch gebe das Erzbistum Berlin 15-jährigen Schwangeren Tipps, „wie
sie ihr Kind töten können“, meint Patriot.Petition.org.
## Sonst „verlieren wir die Jugendlichen sofort“
Rebekka Schuppert ist Bildungsreferentin für Sexualpädagogik und Prävention
am Bistum – und damit eine der Pädagog*innen, die auf der Grundlage der
sexualpädagogischen Konzepte des Bistums arbeiten. Sie betreut Projekttage,
die in den 8. Klassen von Berliner Schulen stattfinden, spricht mit den
Mädchen und Jungen über alle Aspekte von Sexualität.
Und sie stellt klar: „Anders, als es in der Petition vorgeworfen wird, ist
das Erzbistum Berlin nicht für Abtreibung, sondern für den Schutz des
Lebens.“ Die 27-Jährige beschreibt das Dilemma: „Wir bewegen uns in einem
ständigen Spannungsfeld zwischen der Lebensrealität von Jugendlichen und
dem Glauben, aus dem sich eine Moral ergibt.“ Derzufolge sind auch Sex vor
der Ehe und Verhütung verboten. „Aber es bringt nichts, der Welt gegenüber
blind zu sein“, sagt Schuppert. Sonst „verlieren wir die Jugendlichen
sofort.“ Im Dialog mit Jugendlichen würde ein von christlichen Glauben
geprägter Standpunkt bezogen.
Zu den „Lebensschützer*innen“ sagt Schuppert: „Die sind nicht an einer
Debatte interessiert, die wollen nur verurteilen und diskreditieren.“ Sie
hofft, dass die Praxistipps auf der Homepage stehen bleiben können.
Vorsorglich wurde das Dokument um einen Satz ergänzt: „Egal in welchem
Alter: Niemand darf ein Mädchen zwingen oder unter Druck setzen, eine
Schwangerschaft abzubrechen.“ Sicher ist sicher.
10 May 2018
## AUTOREN
Hanna Voß
## TAGS
Erzbistum
Schwerpunkt Abtreibung
Lebensschützer
Petition
Sexualaufklärung
katholisch
Schwerpunkt Paragraf 219a
Schwerpunkt Abtreibung
Katholiken
Schwerpunkt Paragraf 219a
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